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Disziplinarrecht: Besitz kinderpornografischer Schriften als Dienstvergehen

Einleitung / Übersicht - Kinderpornographie und ähnliche Probleme im Disziplinarrecht Strafgesetzbuch (Auszug) Posing-Darstellungen und Nacktbilder Wer stellt fest, ob wirklich kinderpornographisches Material vorliegt? Hat man an gelöschten Bilddateien noch Besitz? Rechtsprechung, teils überholt Sehr lange zurückliegende Tat/ Soldat/ vermindert schuldfähig wegen Alkohol/ BVerwG, 19.06.19 - BVerwG 2 WD 21.18 veraltete Entscheidungen BVerwG BVerwG 18.06.15 speziell zu dem Dienstvergehen von Polizeibeamten BayVGH 2019 / Lehrer und Besitz von Kinderpornographie / Aberkennung des Ruhegehalts OVG Schleswig 2016 - Aufnahme einer Therapie rettet nicht vor Aberkennung der Pension VGH BW 2009: Lehrer BVerfG 2008: Staatsanwalt

Die mehrfach geänderten Straftatbestände, die den Erwerb oder Besitz und die Verbreitung kinderpornografischer und seit November 2008 auch jugendpornographischer Schriften verbieten, gibt es im Strafgesetzbuch seit 1994.
Zuvor war der Besitz solcher Bilder und Dateien nicht strafbar.
Im Laufe der Jahre gab es dann mehrfache - oder soll man sagen: ständige - Veränderungen der gesetzlichen Regelungen, in aller Regel Erweiterungen der Tatbestände oder Strafschärfungen. Diese Änderungen sind wichtig, weil das Disziplinarrecht bei der Bemessung von Sanktionen in gewisser Weise an die Regelungen im Strafgesetzbuch gekoppelt ist.
Was die Gesetzesänderung im November 2008 (mit der Ausweitung auf jugendpornographische Schriften) mit sich brachte, können Sie einem Überblick in NJW 2008, 3522 ff. entnehmen.

Das Strafgesetzbuch spricht in § 184 c StGB seit 2008 auch von jugendpornographischen Schriften und bezieht den Kreis der 14 bis 18 Jahre alten abgebildeten Personen ein. Es geht also nicht mehr nur um kinderpornografisches Material.

Schon der bloße Besitz kinderpornografischer "Schriften" (also das Herunterladen auf die Festplatte, das teils beim Betrachten automatisch geschieht) ist strafbar. Die Mindeststrafe für den Besitz aus § 184 b Absatz 3 StGB beträgt zur Zeit ein Jahr Freiheitsstrafe, so dass selbst in leichteren Fällen schon durch die strafgerichtliche Verurteilung der Verlust des Beamtenstatus eintreten kann.

Anfang 2014 geriet der Besitz sog. Posing-Bilder zunehmend in die Diskussion, der nach überwiegender Meinung schon seit der Änderung im Jahr 2008 strafbar ist.

Und mit der Änderung von § 201 a StGB im Januar 2015 können nun auch jegliche Bildaufnahmen einer Person unter 18 Jahren strafbar sein, sofern diese unbekleidet ist.
Hierzu empfehlen wir als Einstieg den Aufsatz von Dr. Ralf Busch, "Strafrechtlicher Schutz gegen Kinderpornographie und Missbrauch", in NJW 2015, 977 ff.

Die Bedeutung des Deliktsfeldes "Kinderpornographie" für die disziplinarrechtliche Praxis nahm in den letzten Jahren deutlich zu. Die Gründe dürften u.a. darin zu sehen sein, dass einerseits der Zugriff auf solche Bilddateien durch das Internet erleichtert und andererseits die Aufklärungsarbeit stark intensiviert wurde.
Mancher gerät im Internet eher zufällig an solche Dateien, der Computer lädt sie im Einzelfall vielleicht gar unbemerkt herunter und dann schlummern die Dateien zwei, drei Jahre auf der Festplatte, bis eines Tages die Polizei einen Durchsuchungsbefehl präsentiert und den Computer mitnimmt und ihn auswertet. Selbst in einem solchen Fall droht neben der strafrechtlichen Verurteilung eine harte disziplinarrechtliche Ahndung, ganz zu schweigen von der gesellschaftlichen Ächtung.

Die Bewertung ist von den Einzelheiten des Falles abhängig

Das Strafgesetzbuch gibt mit der Erhöhung der Mindeststrafe für den bloßen Besitz (auf ein Jahr) einen ganz eindeutigen, harten Kurs vor. Kommt es zu einer solchen Verurteilung, ist der Beamtenstatus verloren und ein Disziplinarverfahren wird gar nicht mehr durchgeführt. Das gilt nun für alle Beamten ungeachtet der Laufbahnzugehörigkeit.

Bisher wurde noch differenziert. Dabei waren bestimmte Berufsgruppen besonders hervorgehoben.
Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts zur Bemessung der Disziplinarmaßnahme.

Lehrer

Im Hinblick auf Lehrer hat das Bundesverwaltungsgericht in einem Urteil vom 24.10.19 - BVerwG 2 C 3.18 - entschieden:
"1. Bei einem beamteten Lehrer führt der außerdienstliche Besitz kinderpornographischer Schriften - auch bei geringer Anzahl oder niederschwelligem Inhalt - aufgrund des damit verbundenen Vertrauensverlusts beim Dienstherrn und der Allgemeinheit in aller Regel zur disziplinaren Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.
2. Der konkreten im Wege der Strafzumessung ausgesprochenen Strafe kommt aufgrund der unterschiedlichen Zwecke von Straf- und Disziplinarrecht keine die disziplinare Maßnahmebemessung begrenzende Indizwirkung zu."

Das ist eindeutig und führt eine mehrjährige Diskussion an ihr (vorläufiges?) Ende: Mit dem Beruf des Lehrers ist es unvereinbar, kinderpornographische Dateien zu erwerben, zu besitzen oder gar weiter zu geben.
Aus neuerer Zeit gibt es eine Entscheidung des VGH München, welche die Problematik in aller Breite erörtert.
Wer sich ein Bild über den derzeitigen Stand der Dinge machen will, sollte die Geduld aufbringen, jene Entscheidung durchzuarbeiten. VGH München, Urteil vom 10.07.19 – 16a D 17.1249 - / Lehrer / Aberkennung des Ruhegehalts

Polizeivollzugsbeamte

Wichtig für Polizeibeamte, denen der private Besitz entsprechener Dateien vorgeworfen wird, sind Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.06.15 (2 C 9.14 u.a.). Sie finden die Entscheidung 2 C 9.14 auch in NVwZ 2015, 1680 ff. mit einer sehr aufschlussreichen Anmerkung von Dr. Bernd Wittkowski - sehr lesenswert. Wer mit diesem disziplinarrechtlichen Problem zu tun hat, sollte die Entscheidung und auch die Anmerkung von Herrn Dr. Wittkowski unbedingt auswerten.

Justizvollzugsbeamte

Für Beamte im Justizvollzug hat ein Revisionsverfahren unter dem Aktenzeichen BVerwG 2 C 12.19 Klarheit gebracht, "ob bei der disziplinaren Ahndung des außerdienstlichen Besitzes von kinderpornografischen Schriften bei einem Beamten im Justizvollzugsdienst ein besonderer Bezug zu dem Statusamt des Beamten vorliegt, der nach der Rechtsprechung des Senats unter der Geltung eines gesetzlichen Strafrahmens von bis zu zwei Jahren (§ 184b Abs. 4 StGB a.F.) wie bei beamteten Lehrern und Polizeibeamten dazu führt, dass der Orientierungsrahmen für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis reicht."

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 16.06.20 - BVerwG 2 C 12.19 -

Leitsätze
1. Beim außerdienstlichen Besitz von kinderpornographischen Bild- und Videodateien durch einen Justizvollzugsbeamten ist der Orientierungsrahmen für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme bis zur Höchstmaßnahme eröffnet, weil ein hinreichender Bezug zwischen dem Fehlverhalten und den mit dem Statusamt eines Justizvollzugsbeamten verbundenen Dienstpflichten besteht.
2. Der außerdienstliche Besitz von kinderpornographischen Bild- und Videodateien führt dazu, dass ein Justizvollzugsbeamter wegen der Möglichkeit seiner Verwendung auch im Jugendstrafvollzug (mit den dort seiner Obhut und Gewalt unterstellten Jugendlichen) sowie wegen des mit seinem Fehlverhalten verbundenen Achtungs- und Autoritätsverlusts in erheblicher Weise in der Erfüllung seiner Dienstpflicht beeinträchtigt ist, Sicherheit und Ordnung in der Justizvollzugsanstalt zu gewährleisten.
3. Ein ähnlicher hinreichender Bezug zum Statusamt eines Justizvollzugsbeamten mit der Folge derselben Erweiterung des Orientierungsrahmens ist z.B. bei außerdienstlichen Straftaten gegeben, die mit Gewaltanwendung verbunden sind, oder bei Betäubungsmitteldelikten.
4. Ob und in welcher Weise dem Dienstherrn eine Verwendung des Beamten auf einem Dienstposten möglich ist, auf dem der mit dem Dienstvergehen verbundene Achtungs- und Vertrauensverlust nicht eintritt, ist sowohl bei der Frage des hinreichenden Bezugs zum Statusamt des Beamten als auch im Rahmen der Maßnahmebemessung nicht von Bedeutung.
5. Ob und in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit verloren hat, ist von einem objektiven Standpunkt aus zu bestimmen. Ob das Fehlverhalten im dienstlichen Umfeld des Beamten tatsächlich bereits bekannt geworden ist oder wie dies vermieden werden kann, ist für die Maßnahmebemessung unerheblich.


Soldaten

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 23.04.20 - BVerwG 2 WD 4.19 -

Leitsätze:
1. Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist beim Besitz kinder- und jugendpornografischer Dateien und dem Sichverschaffen des Besitzes davon eine Dienstgradherabsetzung, beim Verbreiten, Verschaffen und Zugänglichmachen der Dateien die Höchstmaßnahme.
2. Die Anzahl an kinder- und jugendpornografischen Dateien, die ein Soldat besitzt, ist ein maßgebliches Kriterium für die Schwere des Dienstvergehens.
3. Der mit einer vorläufigen Dienstenthebung verbundene Arbeitsausfall eines Soldaten ist ihm nicht als nachteilige Folge eines Dienstvergehens i.S.d. § 38 Abs. 1 WDO zur Last zu legen, wenn die Rechtmäßigkeit der vorläufigen Dienstenthebung durchgreifenden Zweifeln unterliegt.


Sonstige Fälle

Wie bei dem Vorwurf des Besitzes kinderpornografischer oder jugendpornografischer Bilder / Bilddateien eine disziplinarrechtliche Sanktion letztlich ausfällt, ist von verschiedenen Faktoren abhängig:

- Wie viele Dateien wurden auf Festplatte, DVD, USB-Stick usw. gefunden?
- Auf welche Art und Weise wurden die pornographischen Dateien erlangt?
- Wie ist die "Qualität" der Dateien?
- Geht es "nur" um Besitz oder auch um Weitergabe, z.B. in Tauschbörsen?
- War das Verhalten rein außerdienstlich oder wurden dienstliche Computer verwandt?
- Ist der Betroffene in der Kinder- oder Jugendarbeit tätig (zum Beispiel als Lehrer) oder zur Strafverfolgung verpflichtet (Polizeibeamter, Staatsanwalt), welches ist sein Statusamt?
- Liegen die Tathandlungen sehr lange zurück?

Ausgangspunkt für die Bemessung der Maßnahme

Wichtig für die Bewertung des Dienstvergehens könnte ein Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.06.14 in der Sache BVerwG 2 B 82.13 sein, zu finden auf der Internetseite des Bundesverwaltungsgerichts.
Man wird die Entscheidung so deuten können: die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ist nicht mehr die Regelmaßnahme. Vielleicht kann man sagen, Orientierungsrahmen sei eher die Kürzung der Dienstbezüge, so weit es nicht um Polizeibeamte, Justizvollzugsbeamte, Staatsanwälte oder Lehrer geht.
In einem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 20.06.14 - OVG 81 DB 2.13 -, den Sie auf der Seite des Gerichts finden, ist auch nicht mehr von einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis die Rede. Das Gericht scheint als Regelmaßnahme eine Zurückstufung anzusehen.
Zwei Entscheidungen vom selben Tag - bedeutsame Unterschiede in den Auffassungen.
Wichtig ist immer, dass eine Erhöhung des Strafrahmens im Strafgesetzbuch auch die disziplinarrechtliche Bewertung grundlegend beeinflussen kann. Beim derzeitigen Stand - Mindeststrafe ein Jahr Freiheitsstrafe - droht jedem Beamten der Verlust seines Berufs. (Maßgeblich ist die Rechtslage zum Tatzeitpunkt!)

Therapie / verminderte Schuldfähigkeit / pädophile Neigung

Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Urteil vom 01.07.20 - 17 A 3/18 -

RN 81
Dass der Beklagte sich schließlich um eine (Sexual-)Therapie bemüht und diese zumindest auch begonnen hat, kann ihn ebenfalls nicht grundlegend entlasten. Zwar können nachträgliche Therapiemaßnahmen bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme mildernd berücksichtigt werden, wenn das Ergebnis der Therapie positiv ausfällt und eine günstige Zukunftsprognose gestellt werden kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.03.2016 – 2 B 43/15 – juris Rdnr. 7 mwN). Insoweit ist indes nichts vorgetragen worden und auch nichts den eingereichten Bescheinigungen zu entnehmen. In der ärztlichen Bescheinigung des Dr. … vom 30.05.2017 wird lediglich festgehalten, dass der Beklagte an vier probatorischen Sitzungen in der sexualmedizinischen Sprechstunde teilgenommen habe. Zu einer sexualmedizinischen Therapie sei es nicht gekommen. Die Bescheinigung des Zentrums für integrative Psychiatrie vom 12.07.2017 bescheinigt ebenfalls lediglich, dass die Behandlung des Beklagten am 14.06.2017 begonnen worden sei und nachfolgend noch drei Termine stattgefunden hätten sowie dass weitere Termine geplant seien. Darüberhinausgehende Aussagen, insbesondere im Hinblick auf den Inhalt, die Entwicklung und eine verlässliche Aussage zum Erfolg der Therapie lassen sich den Bescheinigungen nicht entnehmen.


VGH München, Beschluss v. 11.05.21 – 16a DS 21.1061 -
15 b) Die mit der Beschwerde erhobenen Einwände greifen im Ergebnis nicht durch. Die behaupteten ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der vorläufigen Dienstenthebung liegen nicht vor.
Bei Lehrern wiegt der außerdienstliche Besitz kinderpornografischen Materials besonders schwer, weil hier stets ein enger dienstlicher Bezug gegeben ist. Ein derartiges Verhalten gibt begründeten Anlass zu Zweifeln an der Eignung für den Lehrerberuf.
Ein Lehrer, der sich nach § 184b Abs. 4 StGB a. F. strafbar gemacht hat, bietet keine Gewähr dafür, dass er die ihm dienstlich obliegenden Erziehungsaufgaben mit der erforderlichen Autorität erfüllen kann (stRspr vgl. BayVGH, Urteil vom 10.07.19 - 16a D 17.1249 - Rn. 35, 42, 45 m.w.N.; Urteil vom 10.07.19 - 16a D 17.2126 - juris Rn. 28). Auch unter Berücksichtigung aller durch das Erstgericht zutreffend aufgezeigten (BA S. 15 ff.) be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls ist die Prognose gerechtfertigt, der Beamte werde im Disziplinarverfahren voraussichtlich aus dem Beamtenverhältnis entfernt.
16 c) Ein besonderer Ausnahmefall, der es möglich erscheinen lässt, von der Entfernung des Antragstellers aus dem Dienstverhältnis abzusehen, ist nach der im Rahmen des § 61 Abs. 2 BayDG vorzunehmenden summarischen Prüfung nicht erkennbar. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen und durchgeführten Therapien des Antragstellers.

Das Verwaltungsgericht hat insoweit zutreffend festgestellt (BA S. 20 f.), dass zum Tatzeitpunkt keine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit des Antragstellers vorlag.
Dies folgt aus dem im Strafverfahren eingeholten psychiatrischen Gutachten vom 17. Dezember 2019 (VG-Akte S. 92 ff.), das zu dem Ergebnis kommt, dass von einer eher milden Ausprägung der Störung des gesteigerten sexuellen Verlangens auszugehen ist, zumal die Hauptsymptome süchtigen Verhaltens - fassbare Beeinträchtigung anderer Lebensbereiche insbesondere auch in der Berufsausübung sowie Kontrollverlust - nicht vorhanden waren (Gutachten S. 27). Der Gutachter hat sich ausführlich mit den sich aus den vorgelegten Befundberichten (VG-Akte S. 43 bis 46, 60, 62) ergebenden Diagnosen (mittelgradige depressive Episode ICD-10 F32.1, multiple Störungen und Sexualpräferenz ICD-10 F65.6, ein gesteigertes sexuelles Verlangen ICD-10 F52.7 und sonstige abnorme Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle ICD-10 F63.8) befasst und eine Anwendung des § 21 StGB verneint.
Die vom Antragsteller ohne medizinische Grundlage gezogene Parallele zur Alkoholsucht geht damit fehl.

Das Verwaltungsgericht hat sich zudem eingehend mit dem Einwand auseinandergesetzt, der Antragsteller habe keine pädophilen Neigungen. Gestützt auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 01.10.20 - 2 WD 20.19 - juris Rn. 42) hat es diesen Gesichtspunkt allerdings zutreffend für unerheblich angesehen.

Der Einwand des Antragstellers, das Verwaltungsgericht habe nicht ausgeführt, dass sich seine Therapie auf sein gesteigertes sexuelles Verlangen (ICD-10 F52.7) und nicht auf pädophile Neigungen bezogen habe, greift nicht durch. Denn das Verwaltungsgericht erwähnte sehr wohl das gesteigerte sexuelle Verlangen als Therapieursache, indem es ausführte, „dass der Antragsteller in Bezug auf die in der Vergangenheit attestierten psychischen Erkrankungen erfolgreich eine Therapie absolviert hat, sodass zuletzt - wie sich dem Befund der Praxis für Psychotherapie K. W. vom 8. Januar 2021 entnehmen lässt, ein rückfälliges Verhalten des Antragstellers in die Sexsüchtigkeit nicht aufgetreten ist“. Dass sich der Antragsteller wegen einer Neigung zur Pädophilie einer Therapie unterzogen hätte, wird von dem Erstgericht nicht behauptet.
17 Der Antragsteller lässt offen, woraus er den Schluss zieht, dass bei dem betroffenen Beamten in dem zitierten Verfahren des Senats (Urteil vom 21.1.2015 - 16a D 13.1805) „wohl“ eine pädophile Neigung vorgelegen habe. Entsprechendes lässt sich dem zitierten Urteil nicht entnehmen. Dies kann jedoch dahinstehen, da [durch] eine erfolgreiche Therapie unabhängig davon, ob bei dem Beamten eine pädophile Neigung oder - wie hier - ein gesteigertes sexuelles Verlangen therapiert werden sollte, der Autoritäts- und Ansehensverlust bei Lehrern nicht rückgängig gemacht werden kann (vgl. BVerwG, B.v. 25.5.2012 - 2 B 133.11 - juris Rn. 17). Das durch das strafbare Verhalten des Antragstellers zerstörte Vertrauen lässt sich nicht durch die nachträgliche Korrektur einer früheren negativen Lebensphase rückgängig machen (BayVGH, U. v. 12.7.2006 - 16a D 05.981 - juris Rn. 27).


Frühere Rechtsprechung

Es macht kaum noch Sinn, die vor 2010 liegende Entwicklung der Rechtsprechung im Kontext darzustellen.
Hier nur: 
Das Bundesverfassungsgericht hat im Januar 2008 Stellung bezogen und die Rechtsprechung der Disziplinargerichte bestätigt. Die Entfernung eines Staatsanwalts aus dem Staatsdienst wurde nicht beanstandet.

Eingen guten Überblick über den Stand der Diskussion gibt BayVGH 10.07.19 – 16a D 17.1249 -

Internetsurfen am dienstlichen Computer kann ohnehin Probleme bereiten

Problematisch ist bekanntlich nicht nur der Besitz kinder- und jugendpornographischer Schriften (wie auch natürlich deren Weitergabe und Verbreitung), sondern auch das Surfen im Internet am dienstlichen (oder betrieblichen) Computer. Selbst wenn dabei keine strafbaren Inhalte aufgerufen werden, kann die unerlaubte Nutzung dienstlicher (bzw. betrieblicher) Computer zu Verfahren vor den Disziplinargerichten (bzw. den Arbeitsgerichten) führen.
Hierzu hat sich auch das Bundesarbeitsgericht geäußert, wobei es aber natürlich nicht um Beamte ging, für die die Disziplinargerichte zuständig sind.


Sollten Sie bereits in ein Disziplinarverfahren verwickelt sein oder sollten Sie nach eigenem Empfinden meinen, dass Sie hier ein Problem haben könnten: wir können Ihnen nur raten, frühzeitig und ernsthaft fachlichen Rat zu suchen, etwa bei der Charité in Berlin, dem UKE in Hamburg, einem Arzt oder Psychologen Ihres Vertrauens.
Aber der Beweggrund sollte nicht sein, dass Sie sich taktische Vorteile für das Disziplinarverfahren versprechen. Zu dieser Frage äußert sich das OVG Lüneburg in einem Urteil vom 12.03.13 - 6 LD 4/11 -.
Die Rechtsprechung vertritt meistens folgende Meinung: Nachträgliche Therapiemaßnahmen können bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme nur mildernd berücksichtigt werden, wenn das Ergebnis der Therapie positiv ausfällt und eine günstige Zukunftsprognose gestellt werden kann (BVerwG, B.v. 22.03.16 - 2 B 43.15 - Rn. 7 m.w.N.; BayVGH, Beschluss v. 16.09.20 – 16b DS 20.1693, RN 17 ).




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Disziplinarrecht / Übersicht Dienstvergehen / Übersicht
A. Grundlagen Dienstvergehen: Einführung Gesetzesgrundlage Pflichtenverstoß innerdienstlich/außerdienstlich? Bagatelle kein Dienstvergehen Einheit des Dienstvergehens Versuch des Dienstvergehens Schuldfähigkeit Schuldunfähigkeit Verminderte Schuldfähigkeit? BVerwG 2 c 59.07
Schwerbehinderte Beamte Pensionierung
B. Beispiele Alkoholabhängigkeit Amtsarztuntersuchung Anabolika Arbeitszeitbetrug Bestechlichkeit Betrug im Dienst Betrug / Trennungsgeldbetrug Chatgruppen Diebstahl im Dienst / Spielsucht Diebstahl an hilfloser Person Diebstahl außerdienstlich Drogendelikt / Beihilfe Drogenerwerb Fernbleiben vom Dienst Flucht in die Öffentlichkeit Gesunderhaltungspflicht Impfpflicht / Soldaten / Beamte Internetauftritt Kinderpornografie / Übersicht Körperverletzung im Amt Meineid Nebentätigkeit Nichtbefolgen von Weisung Reaktivierung abgelehnt
sexuell gefärbtes Verhalten Sexuelle Verfehlungen / Übersicht Schutz der Privatsphäre sexuelle Handlung Lehrer Verhältnis Lehrer/Schülerin sexuelle Belästigung sexuelle Belästigung Verhältnis / Belästigung Kinderpornografie Strafgesetzbuch Posing-Darstellungen Entfernung aus dem Dienst droht Verfahrensrechtliches Besitz von Bilddateien Bundesverwaltungsgericht weit zurückliegende Tat/ Alkohol veraltete Entscheidungen BVerwG BVerwG 18.06.15/ Polizist Andere Gerichte BayVGH 2019/ Lehrer OVG Schleswig 2016/ Lehrer VGH BW 2009: Lehrer BVerfG 2008: Staatsanwalt Kindesmissbrauch Kindesmissbrauch BVerwG 25.03.10
Gewerberecht: Fahrlehrer
Steuerhinterziehung Kein Streikrecht für Beamte Trunkenheitsfahrt Unfallflucht als Dienstvergehen Untreue, § 266 StGB Verfassungstreue Verrat von Dienstgeheimnissen Vorteilsnahme Vorteilsnahme 2 Zugriffsdelikte








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