Disziplinarrecht: Trunkenheitsfahrt eines Beamten
Die Trunkenheit am Steuer (oder auch am Lenker eines Fahrrads oder eines Elektrorollers) kann immerhin eine strafbare Handlung darstellen und damit auch ein Dienstvergehen.
Die Bewertung solcher Handlungen durch die Disziplinargerichte wandelte sich im Lauf der Zeit.
Auch sind regionale Unterschiede zu verzeichnen.
Bei Beamten auf Widerruf oder auf Probe können sich aus solchem Verhalten auch Zweifel an der charakterlichen Eignung ergeben.
Die hier vorgestellte Entscheidung ist schon relativ alt, erscheint aber noch vertretbar.
Erkennbar wird nicht zuletzt auch, wie viele Aspekte in die Bemessung der Disziplinarmaßnahme einfließen, etwa Fragen der Schuldfähigkeit und der Bedeutung der bereits erfolgten strafgerichtlichen Ahndung für das Disziplinarrecht.
Urteil des Oberverwaltungsgerichts NRW, 6D A 2044 /01.0 vom 28.02.03
Der Landesdisziplinarsenat ändert das Urteil der Vorinstanz und stellt das Disziplinarverfahren im Hinblick auf eine vom Strafgericht verhängte Geldstrafe ein.
Der Beamte: seit 1977 Polizeibeamter in Nordrhein-Westfalen, seit 1987 Beamter auf Lebenszeit.
1991 zum Polizeikommissar und im Januar 1996 zum POK ernannt.
Ab April 1996 Fachlehrer in der Ausbildung.
Seit August 1999 als Schwerbehinderter anerkannt.
Disziplinarrechtlich nicht vorbelastet.
Das Amtsgerichts Dortmund verurteilt ihn wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr und Bestechung zu einer Gesamtgeldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 80,00 DM.
In dem Strafurteil heißt es:
"In der Nacht auf den 21.06.97 unternahm der Angeklagte einen Zug durch Gaststätten. Dabei nahm er eine erhebliche Menge an alkoholischen Getränken zu sich.
Gegen 07:45 Uhr fiel er beim Verlassen einer Gaststätte einem Passanten auf, als er schwankend seinen Pkw bestieg und davonfuhr. Der Passant alarmierte die Polizei.
An einer Ampel setzten sich zwei uniformierte Polizeibeamte mit ihrem Funkstreifenwagen neben den Pkw des Angeklagten und schritten zur Personalienfeststellung. Unter den Papieren des Angeklagten entdeckten sie dessen Polizeidienstausweis. Ein Alkoholtest ergab einen Wert von 2,81 Promille. Der Angeklagte tat sehr überrascht und fragte die Beamten in Kenntnis der Tatsache, dass sie ihn als Kollegen erkannt hatten, ob man nicht die weiteren Maßnahmen abwenden könne. Hier drückte sich der Angeklagte etwa wie folgt aus: "Kann man da nichts regeln? Ich würde auch gerne fünf Kisten Bier bezahlen." Dieses Angebot lehnten die Polizeibeamten ab und ordneten eine Blutprobe an.
Im Zeitpunkt der Fahrt hat eine Blutalkoholkonzentration von 2,33 Promille vorgelegen. Der Angeklagte war sich seiner alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit bereits zum Antritt seiner Fahrt bewusst. Es ist nicht auszuschließen, dass der Angeklagte infolge des Alkohols in seiner Fähigkeit, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, erheblich vermindert war (§ 21 StGB)."
Die Disziplinarkammer, also das Gericht erster Instanz, hat die Bezüge des Beamten wegen Dienstvergehens um 5 v. H. auf die Dauer von 18 Monaten gekürzt.
Bei Auswahl und Bemessung der Disziplinarmaßnahme sei zu berücksichtigen, dass der Beamte kriminelles Unrecht begangen habe. Die aktive Bestechung habe einen besonders hohen Ansehensverlust des Beamten und der Beamtenschaft insgesamt zur Folge. Wegen des disziplinaren Gewichts der Bestechung sei eine Gehaltskürzung unumgänglich. Dies gelte unabhängig davon, dass der Beamte seit langen Jahren im Polizeidienst stehe, gute Beurteilungen erhalten und die Pflichtverletzung letztlich eingeräumt habe. § 14 Abs. 1 DO NRW stehe der Gehaltskürzung nicht entgegen, weil eine zusätzliche Pflichtenmahnung erforderlich sei. Der Beamte habe sich nämlich in einem hohen Maße uneinsichtig gezeigt. Obwohl er die strafrechtliche Verurteilung hingenommen habe, stehe er nicht zu der Bestechung als der schwerer wiegenden Verfehlung. Er ziehe sich jetzt auf die Behauptung zurück, er könne sich nicht mehr an Einzelheiten erinnern. Dies könne ihm jedoch nicht abgenommen werden, ....
Der Beamte hat gegen das Urteil Berufung eingelegt und trägt vor:
Die Disziplinarkammer habe übersehen, dass im Strafurteil die starke Alkoholisierung als Schuldmilderungsgrund anerkannt worden sei. Bei einer Alkoholkonzentration von mehr als 2,2 Promille sei die Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert. Das Verfahren sei nach § 14 Abs. 1 Satz 1 DO NRW einzustellen, weil keine zusätzliche Pflichtenmahnung erforderlich sei. Die Erklärung, die er in der erstinstanzlichen Hauptverhandlung abgegeben habe, zeuge durchaus von Unrechtseinsicht, und zwar unabhängig davon, dass er sich nicht an Einzelheiten erinnern könne. Entscheidend sei, dass er den Vorwurf nicht bestreite und das Fehlverhalten bedauere.
Die Berufung des Beamten hat Erfolg.
Die tatsächlichen Feststellungen im Strafurteil sind wegen der Bindungswirkung nach § 18 Abs. 1 DO NRW für das Disziplinarverfahren nicht zweifelhaft. Soweit es eine verminderte Schuldfähigkeit betrifft (§ 21 StGB), die im Strafurteil im Zweifel zugunsten des Beamten bejaht, im erstinstanzlichen Urteil aber verneint worden ist, geht es nicht um die Bindung an tatsächliche Feststellungen im Sinne von § 18 Abs. 1 Satz 1 DO. Feststellungen zur verminderten Schuldfähigkeit sind nicht für die Schuldfähigkeit als solche, sondern nur für das Strafmaß von Bedeutung, was auch darin seinen Niederschlag findet, dass Feststellungen zur verminderten Schuldfähigkeit in einem Strafurteil für Disziplinargerichte nicht bindend sind. (vgl. OVG NRW, Urteil vom 02.10.02 - 6d A 859/01.0)
Der Senat teilt die Auffassung, dass als angemessene Reaktion auf das Fehlverhalten des Beamten eine Gehaltskürzung in Betracht kommt. Dem Vertreter der obersten Dienstbehörde ist zwar darin zu folgen, dass der Versuch eines Beamten, mit seinem Fall befasste Amtsträger zu bestechen, je nach den Umständen des Einzelfalles auch eine Degradierung oder die Höchstmaßnahme nach sich ziehen kann. Nach den Umständen des vorliegenden Falles ist jedoch allein die Gehaltskürzung angebracht. Zu diesen Umständen gehört zunächst, dass der Beamte das Vorhaben nicht mit Nachdruck verfolgt und ein Bestechungsmittel - fünf Kisten Bier aufgeboten hat, das kaum zum Erfolg führen konnte. Anhaltspunkte dafür, dass der Beamte seine dienstliche Stellung ins Spiel gebracht und versucht hat, daraus zusätzliche Vorteile zu gewinnen, bestehen nicht. Entgegen der Auffassung der Disziplinarkammer ist die starke alkoholische Beeinflussung des Beamten als Milderungsgrund bei der Maßnahmenwahl anzuerkennen.
Der Senat unterstellt zugunsten des Beamten, dass seine Schuldfähigkeit erheblich vermindert war (§ 21 StGB). Betrachtet man das Erscheinungsbild des Beamten und sein Verhalten bis zur Entlassung durch die Polizei, fallen Umstände auf, die auf eine Minderung der Steuerungsfähigkeit hinweisen. Ausweislich der Feststellung des Arztes, der die Blutprobe entnommen hat, wirkte der Beamte auf ihn stark alkoholisiert und benommen. ....
Der demnach anzuerkennende Maßnahmemilderungsgrund rechtfertigt es nicht, von einer Gehaltskürzung abzusehen. Von der Trunkenheitsfahrt ging eine hohe Gefährdung für andere Verkehrsteilnehmer aus. Die Bestechung war ebenfalls keine Bagatelle. Der Beamte hat insbesondere in seiner Eigenschaft als Ausbilder und Vorgesetzter auch unter Berücksichtigung seiner eingeschränkten Schuldfähigkeit gravierend versagt.
Der Gehaltskürzung steht jedoch das Maßnahmeverbot in § 14 Abs. 1 DO NRW entgegen. Neben der bereits wegen desselben Sachverhalts verhängten Geldstrafe ist die in Betracht kommende Gehaltskürzung nicht erforderlich, um den Beamten zur Erfüllung seiner Pflichten anzuhalten.
Unter dem Gesichtspunkt des Gebots einer Pflichtenmahnung ist die Verhängung einer zusätzlichen Disziplinarmaßnahme nur ausnahmsweise zulässig, wenn die Verfehlung zu der konkreten Befürchtung Anlass gibt, der Beamte werde trotz der bereits gegen ihn verhängten straf- oder ordnungsrechtlichen Sanktion auch in Zukunft gegen seine Beamtenpflichten verstoßen. Bei der hierfür anzustellenden Prognose sind sein bisheriger Werdegang, die in seiner Person, seiner dienstlichen Tätigkeit und der ihm zur Last gelegten Tat liegenden Umstände maßgeblich zu berücksichtigen. Denn nur aufgrund einer derartigen Beurteilung sind hinreichend verlässliche Schlüsse auf sein zukünftiges Verhalten möglich. Ferner ist von Bedeutung, ob der Beamte bereits einschlägig auffällig geworden ist und sich z.B. schon früher gegenüber Strafen, Ordnungs- oder Disziplinarmaßnahmen als uneinsichtig erwiesen hat. Die Prüfung der Notwendigkeit einer zusätzlichen Pflichtenmahnung muss darüber hinaus das bisherige Verhalten des Beamten in seiner Gesamtheit erfassen, weil Aufgabe und Ziel disziplinarer Maßnahmen nicht nur ist, künftig einschlägige Handlungen, insbesondere Straftaten zu verhindern, sondern ganz allgemein den Beamten zu pflichtgemäßen Verhalten zu veranlassen. Nur wenn auch insoweit die Gewähr durch die strafrechtliche Sanktion gegeben erscheint, ist eine Disziplinarmaßnahme nicht mehr "erforderlich" im Sinne des § 14 DO NRW.
(Vgl. zu § 14 BDO BVerwG, Urteil vom 20.02.01 - 1 D 7.00 -, BVerwGE 114, 50.)
Der Senat hält es im vorliegenden Fall nicht für notwendig, eine Pflichtenmahnung auszusprechen. Die Prognose ist für den Beamten insgesamt günstig. Das Fehlverhalten liegt annähernd sechs Jahre zurück. Der Beamte ist kein Alkoholiker. Es handelt sich um ein einmaliges Versagen, das nach den nicht widerlegten Angaben des Beamten durch einen familiären Konflikt ausgelöst worden ist. Die konkrete Befürchtung, der Beamte werde trotz der gegen ihn verhängten strafrechtlichen Sanktion auch in Zukunft gegen seine Beamtenpflichten verstoßen, lässt sich nicht damit begründen, dass er, wie das Verwaltungsgericht meint, Erinnerungslücken vorschiebt und die notwendige Auseinandersetzung mit dem angeschuldigten Fehlverhalten vermissen lässt. Der Senat hält es für denkbar, dass sich der Beamte wegen des genossenen Alkohols und der verstrichenen Zeit nicht mehr im Einzelnen an das Geschehen erinnert. Der Beamte hat in der Hauptverhandlung vor dem Senat bekräftigt, dass er den Vorwurf nicht bestreite und den Vorfall sehr bedauere. Damit unterscheidet sich der vorliegende Fall wesentlich von den Beispielsfällen in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, in denen die Notwendigkeit einer Pflichtenmahnung mit der mangelnden Einsichtsfähigkeit des Beamten begründet worden ist.
Der Landesdisziplinarsenat ändert das Urteil der Vorinstanz und stellt das Disziplinarverfahren im Hinblick auf eine vom Strafgericht verhängte Geldstrafe ein.
Der Beamte: seit 1977 Polizeibeamter in Nordrhein-Westfalen, seit 1987 Beamter auf Lebenszeit.
1991 zum Polizeikommissar und im Januar 1996 zum POK ernannt.
Ab April 1996 Fachlehrer in der Ausbildung.
Seit August 1999 als Schwerbehinderter anerkannt.
Disziplinarrechtlich nicht vorbelastet.
Das Amtsgerichts Dortmund verurteilt ihn wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr und Bestechung zu einer Gesamtgeldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 80,00 DM.
In dem Strafurteil heißt es:
"In der Nacht auf den 21.06.97 unternahm der Angeklagte einen Zug durch Gaststätten. Dabei nahm er eine erhebliche Menge an alkoholischen Getränken zu sich.
Gegen 07:45 Uhr fiel er beim Verlassen einer Gaststätte einem Passanten auf, als er schwankend seinen Pkw bestieg und davonfuhr. Der Passant alarmierte die Polizei.
An einer Ampel setzten sich zwei uniformierte Polizeibeamte mit ihrem Funkstreifenwagen neben den Pkw des Angeklagten und schritten zur Personalienfeststellung. Unter den Papieren des Angeklagten entdeckten sie dessen Polizeidienstausweis. Ein Alkoholtest ergab einen Wert von 2,81 Promille. Der Angeklagte tat sehr überrascht und fragte die Beamten in Kenntnis der Tatsache, dass sie ihn als Kollegen erkannt hatten, ob man nicht die weiteren Maßnahmen abwenden könne. Hier drückte sich der Angeklagte etwa wie folgt aus: "Kann man da nichts regeln? Ich würde auch gerne fünf Kisten Bier bezahlen." Dieses Angebot lehnten die Polizeibeamten ab und ordneten eine Blutprobe an.
Im Zeitpunkt der Fahrt hat eine Blutalkoholkonzentration von 2,33 Promille vorgelegen. Der Angeklagte war sich seiner alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit bereits zum Antritt seiner Fahrt bewusst. Es ist nicht auszuschließen, dass der Angeklagte infolge des Alkohols in seiner Fähigkeit, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, erheblich vermindert war (§ 21 StGB)."
Die Disziplinarkammer, also das Gericht erster Instanz, hat die Bezüge des Beamten wegen Dienstvergehens um 5 v. H. auf die Dauer von 18 Monaten gekürzt.
Bei Auswahl und Bemessung der Disziplinarmaßnahme sei zu berücksichtigen, dass der Beamte kriminelles Unrecht begangen habe. Die aktive Bestechung habe einen besonders hohen Ansehensverlust des Beamten und der Beamtenschaft insgesamt zur Folge. Wegen des disziplinaren Gewichts der Bestechung sei eine Gehaltskürzung unumgänglich. Dies gelte unabhängig davon, dass der Beamte seit langen Jahren im Polizeidienst stehe, gute Beurteilungen erhalten und die Pflichtverletzung letztlich eingeräumt habe. § 14 Abs. 1 DO NRW stehe der Gehaltskürzung nicht entgegen, weil eine zusätzliche Pflichtenmahnung erforderlich sei. Der Beamte habe sich nämlich in einem hohen Maße uneinsichtig gezeigt. Obwohl er die strafrechtliche Verurteilung hingenommen habe, stehe er nicht zu der Bestechung als der schwerer wiegenden Verfehlung. Er ziehe sich jetzt auf die Behauptung zurück, er könne sich nicht mehr an Einzelheiten erinnern. Dies könne ihm jedoch nicht abgenommen werden, ....
Der Beamte hat gegen das Urteil Berufung eingelegt und trägt vor:
Die Disziplinarkammer habe übersehen, dass im Strafurteil die starke Alkoholisierung als Schuldmilderungsgrund anerkannt worden sei. Bei einer Alkoholkonzentration von mehr als 2,2 Promille sei die Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert. Das Verfahren sei nach § 14 Abs. 1 Satz 1 DO NRW einzustellen, weil keine zusätzliche Pflichtenmahnung erforderlich sei. Die Erklärung, die er in der erstinstanzlichen Hauptverhandlung abgegeben habe, zeuge durchaus von Unrechtseinsicht, und zwar unabhängig davon, dass er sich nicht an Einzelheiten erinnern könne. Entscheidend sei, dass er den Vorwurf nicht bestreite und das Fehlverhalten bedauere.
Die Berufung des Beamten hat Erfolg.
Die tatsächlichen Feststellungen im Strafurteil sind wegen der Bindungswirkung nach § 18 Abs. 1 DO NRW für das Disziplinarverfahren nicht zweifelhaft. Soweit es eine verminderte Schuldfähigkeit betrifft (§ 21 StGB), die im Strafurteil im Zweifel zugunsten des Beamten bejaht, im erstinstanzlichen Urteil aber verneint worden ist, geht es nicht um die Bindung an tatsächliche Feststellungen im Sinne von § 18 Abs. 1 Satz 1 DO. Feststellungen zur verminderten Schuldfähigkeit sind nicht für die Schuldfähigkeit als solche, sondern nur für das Strafmaß von Bedeutung, was auch darin seinen Niederschlag findet, dass Feststellungen zur verminderten Schuldfähigkeit in einem Strafurteil für Disziplinargerichte nicht bindend sind. (vgl. OVG NRW, Urteil vom 02.10.02 - 6d A 859/01.0)
Der Senat teilt die Auffassung, dass als angemessene Reaktion auf das Fehlverhalten des Beamten eine Gehaltskürzung in Betracht kommt. Dem Vertreter der obersten Dienstbehörde ist zwar darin zu folgen, dass der Versuch eines Beamten, mit seinem Fall befasste Amtsträger zu bestechen, je nach den Umständen des Einzelfalles auch eine Degradierung oder die Höchstmaßnahme nach sich ziehen kann. Nach den Umständen des vorliegenden Falles ist jedoch allein die Gehaltskürzung angebracht. Zu diesen Umständen gehört zunächst, dass der Beamte das Vorhaben nicht mit Nachdruck verfolgt und ein Bestechungsmittel - fünf Kisten Bier aufgeboten hat, das kaum zum Erfolg führen konnte. Anhaltspunkte dafür, dass der Beamte seine dienstliche Stellung ins Spiel gebracht und versucht hat, daraus zusätzliche Vorteile zu gewinnen, bestehen nicht. Entgegen der Auffassung der Disziplinarkammer ist die starke alkoholische Beeinflussung des Beamten als Milderungsgrund bei der Maßnahmenwahl anzuerkennen.
Der Senat unterstellt zugunsten des Beamten, dass seine Schuldfähigkeit erheblich vermindert war (§ 21 StGB). Betrachtet man das Erscheinungsbild des Beamten und sein Verhalten bis zur Entlassung durch die Polizei, fallen Umstände auf, die auf eine Minderung der Steuerungsfähigkeit hinweisen. Ausweislich der Feststellung des Arztes, der die Blutprobe entnommen hat, wirkte der Beamte auf ihn stark alkoholisiert und benommen. ....
Der demnach anzuerkennende Maßnahmemilderungsgrund rechtfertigt es nicht, von einer Gehaltskürzung abzusehen. Von der Trunkenheitsfahrt ging eine hohe Gefährdung für andere Verkehrsteilnehmer aus. Die Bestechung war ebenfalls keine Bagatelle. Der Beamte hat insbesondere in seiner Eigenschaft als Ausbilder und Vorgesetzter auch unter Berücksichtigung seiner eingeschränkten Schuldfähigkeit gravierend versagt.
Der Gehaltskürzung steht jedoch das Maßnahmeverbot in § 14 Abs. 1 DO NRW entgegen. Neben der bereits wegen desselben Sachverhalts verhängten Geldstrafe ist die in Betracht kommende Gehaltskürzung nicht erforderlich, um den Beamten zur Erfüllung seiner Pflichten anzuhalten.
Unter dem Gesichtspunkt des Gebots einer Pflichtenmahnung ist die Verhängung einer zusätzlichen Disziplinarmaßnahme nur ausnahmsweise zulässig, wenn die Verfehlung zu der konkreten Befürchtung Anlass gibt, der Beamte werde trotz der bereits gegen ihn verhängten straf- oder ordnungsrechtlichen Sanktion auch in Zukunft gegen seine Beamtenpflichten verstoßen. Bei der hierfür anzustellenden Prognose sind sein bisheriger Werdegang, die in seiner Person, seiner dienstlichen Tätigkeit und der ihm zur Last gelegten Tat liegenden Umstände maßgeblich zu berücksichtigen. Denn nur aufgrund einer derartigen Beurteilung sind hinreichend verlässliche Schlüsse auf sein zukünftiges Verhalten möglich. Ferner ist von Bedeutung, ob der Beamte bereits einschlägig auffällig geworden ist und sich z.B. schon früher gegenüber Strafen, Ordnungs- oder Disziplinarmaßnahmen als uneinsichtig erwiesen hat. Die Prüfung der Notwendigkeit einer zusätzlichen Pflichtenmahnung muss darüber hinaus das bisherige Verhalten des Beamten in seiner Gesamtheit erfassen, weil Aufgabe und Ziel disziplinarer Maßnahmen nicht nur ist, künftig einschlägige Handlungen, insbesondere Straftaten zu verhindern, sondern ganz allgemein den Beamten zu pflichtgemäßen Verhalten zu veranlassen. Nur wenn auch insoweit die Gewähr durch die strafrechtliche Sanktion gegeben erscheint, ist eine Disziplinarmaßnahme nicht mehr "erforderlich" im Sinne des § 14 DO NRW.
(Vgl. zu § 14 BDO BVerwG, Urteil vom 20.02.01 - 1 D 7.00 -, BVerwGE 114, 50.)
Der Senat hält es im vorliegenden Fall nicht für notwendig, eine Pflichtenmahnung auszusprechen. Die Prognose ist für den Beamten insgesamt günstig. Das Fehlverhalten liegt annähernd sechs Jahre zurück. Der Beamte ist kein Alkoholiker. Es handelt sich um ein einmaliges Versagen, das nach den nicht widerlegten Angaben des Beamten durch einen familiären Konflikt ausgelöst worden ist. Die konkrete Befürchtung, der Beamte werde trotz der gegen ihn verhängten strafrechtlichen Sanktion auch in Zukunft gegen seine Beamtenpflichten verstoßen, lässt sich nicht damit begründen, dass er, wie das Verwaltungsgericht meint, Erinnerungslücken vorschiebt und die notwendige Auseinandersetzung mit dem angeschuldigten Fehlverhalten vermissen lässt. Der Senat hält es für denkbar, dass sich der Beamte wegen des genossenen Alkohols und der verstrichenen Zeit nicht mehr im Einzelnen an das Geschehen erinnert. Der Beamte hat in der Hauptverhandlung vor dem Senat bekräftigt, dass er den Vorwurf nicht bestreite und den Vorfall sehr bedauere. Damit unterscheidet sich der vorliegende Fall wesentlich von den Beispielsfällen in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, in denen die Notwendigkeit einer Pflichtenmahnung mit der mangelnden Einsichtsfähigkeit des Beamten begründet worden ist.