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Dienstunfähigkeit aus sonstigen gesundheitlichen Gründen, meist psychische Probleme


Besonders schwierig und für alle Beteiligten kritisch sind die Fälle, in denen die Dienstunfähigkeit des Beamten bzw. der Beamtin auf Verhaltensauffälligkeiten oder vielleicht sogar nur auf eine vermeintlich unerklärliche "Leistungsschwäche" zurückgeführt wird.
Man vermutet dann (bisweilen viel zu schnell) psychische Probleme - und nicht immer gehen die Dienstherren mit einer solchen Vermutung sachgerecht und rücksichtsvoll um.

Die Problematik gab es schon immer:
Die Beamtengesetze sprachen bis zum Jahr 2009 von einer "Schwäche der geistigen Kräfte" als denkbarem Grund für eine Dienstunfähigkeit. Heute sind die Beamtengesetze weniger altmodisch formuliert: die Rede ist jetzt von "sonstigen gesundheitlichen Gründen".
Wahrscheinlich meint man das gleiche wie früher, aber ein sehr deutlicher und klar umgrenzter Rechtsbegriff ist das nicht gerade.

Auch künftig wird sich also Streit darüber ergeben, ob und wann eine Dienstfähigkeit angenommen werden kann, die nicht auf körperlichen Leiden beruht. Es ereignen sich bisweilen extreme Zuspitzungen, wenn zum Beispiel die stationäre Untersuchung durch einen Psychiater angeordnet wird. Aber davor steht oft ein monate- oder gar jahrelanger Leidensweg - und das oft in einer für die Betroffenen ohnehin sehr belastenden Lebenssituation, in der es nicht unbedingt hilfreich ist, wenn nun auch noch die Sorge um den Verlust des Arbeitsplatzes hinzutritt.

Dennoch: Letztlich wird man davon auszugehen haben, dass eine Dienstunfähigkeit schon gegeben sein kann, wenn (Verhaltens-) Auffälligkeiten zwar nicht echten Krankheitswert, aber doch eine gewisse Schwere und Bedeutung haben.
Aber rechtsstaatliche Grundsätze erfordern es, dass entsprechende Handlungen und Geschehnisse konkret bezeichnet und unter Beweis gestellt werden, und zwar schon im Zusammenhang mit der Aufforderung, ein Beamter solle sich amtsärztlich untersuchen lassen.
Der Beamte / die Beamtin muss darüber informiert werden, was ihm / ihr konkret vorgehalten werden soll.
Anders geht es nicht.

Die psychische Beeinträchtigung muss nicht unbedingt Krankheitswert haben.

Dies entspricht gefestigter Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts.
Hierzu eine Entscheidung des VGH Baden-Württemberg vom 03.02.05: Eine echte psychiatrische Erkrankung ist nicht Voraussetzung für die Annahme der Dienstunfähigkeit, wenn es zu erheblichen Auffälligkeiten kommt.

Eine amtsärztliche Untersuchung kann angeordnet werden, wenn es  um Verhaltensauffälligkeiten geht.
Hierzu eine Entscheidung des VG Bremen vom 04.11.03.
In dieser Entscheidung geht es letztlich auch um die Abgrenzung zwischen Leistungsschwäche (Dienstunfähigkeit) und u. U. disziplinarrechtlich relevanter Arbeitsverweigerung / Faulheit.

Die Lebenswirklichkeit ist vielfältig. Bisweilen wird voreilig eine Leistungsschwäche behauptet, man will den Beamten zum Arzt schicken und denkt nicht daran, ihn zu fördern, ihn anders einzusetzen, Mobbing zu unterbinden ...
Auch zwischenmenschliche Probleme können möglicherweise gelöst werden, indem ein Einsatz in einer anderern Dienststelle erworgen wird. Nicht immer ist es sinnvoll, die Ursachen für mangelnde Kommunikation nur bei einer Person zu suchen und ihr psychische Probleme vorschnell "anzuhängen".

Schwierig wird es, wenn die äußeren Umstände tatsächlich für massive Probleme sprechen, dem Beamten aber die  Krankheitseinsicht fehlt. Ist die Beamtin psychisch krank oder wird sie gemobbt, spinnt man eine Intrige?
Damit hatte sich das OVG Münster zu befassen.

Dies alles sind nur einzelne Beispiele und vordergründige Erwägungen, aber mehr lässt sich auf einer Internetseite kaum leisten, weil jeder Einzelfall zu betrachten ist.

Anordnung, sich begutachten zu lassen?

Bitte beachten Sie als Betroffene(r), dass die Anordnung, sich dem Amts- oder Personalarzt vorzustellen, nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bestimmte Voraussetzungen erfüllen muss.
Insbesondere ist dem / der Betroffenen plausibel und detailliert mitzuteilen, welche Annahmen oder "Feststellungen" der Anordnung zugrunde liegen, was sich konkret ereignet haben soll, welche Behauptungen im Raume stehen.

Aus der Rechtsprechung dazu ein Hinweis auf folgendes Beispiel, wobei uns die Entscheidung nicht überzeugt:

Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 05.12.13, 1 Bs 310/13:

"Der Dienstherr hat in der Aufforderung einer psychiatrischen Untersuchung (amtsärztliche Untersuchung) eines Beamten anzugeben, ob neben einer Anamnese und einem psychiatrischen Gespräch auch Testungen erfolgen sollen; welche Testungen im Einzelnen durchgeführt werden sollen, braucht er nicht mitzuteilen."

Probleme als Folgen eines Dienstunfalles?

Fühlen Sie sich beeinträchtigt und kommt in Betracht, dass Ihre psychischen Probleme durch traumatisierende, während des Dienstes erlebte Ereignisse verursacht sein können, dann denken Sie bitte daran, dass eine Posttraumatische Belastungsstörung eine Dienstunfallfolge sein kann und dass es unter Umständen sehr wichtig ist, dieser Frage sachgerecht nachzugehen und fristgerecht eine Dienstunfallanzeige zu erstatten.

Abgrenzung zum Disziplinarrecht

Letztlich muss der wirklich auffällige Beamte, sofern er denn als gesund gilt und gelten will, mit der Einleitung eines Disziplinarverfahrens rechnen, wenn er seine Amtspflichten verletzt.




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