Disziplinarrecht: Dienstvergehen setzt Verschulden voraus
Ein Dienstvergehen kann nur dann eine Maßnahme nach sich ziehen, wenn eine schuldhafte Pflichtverletzung gegeben ist. Denn auch im Disziplinarrecht gilt - nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts - das Schuldprinzip.
Wie im Strafrecht geht es dabei um die Frage der Schuldform (Vorsatz oder Fahrlässigkeit oder unverschuldet?), aber natürlich kennen wir auch im Disziplinarrecht die Probleme der Schuldunfähigkeit oder verminderten Schuldfähigkeit, bedingt etwa durch eine psychische Erkrankung oder eine hohe Alkoholisierung.
Die Herangehensweise der Disziplinarrechtler ist aber in diesem Zusammenhang nicht unbedingt die gleiche wie die der Strafrechtler, obwohl auch im Disziplinarrecht die Maßstäbe der §§ 20, 21 StGB herangezogen werden, wenn Fragen der Schuldfähigkeit zu klären sind.
Das Bundesverwaltungsgericht hat sich spätestens seit 2008 verstärkt auch diesen Fragen zugewandt.
Im ersten Fall auf dieser Seite geht es um eine psychische Erkrankung, die noch nicht so schwer wiegt, dass die Schuldfähigkeit erheblich vermindert ist.
Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, welche jene von 2008 gewissermaßen fortschreibt, zeigt doch in kurzer Form grundsätzliche Erwägungen.
Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 06.06.13 - 2 B 50.12 -
2. Der Beklagte hält die Frage für rechtsgrundsätzlich bedeutsam,
ob eine schwere depressive Erkrankung unterhalb der Schwelle einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit zumindest bei Zugriffsdelikten unterhalb eines Schadensbetrages von EUR 200,00 einen einem anerkannten Milderungsgrund vergleichbaren Umstand bilden kann.
Diese Frage ist geklärt, soweit sie einen verallgemeinerungsfähigen Inhalt hat.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann eine Erkrankung im Tatzeitraum als mildernder Umstand bei der Bestimmung der Disziplinarmaßnahme nach § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG berücksichtigt werden. Ob sie entscheidend ins Gewicht fällt, hängt von den konkreten Umständen ab und entzieht sich einer generellen Bewertung.
Der Senat hat die Bemessungsregelungen des § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG dahingehend konkretisiert, dass die Veruntreuung amtlich anvertrauter Wertsachen (sog. Zugriffsdelikt) so schwer wiegt, dass sie die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis rechtfertigt, wenn dem Beamten weder ein anerkannter Milderungsgrund zugute kommt noch mildernde Umstände von insgesamt vergleichbarem Gewicht vorliegen (Urteile vom 20.10.05 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <260 f.> und vom 03.05.07 - BVerwG 2 C 9.06; Beschluss vom 23.02.12 - BVerwG 2 B 143.11).
Das Gewicht derartiger Umstände muss um so größer sein, je schwerer das Zugriffsdelikt aufgrund der Höhe des Schadens, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen und der Begehung von „Begleitdelikten“ und anderer belastender Gesichtspunkte im Einzelfall wiegt (Urteile vom 03.05.07 und vom 24.05.07 - BVerwG 2 C 25.06). Danach kommt jedenfalls bei einem einmaligen Fehlverhalten mit einem Schaden von weniger als EUR 200,00 ernsthaft in Betracht, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen (Beschluss vom 23.02.12 a.a.O. Rn. 13).
Lässt sich nach erschöpfender Sachaufklärung das Vorliegen eines mildernden Umstands nicht ohne vernünftigen Zweifel ausschließen, ist dieser Umstand nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ in die Gesamtwürdigung einzustellen. Er tritt zu einem anerkannten Milderungsgrund hinzu oder verstärkt das Gewicht der Umstände, die das Fehlen eines derartigen Grundes kompensieren können (Urteile vom 03.05.07 a.a.O. Rn. 17 und vom 29.05.08 - BVerwG 2 C 59.07; Beschluss vom 23.02.12 a.a.O. Rn. 14).
Die auch bei Zugriffsdelikten gebotene prognostische Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden Umstände folgt aus dem Zweck der Disziplinarbefugnis als einem Mittel der Funktionssicherung des öffentlichen Dienstes. Danach ist Gegenstand der disziplinarrechtlichen Betrachtung und Wertung die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der gesamten Persönlichkeit des Beamten (§ 13 Abs. 1 Satz 3 BDG) geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrechtzuerhalten (Urteil vom 3.05.07 a.a.O. Rn. 16; Beschluss vom 23. Februar 2012 a.a.O. Rn. 12).
Eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit des Beamten im Sinne von §§ 20, 21 StGB zur Tatzeit stellt einen mildernden Umstand dar, der die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis regelmäßig ausschließt (Urteile vom 03.05.07 a.a.O. Rn. 30 f. und vom 25.03.10 - BVerwG 2 C 83.08 - BVerwGE 136, 173 Rn. 29 f., Rn. 34).
Dies kann für psychische Erkrankungen ohne Auswirkungen auf die Schuldfähigkeit nicht in gleicher Weise gelten. Sie sind in die Gesamtwürdigung nach § 13 Abs. 1 Satz 2 BDG einzustellen, wobei ihre Bedeutung von den Umständen des Einzelfalles abhängt. Davon ist auch das Oberverwaltungsgericht ausgegangen.
2. Der Beklagte hält die Frage für rechtsgrundsätzlich bedeutsam,
ob eine schwere depressive Erkrankung unterhalb der Schwelle einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit zumindest bei Zugriffsdelikten unterhalb eines Schadensbetrages von EUR 200,00 einen einem anerkannten Milderungsgrund vergleichbaren Umstand bilden kann.
Diese Frage ist geklärt, soweit sie einen verallgemeinerungsfähigen Inhalt hat.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann eine Erkrankung im Tatzeitraum als mildernder Umstand bei der Bestimmung der Disziplinarmaßnahme nach § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG berücksichtigt werden. Ob sie entscheidend ins Gewicht fällt, hängt von den konkreten Umständen ab und entzieht sich einer generellen Bewertung.
Der Senat hat die Bemessungsregelungen des § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG dahingehend konkretisiert, dass die Veruntreuung amtlich anvertrauter Wertsachen (sog. Zugriffsdelikt) so schwer wiegt, dass sie die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis rechtfertigt, wenn dem Beamten weder ein anerkannter Milderungsgrund zugute kommt noch mildernde Umstände von insgesamt vergleichbarem Gewicht vorliegen (Urteile vom 20.10.05 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <260 f.> und vom 03.05.07 - BVerwG 2 C 9.06; Beschluss vom 23.02.12 - BVerwG 2 B 143.11).
Das Gewicht derartiger Umstände muss um so größer sein, je schwerer das Zugriffsdelikt aufgrund der Höhe des Schadens, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen und der Begehung von „Begleitdelikten“ und anderer belastender Gesichtspunkte im Einzelfall wiegt (Urteile vom 03.05.07 und vom 24.05.07 - BVerwG 2 C 25.06). Danach kommt jedenfalls bei einem einmaligen Fehlverhalten mit einem Schaden von weniger als EUR 200,00 ernsthaft in Betracht, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen (Beschluss vom 23.02.12 a.a.O. Rn. 13).
Lässt sich nach erschöpfender Sachaufklärung das Vorliegen eines mildernden Umstands nicht ohne vernünftigen Zweifel ausschließen, ist dieser Umstand nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ in die Gesamtwürdigung einzustellen. Er tritt zu einem anerkannten Milderungsgrund hinzu oder verstärkt das Gewicht der Umstände, die das Fehlen eines derartigen Grundes kompensieren können (Urteile vom 03.05.07 a.a.O. Rn. 17 und vom 29.05.08 - BVerwG 2 C 59.07; Beschluss vom 23.02.12 a.a.O. Rn. 14).
Die auch bei Zugriffsdelikten gebotene prognostische Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden Umstände folgt aus dem Zweck der Disziplinarbefugnis als einem Mittel der Funktionssicherung des öffentlichen Dienstes. Danach ist Gegenstand der disziplinarrechtlichen Betrachtung und Wertung die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der gesamten Persönlichkeit des Beamten (§ 13 Abs. 1 Satz 3 BDG) geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrechtzuerhalten (Urteil vom 3.05.07 a.a.O. Rn. 16; Beschluss vom 23. Februar 2012 a.a.O. Rn. 12).
Eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit des Beamten im Sinne von §§ 20, 21 StGB zur Tatzeit stellt einen mildernden Umstand dar, der die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis regelmäßig ausschließt (Urteile vom 03.05.07 a.a.O. Rn. 30 f. und vom 25.03.10 - BVerwG 2 C 83.08 - BVerwGE 136, 173 Rn. 29 f., Rn. 34).
Dies kann für psychische Erkrankungen ohne Auswirkungen auf die Schuldfähigkeit nicht in gleicher Weise gelten. Sie sind in die Gesamtwürdigung nach § 13 Abs. 1 Satz 2 BDG einzustellen, wobei ihre Bedeutung von den Umständen des Einzelfalles abhängt. Davon ist auch das Oberverwaltungsgericht ausgegangen.
Zur verminderten Schuldfähigkeit meint der VGH Baden-Württemberg in einem
Urteil vom 16.9.2010, DL 16 S 579/10, wobei er eine etwas andere Sichtweise als
die der Strafrechtler erkennen lässt:
"2. Im Disziplinarrecht hängt die Beurteilung der Erheblichkeit einer verminderten Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) von der Bedeutung und Einsehbarkeit der verletzten Dienstpflichten ab. Die Erheblichkeitsschwelle wird bei der Verletzung von ohne Weiteres einsehbaren innerdienstlichen Kernbereichspflichten nur in Ausnahmefällen erreicht sein."
Aus der Entscheidung des VGH Baden-Württemberg:
Das Vorbringen der Beamtin, sie habe zum Zeitpunkt der Begehung des Dienstvergehens wegen ihrer Ehekrise Verlassensängste gehabt, wegen derer sie geglaubt habe, ihr nahe stehende verbleibende Personen an sich binden zu müssen, und dies sei dadurch geschehen, dass sie aus einem nicht nachvollziehbaren Entschluss die Festsetzung der Steuer gegen ihre Eltern manipuliert habe, weil sie völlig grundlos befürchtet habe, ihre Eltern gerieten in finanzielle Schwierigkeiten, kann aus denselben Gründen nicht eine mildere Bewertung des Dienstvergehens nach sich ziehen. Insbesondere vermag der Senat nicht das Vorliegen des Milderungsgrundes einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit im Sinne von §§ 20, 21 StGB zu erkennen, bei dem nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts jedenfalls unter den Bemessungsvorgaben des Bundesdisziplinargesetzes die Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Dienst regelmäßig nicht mehr ausgesprochen werden kann (BVerwG, Urteil vom 25.03.10 - 2 C 83.08 -).
Erheblich verminderte Schuldfähigkeit gemäß §§ 20, 21 StGB setzt voraus, dass die Fähigkeit, das Unrecht einer Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, wegen einer Störung im Sinne von § 20 StGB bei Tatbegehung erheblich eingeschränkt war. Für die hier relevante Frage der Steuerungsfähigkeit kommt es darauf an, ob das Hemmungsvermögen so stark herabgesetzt war, dass der Betroffene den Tatanreizen erheblich weniger Widerstand als gewöhnlich entgegenzusetzen vermochte. Die Frage, ob die Verminderung der Steuerungsfähigkeit auf Grund einer krankhaften seelischen Störung „erheblich" war, ist eine Rechtsfrage, die die Disziplinargerichte ohne Bindung an die Einschätzung Sachverständiger in eigener Verantwortung zu beantworten haben. Hierzu bedarf es einer Gesamtschau der Persönlichkeitsstruktur des Betroffenen, seines Erscheinungsbildes vor, während und nach der Tat und der Berücksichtigung der Tatumstände, insbesondere der Vorgehensweise. Für die Annahme einer erheblichen Minderung der Schuldfähigkeit sind schwerwiegende Gesichtspunkte heranzuziehen wie etwa Psychopathien, Neurosen, Triebstörungen, leichtere Formen des Schwachsinns, altersbedingte Persönlichkeitsveränderungen, Affektzustände sowie Folgeerscheinungen einer Abhängigkeit von Alkohol, Drogen oder Medikamenten. Die Erheblichkeitsschwelle liegt umso höher, je schwerer das in Rede stehende Delikt wiegt. Dementsprechend hängt im Disziplinarrecht die Beurteilung der Erheblichkeit im Sinne von § 21 StGB von der Bedeutung und Einsehbarkeit der verletzten Dienstpflichten ab und wird die Schwelle der Erheblichkeit damit bei der Verletzung von ohne Weiteres einsehbaren innerdienstlichen Kernbereichspflichten nur in Ausnahmefällen erreicht sein (vgl. für Zugriffsdelikte: BVerwG, Urteil vom 29.05.08 - 2 C 59.07 -; Beschluss vom 27.10.08 - 2 B 48.08 -; Urteil des Senats vom 24.06.10 - DB 16 S 3391/08 -).
Der Senat vermag keinerlei Anhaltspunkte dafür zu erkennen, dass ein solcher Ausnahmefall für die Beamtin zum Zeitpunkt der Begehung des Dienstvergehens gegeben war. In keinem der im Verlauf des Disziplinarverfahrens vorgelegten Atteste wird für den Zeitpunkt des Dienstvergehens eine psychische Erkrankung beschrieben, die den Krankheitsgrad einer Psychopathie, Neurose, Triebstörung, der leichteren Form des Schwachsinns, einer altersbedingten Persönlichkeitsveränderung, eines Affektzustandes oder der Folgeerscheinung einer Abhängigkeit von Alkohol, Drogen oder Medikamenten erreicht. Im Attest der die Beamtin behandelnden Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. ... - ohne Datum - wird eine depressive Reaktion bei schwerer situativer Belastung genannt und es lediglich als überlegenswert bezeichnet, ob bei der Beamtin zum damaligen Zeitpunkt eine „in gewisser“ und damit gerade nicht in erheblicher Weise geminderte Schuldfähigkeit bestand. Das in dem ärztlichen Attest beschriebene Krankheitsbild einer depressiven Reaktion erreicht angesichts der leicht einsehbaren Kernbereichspflicht, die die Beamtin einzuhalten hatte, die Erheblichkeitsschwelle nicht. Bei depressiven Episoden auch schweren Grades, einschließlich der depressiven Reaktion, leidet der betroffene Patient unter einer gedrückten Stimmung und einer Verminderung von Antrieb und Aktivität. Die Fähigkeit zu Freude, das Interesse und die Konzentration sind vermindert. Ausgeprägte Müdigkeit kann nach jeder kleinsten Anstrengung auftreten. Der Schlaf ist meist gestört, der Appetit vermindert. Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen sind fast immer beeinträchtigt. Es kommen Schuldgefühle oder Gedanken über eigene Wertlosigkeit vor. Die gedrückte Stimmung verändert sich von Tag zu Tag wenig, reagiert nicht auf Lebensumstände und kann von so genannten "somatischen" Symptomen begleitet werden, wie Interessenverlust oder Verlust der Freude, Früherwachen, Morgentief, deutliche psychomotorische Hemmung, Agitiertheit (krankhafte Unruhe, bei der es zu heftigen und hastigen Bewegungen des Patienten kommt), Appetitverlust, Gewichtsverlust und Libidoverlust (ICD 10 GM 2010, F. 32). Dies spricht aber gegen eine erhöhte Neigung zu delinquentem Handeln.
Insoweit bestand auch hier für die Disziplinarkammer kein Anlass, dem ebenfalls verspätet gestellten Beweisantrag zur Frage der erheblich verminderten Schuldfähigkeit auf Grund einer psychischen Erkrankung zum Zeitpunkt der Begehung der Dienstvergehen nachzugehen.
Damit vermag der Senat - ebenso wie die Disziplinarkammer - unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände, auch der langjährigen dienstlichen Unbescholtenheit der Beamtin, ihrer ordentlichen dienstlichen Beurteilungen, ihrer Einsicht in das Unrecht ihres Tuns sowie ihrer schwierigen persönlichen und familiären Situation zum Zeitpunkt der Tatbegehung, nicht zu erkennen, dass die von der Schwere des Dienstvergehens ausgehende Indizwirkung für den eingetretenen Vertrauensverlust durch vorrangig zu berücksichtigende und durchgreifende Entlastungsgründe entfallen ist und die Beamtin gegenüber ihrem Dienstherrn noch ein Restvertrauen für sich in Anspruch nehmen könnte. Die weiter von der Beamtin noch zu ihren Gunsten hervorgehobene und absehbare Wiederherstellung ihrer Dienstfähigkeit nach einem für sie positiven Ausgang des Disziplinarverfahrens ist für die Frage, ob der Dienstherr ihr noch ein Restvertrauen entgegenbringen kann, ohne ausschlaggebende Bedeutung. Ist das Vertrauensverhältnis zwischen der Beamtin und ihrem Dienstherrn zerstört, erweist sich die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als angemessene Reaktion. Die hierin liegende Härte ist für die Beamtin - auch unter familiären Gesichtspunkten, insbesondere dem Umstand, dass die Dienstfähigkeit ihres als ... tätigen Ehemannes in Frage stehen könnte - nicht unverhältnismäßig, da sie auf zurechenbarem Verhalten beruht.
3. Der Senat sieht keinen Anlass, auf den weiter hilfsweise gestellten Antrag der Beamtin die Entscheidung der Disziplinarkammer über die Versagung eines Unterhaltsbeitrags nach § 75 Abs. 1 LDO zu ändern. Die Beamtin ist zwar einer solchen Unterstützung nicht unwürdig, derzeit jedoch nicht bedürftig (§ 75 Abs. 1 Satz 1 LDO). Mit der Bewilligung eines Unterhaltsbeitrags soll dem aus dem Dienst entfernten Beamten der Übergang in einen anderen Beruf oder, sofern dies wegen Alters oder Erwerbsunfähigkeit nicht mehr möglich ist, in eine andere Art der gesetzlichen Alters- oder Erwerbsunfähigkeitsversorgung erleichtert werden. Dieser Zweck des Unterhaltsbeitrags, den aus dem Dienst entfernten Beamten und dessen Familie für eine Übergangszeit vor einer finanziellen Notlage zu schützen, wobei sich der anzuerkennende Bedarf vor allem nach den aktuellen Regelsätzen, Wohnungskosten (die Beamtin lebt allerdings mietfrei in der Wohnung ihrer Mutter, wie ihr Verteidiger in der Hauptverhandlung vor dem Senat noch einmal bestätigte) und einem Zuschlag für den Krankenversicherungsbeitrag bestimmt, ist hier bereits durch die Bezüge des Ehemannes der Beamtin (zur Berücksichtigung des Einkommens des Ehegatten des Beamten vgl. BVerwG, Urteil vom 28.11.1996 - 1 D 67.96 -; Urteil vom 18.03.1998 - 1 D 88.97 -, BVerwGE 113, 208; Köhler/Ratz, BDG, 3. Aufl., § 10 BDG RdNr. 8) in Höhe von 1.960 EUR netto monatlich sichergestellt. Dass die Bezüge des Ehemannes in absehbarer Zeit durch dessen Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit geringer ausfallen werden, ist derzeit nicht hinreichend absehbar. Der Verteidiger der Beamtin gab in der Hauptverhandlung im Berufungsverfahren an, dass sich der Ehemann der Beamtin auf Weisung seines Dienstherrn zur Wiederherstellung der Dienstfähigkeit in teilstationäre Behandlung begeben habe und ein förmliches Verfahren der Zurruhesetzung nicht eingeleitet sei.
"2. Im Disziplinarrecht hängt die Beurteilung der Erheblichkeit einer verminderten Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) von der Bedeutung und Einsehbarkeit der verletzten Dienstpflichten ab. Die Erheblichkeitsschwelle wird bei der Verletzung von ohne Weiteres einsehbaren innerdienstlichen Kernbereichspflichten nur in Ausnahmefällen erreicht sein."
Die Entscheidung lässt erkennen, wie man die Art des Dienstvergehens
und die Frage der Schuldfähigkeit zueinander in Beziehung setzt.
Und sie enthält Hinweise auf die neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu dieser Frage.
Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht später, nämlich in einem Beschluss vom 11.01.12 - 2 B 78.11 -, die Notwendigkeit zu sorgfältiger Aufklärung sehr stark betont und damit noch etwas mehr die Position des einzelnen Beamten gestärkt.
Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht später, nämlich in einem Beschluss vom 11.01.12 - 2 B 78.11 -, die Notwendigkeit zu sorgfältiger Aufklärung sehr stark betont und damit noch etwas mehr die Position des einzelnen Beamten gestärkt.
Aus der Entscheidung des VGH Baden-Württemberg:
Das Vorbringen der Beamtin, sie habe zum Zeitpunkt der Begehung des Dienstvergehens wegen ihrer Ehekrise Verlassensängste gehabt, wegen derer sie geglaubt habe, ihr nahe stehende verbleibende Personen an sich binden zu müssen, und dies sei dadurch geschehen, dass sie aus einem nicht nachvollziehbaren Entschluss die Festsetzung der Steuer gegen ihre Eltern manipuliert habe, weil sie völlig grundlos befürchtet habe, ihre Eltern gerieten in finanzielle Schwierigkeiten, kann aus denselben Gründen nicht eine mildere Bewertung des Dienstvergehens nach sich ziehen. Insbesondere vermag der Senat nicht das Vorliegen des Milderungsgrundes einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit im Sinne von §§ 20, 21 StGB zu erkennen, bei dem nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts jedenfalls unter den Bemessungsvorgaben des Bundesdisziplinargesetzes die Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Dienst regelmäßig nicht mehr ausgesprochen werden kann (BVerwG, Urteil vom 25.03.10 - 2 C 83.08 -).
Erheblich verminderte Schuldfähigkeit gemäß §§ 20, 21 StGB setzt voraus, dass die Fähigkeit, das Unrecht einer Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, wegen einer Störung im Sinne von § 20 StGB bei Tatbegehung erheblich eingeschränkt war. Für die hier relevante Frage der Steuerungsfähigkeit kommt es darauf an, ob das Hemmungsvermögen so stark herabgesetzt war, dass der Betroffene den Tatanreizen erheblich weniger Widerstand als gewöhnlich entgegenzusetzen vermochte. Die Frage, ob die Verminderung der Steuerungsfähigkeit auf Grund einer krankhaften seelischen Störung „erheblich" war, ist eine Rechtsfrage, die die Disziplinargerichte ohne Bindung an die Einschätzung Sachverständiger in eigener Verantwortung zu beantworten haben. Hierzu bedarf es einer Gesamtschau der Persönlichkeitsstruktur des Betroffenen, seines Erscheinungsbildes vor, während und nach der Tat und der Berücksichtigung der Tatumstände, insbesondere der Vorgehensweise. Für die Annahme einer erheblichen Minderung der Schuldfähigkeit sind schwerwiegende Gesichtspunkte heranzuziehen wie etwa Psychopathien, Neurosen, Triebstörungen, leichtere Formen des Schwachsinns, altersbedingte Persönlichkeitsveränderungen, Affektzustände sowie Folgeerscheinungen einer Abhängigkeit von Alkohol, Drogen oder Medikamenten. Die Erheblichkeitsschwelle liegt umso höher, je schwerer das in Rede stehende Delikt wiegt. Dementsprechend hängt im Disziplinarrecht die Beurteilung der Erheblichkeit im Sinne von § 21 StGB von der Bedeutung und Einsehbarkeit der verletzten Dienstpflichten ab und wird die Schwelle der Erheblichkeit damit bei der Verletzung von ohne Weiteres einsehbaren innerdienstlichen Kernbereichspflichten nur in Ausnahmefällen erreicht sein (vgl. für Zugriffsdelikte: BVerwG, Urteil vom 29.05.08 - 2 C 59.07 -; Beschluss vom 27.10.08 - 2 B 48.08 -; Urteil des Senats vom 24.06.10 - DB 16 S 3391/08 -).
Der Senat vermag keinerlei Anhaltspunkte dafür zu erkennen, dass ein solcher Ausnahmefall für die Beamtin zum Zeitpunkt der Begehung des Dienstvergehens gegeben war. In keinem der im Verlauf des Disziplinarverfahrens vorgelegten Atteste wird für den Zeitpunkt des Dienstvergehens eine psychische Erkrankung beschrieben, die den Krankheitsgrad einer Psychopathie, Neurose, Triebstörung, der leichteren Form des Schwachsinns, einer altersbedingten Persönlichkeitsveränderung, eines Affektzustandes oder der Folgeerscheinung einer Abhängigkeit von Alkohol, Drogen oder Medikamenten erreicht. Im Attest der die Beamtin behandelnden Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. ... - ohne Datum - wird eine depressive Reaktion bei schwerer situativer Belastung genannt und es lediglich als überlegenswert bezeichnet, ob bei der Beamtin zum damaligen Zeitpunkt eine „in gewisser“ und damit gerade nicht in erheblicher Weise geminderte Schuldfähigkeit bestand. Das in dem ärztlichen Attest beschriebene Krankheitsbild einer depressiven Reaktion erreicht angesichts der leicht einsehbaren Kernbereichspflicht, die die Beamtin einzuhalten hatte, die Erheblichkeitsschwelle nicht. Bei depressiven Episoden auch schweren Grades, einschließlich der depressiven Reaktion, leidet der betroffene Patient unter einer gedrückten Stimmung und einer Verminderung von Antrieb und Aktivität. Die Fähigkeit zu Freude, das Interesse und die Konzentration sind vermindert. Ausgeprägte Müdigkeit kann nach jeder kleinsten Anstrengung auftreten. Der Schlaf ist meist gestört, der Appetit vermindert. Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen sind fast immer beeinträchtigt. Es kommen Schuldgefühle oder Gedanken über eigene Wertlosigkeit vor. Die gedrückte Stimmung verändert sich von Tag zu Tag wenig, reagiert nicht auf Lebensumstände und kann von so genannten "somatischen" Symptomen begleitet werden, wie Interessenverlust oder Verlust der Freude, Früherwachen, Morgentief, deutliche psychomotorische Hemmung, Agitiertheit (krankhafte Unruhe, bei der es zu heftigen und hastigen Bewegungen des Patienten kommt), Appetitverlust, Gewichtsverlust und Libidoverlust (ICD 10 GM 2010, F. 32). Dies spricht aber gegen eine erhöhte Neigung zu delinquentem Handeln.
Insoweit bestand auch hier für die Disziplinarkammer kein Anlass, dem ebenfalls verspätet gestellten Beweisantrag zur Frage der erheblich verminderten Schuldfähigkeit auf Grund einer psychischen Erkrankung zum Zeitpunkt der Begehung der Dienstvergehen nachzugehen.
Damit vermag der Senat - ebenso wie die Disziplinarkammer - unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände, auch der langjährigen dienstlichen Unbescholtenheit der Beamtin, ihrer ordentlichen dienstlichen Beurteilungen, ihrer Einsicht in das Unrecht ihres Tuns sowie ihrer schwierigen persönlichen und familiären Situation zum Zeitpunkt der Tatbegehung, nicht zu erkennen, dass die von der Schwere des Dienstvergehens ausgehende Indizwirkung für den eingetretenen Vertrauensverlust durch vorrangig zu berücksichtigende und durchgreifende Entlastungsgründe entfallen ist und die Beamtin gegenüber ihrem Dienstherrn noch ein Restvertrauen für sich in Anspruch nehmen könnte. Die weiter von der Beamtin noch zu ihren Gunsten hervorgehobene und absehbare Wiederherstellung ihrer Dienstfähigkeit nach einem für sie positiven Ausgang des Disziplinarverfahrens ist für die Frage, ob der Dienstherr ihr noch ein Restvertrauen entgegenbringen kann, ohne ausschlaggebende Bedeutung. Ist das Vertrauensverhältnis zwischen der Beamtin und ihrem Dienstherrn zerstört, erweist sich die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als angemessene Reaktion. Die hierin liegende Härte ist für die Beamtin - auch unter familiären Gesichtspunkten, insbesondere dem Umstand, dass die Dienstfähigkeit ihres als ... tätigen Ehemannes in Frage stehen könnte - nicht unverhältnismäßig, da sie auf zurechenbarem Verhalten beruht.
3. Der Senat sieht keinen Anlass, auf den weiter hilfsweise gestellten Antrag der Beamtin die Entscheidung der Disziplinarkammer über die Versagung eines Unterhaltsbeitrags nach § 75 Abs. 1 LDO zu ändern. Die Beamtin ist zwar einer solchen Unterstützung nicht unwürdig, derzeit jedoch nicht bedürftig (§ 75 Abs. 1 Satz 1 LDO). Mit der Bewilligung eines Unterhaltsbeitrags soll dem aus dem Dienst entfernten Beamten der Übergang in einen anderen Beruf oder, sofern dies wegen Alters oder Erwerbsunfähigkeit nicht mehr möglich ist, in eine andere Art der gesetzlichen Alters- oder Erwerbsunfähigkeitsversorgung erleichtert werden. Dieser Zweck des Unterhaltsbeitrags, den aus dem Dienst entfernten Beamten und dessen Familie für eine Übergangszeit vor einer finanziellen Notlage zu schützen, wobei sich der anzuerkennende Bedarf vor allem nach den aktuellen Regelsätzen, Wohnungskosten (die Beamtin lebt allerdings mietfrei in der Wohnung ihrer Mutter, wie ihr Verteidiger in der Hauptverhandlung vor dem Senat noch einmal bestätigte) und einem Zuschlag für den Krankenversicherungsbeitrag bestimmt, ist hier bereits durch die Bezüge des Ehemannes der Beamtin (zur Berücksichtigung des Einkommens des Ehegatten des Beamten vgl. BVerwG, Urteil vom 28.11.1996 - 1 D 67.96 -; Urteil vom 18.03.1998 - 1 D 88.97 -, BVerwGE 113, 208; Köhler/Ratz, BDG, 3. Aufl., § 10 BDG RdNr. 8) in Höhe von 1.960 EUR netto monatlich sichergestellt. Dass die Bezüge des Ehemannes in absehbarer Zeit durch dessen Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit geringer ausfallen werden, ist derzeit nicht hinreichend absehbar. Der Verteidiger der Beamtin gab in der Hauptverhandlung im Berufungsverfahren an, dass sich der Ehemann der Beamtin auf Weisung seines Dienstherrn zur Wiederherstellung der Dienstfähigkeit in teilstationäre Behandlung begeben habe und ein förmliches Verfahren der Zurruhesetzung nicht eingeleitet sei.
Es kommt immer sehr auf die Umstände des Einzelfalles an.
Mit der Schuldfähigkeit eines Soldaten, der kinderpornographische Dateien besessen hat, befasst sich das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 05.07.18 - BVerwG 2 WD 10.18 - in Randnummer 30 wie folgt:
"30
Für rechtlich erhebliche Einschränkungen seiner Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit entsprechend § 21 StGB gibt es auch unter Berücksichtigung der eine Anpassungsstörung diagnostizierenden Bestätigung seiner Psychotherapeutin keine Anhaltspunkte. Zwar kann eine Anpassungsstörung unter das Eingangsmerkmal "andere schwere seelische Abartigkeit" i.S.v. § 20 StGB fallen, wenn sie in ihrem Gewicht einer krankhaften seelischen Störung gleichkommt und Symptome aufweist, die in ihrer Gesamtheit das Leben des Täters vergleichbar schwer und mit ähnlichen Folgen stören, belasten oder einengen (vgl. BGH, Urteil vom 26.04.07 - 4 StR 7/07 - Rn. 10 m.w.N.). Da der Soldat aber - wie sich aus seinem eigenen Vortrag und aus seiner Personalakte ergibt -, mit ordentlichen Leistungen dienstlich unauffällig gewesen ist und auch privat ein nach außen hin geordnetes Leben mit gesellschaftlichen Aktivitäten und Ehrenämtern geführt hat, ist ein derartiger Ausprägungsgrad seiner Störung nicht festzustellen."
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 03.12.20 - BVerwG 2 WD 4.20
"Eine andere seelische Abartigkeit i.S.d. § 20 StGB liegt bei einer nicht pathologisch bedingten Anpassungs- und Persönlichkeitsstörung nur vor, wenn sie in ihrem Gewicht einer krankhaften seelischen Störung gleichkommt und Symptome aufweist, die in ihrer Gesamtheit das Leben des Täters vergleichbar schwer und mit ähnlichen Folgen stören, belasten oder einengen."
48
(3) Klassische Milderungsgründe in der Person des Soldaten oder in den Umständen der Tat liegen hingegen nicht vor.
49
(a) Es gibt keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Soldat das Dienstvergehen ganz oder zeitweise im Zustand verminderter Schuldfähigkeit i.S.d. § 21 StGB beging, weil seine Fähigkeit, das Unrecht der Taten einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 StGB bezeichneten Gründe bei Begehung der Taten erheblich vermindert gewesen wäre.
50
Zwar ist den Entlassungsbriefen über die stationären Aufenthalte des Soldaten zu entnehmen, dass er jedenfalls ab Mitte 2016 an einer Anpassungsstörung (ICD-10 F 43.2 ) und jedenfalls ab dem Frühjahr 2017 zudem an einer "narzisstischen Persönlichkeit(sstörung)" (ICD-10 F 60.8 ) bzw. einer "deutlich narzisstischen Persönlichkeitsakzentuierung" litt.
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Dieser Befund begründet aber noch keine schwere andere seelische Abartigkeit, die hier als Eingangsmerkmal i.S.d. § 20 StGB allein in Betracht kommt. Eine solche liegt bei einer nicht pathologisch bedingten Anpassungs- und Persönlichkeitsstörung nur vor, wenn sie in ihrem Gewicht einer krankhaften seelischen Störung gleichkommt und Symptome aufweist, die in ihrer Gesamtheit das Leben des Täters vergleichbar schwer und mit ähnlichen Folgen stören, belasten oder einengen (vgl. BGH, Urteile vom 26.04.07 - 4 StR 7/07 - juris Rn. 7 m.w.N., vom 25.10.17 - 5 StR 72/17 - juris Rn. 19 und BVerwG, Urteil vom 16.02.17 - 2 WD 14.16 - juris Rn. 34). Danach ist eine Gesamtschau auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung der Persönlichkeit des Angeschuldigten und deren Entwicklung, der Vorgeschichte, dem unmittelbaren Anlass und der Ausführung der Tat sowie seines Verhaltens nach der Tat erforderlich. Dabei ist in den Blick zu nehmen, dass für die Schwere der Persönlichkeitsstörung maßgebend ist, ob es im Alltag außerhalb des angeklagten Delikts zu Einschränkungen des beruflichen und sozialen Handlungsvermögens gekommen ist. Erst wenn ein entsprechendes Muster des Denkens, Fühlens oder Verhaltens sich im Zeitverlauf als stabil erwiesen hat, können die psychiatrischen Voraussetzungen vorliegen, die rechtlich als Merkmal der "schweren anderen seelischen Abartigkeit" angesehen werden. Da es sich bei einer Anpassungsstörung und einer "narzisstischen Persönlichkeit(sstörung)" bzw. einer "deutlich narzisstischen Persönlichkeitsakzentuierung" um ein eher unspezifisches Störungsbild handelt, das immer noch als - möglicherweise extreme - Spielart menschlichen Wesens einzuordnen ist, ist dies erst dann der Fall, wenn der Täter aus einem mehr oder weniger unwiderstehlichen Zwang heraus gehandelt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 06.06.20 - 2 StR 568/19 - juris Rn. 13).
"Eine andere seelische Abartigkeit i.S.d. § 20 StGB liegt bei einer nicht pathologisch bedingten Anpassungs- und Persönlichkeitsstörung nur vor, wenn sie in ihrem Gewicht einer krankhaften seelischen Störung gleichkommt und Symptome aufweist, die in ihrer Gesamtheit das Leben des Täters vergleichbar schwer und mit ähnlichen Folgen stören, belasten oder einengen."
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(3) Klassische Milderungsgründe in der Person des Soldaten oder in den Umständen der Tat liegen hingegen nicht vor.
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(a) Es gibt keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Soldat das Dienstvergehen ganz oder zeitweise im Zustand verminderter Schuldfähigkeit i.S.d. § 21 StGB beging, weil seine Fähigkeit, das Unrecht der Taten einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 StGB bezeichneten Gründe bei Begehung der Taten erheblich vermindert gewesen wäre.
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Zwar ist den Entlassungsbriefen über die stationären Aufenthalte des Soldaten zu entnehmen, dass er jedenfalls ab Mitte 2016 an einer Anpassungsstörung (ICD-10 F 43.2 ) und jedenfalls ab dem Frühjahr 2017 zudem an einer "narzisstischen Persönlichkeit(sstörung)" (ICD-10 F 60.8 ) bzw. einer "deutlich narzisstischen Persönlichkeitsakzentuierung" litt.
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Dieser Befund begründet aber noch keine schwere andere seelische Abartigkeit, die hier als Eingangsmerkmal i.S.d. § 20 StGB allein in Betracht kommt. Eine solche liegt bei einer nicht pathologisch bedingten Anpassungs- und Persönlichkeitsstörung nur vor, wenn sie in ihrem Gewicht einer krankhaften seelischen Störung gleichkommt und Symptome aufweist, die in ihrer Gesamtheit das Leben des Täters vergleichbar schwer und mit ähnlichen Folgen stören, belasten oder einengen (vgl. BGH, Urteile vom 26.04.07 - 4 StR 7/07 - juris Rn. 7 m.w.N., vom 25.10.17 - 5 StR 72/17 - juris Rn. 19 und BVerwG, Urteil vom 16.02.17 - 2 WD 14.16 - juris Rn. 34). Danach ist eine Gesamtschau auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung der Persönlichkeit des Angeschuldigten und deren Entwicklung, der Vorgeschichte, dem unmittelbaren Anlass und der Ausführung der Tat sowie seines Verhaltens nach der Tat erforderlich. Dabei ist in den Blick zu nehmen, dass für die Schwere der Persönlichkeitsstörung maßgebend ist, ob es im Alltag außerhalb des angeklagten Delikts zu Einschränkungen des beruflichen und sozialen Handlungsvermögens gekommen ist. Erst wenn ein entsprechendes Muster des Denkens, Fühlens oder Verhaltens sich im Zeitverlauf als stabil erwiesen hat, können die psychiatrischen Voraussetzungen vorliegen, die rechtlich als Merkmal der "schweren anderen seelischen Abartigkeit" angesehen werden. Da es sich bei einer Anpassungsstörung und einer "narzisstischen Persönlichkeit(sstörung)" bzw. einer "deutlich narzisstischen Persönlichkeitsakzentuierung" um ein eher unspezifisches Störungsbild handelt, das immer noch als - möglicherweise extreme - Spielart menschlichen Wesens einzuordnen ist, ist dies erst dann der Fall, wenn der Täter aus einem mehr oder weniger unwiderstehlichen Zwang heraus gehandelt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 06.06.20 - 2 StR 568/19 - juris Rn. 13).
Häufiger als die Disziplinargerichte befassen sich die Strafgerichte mit Fragen der Schuldfähigkeit.
Dabei geht es oft um Fälle von solcher Schwere, dass ein Beamtenverhältnis wegen der Höhe einer Freiheitsstrafe kraft Gesetzes enden würde, ohne dass die Disziplinargerichte noch entscheiden müssten.
Sehr bedrückend liest sich zum Beispiel zur Frage der verminderten Schuldfähigkeit bei Pädophilie der Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 10.01.19 - 1 StR 574/18 -, den Sie auf der Internetseite des Gerichts finden.