Konkurrentenschutz / müssen Beurteilungszeiträume gleich sein?
Die Gerichte sind unterschiedlicher Meinung in der Frage, in wie weit sich die Beurteilungen auf gleiche Beurteilungszeiträume beziehen müssen.
Der nachstehende Beschluss des OVG NRW akzeptiert zum einen ein Nebeneinander von Regelbeurteilungen und Anlassbeurteilungen in einem Auswahlverfahren und erklärt dazu, dass in diesem Fall gleiche Beurteilungszeiträume nicht gefordert werden könnten.
Das Verwaltungsgericht war noch anderer Meinung gewesen.
OVG NRW, Beschluss vom 26.01.09 - 6 B 1594 / 08
Der angefochtene Beschluss wird mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert.
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Der angefochtene Beschluss wird mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert.
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
Es ist nicht erkennbar, dass der Antragsgegner bei der Auswahl unter den Bewerbern den Grundsatz der Bestenauslese missachtet hat. Eine Missachtung dieses Grundsatzes folgt insbesondere nicht daraus, dass der Anlassbeurteilung des Antragstellers ein deutlich längerer Beurteilungszeitraum zu Grunde liegt als den Regelbeurteilungen der Beigeladenen. Dieser Unterschied bei den Beurteilungen trägt nicht von vornherein die Vermutung in sich, die Auswahlentscheidung stütze sich mangels Vergleichbarkeit dieser Beurteilungen auf eine unzulängliche Tatsachengrundlage.
Allein aus der Art der Beurteilung als Regel- oder Anlassbeurteilung ergibt sich noch keine Einschränkung der Vergleichbarkeit. Die Anlassbeurteilung ist vielmehr unverzichtbar, um gerade bei dem nicht seltenen Fehlen aktueller Regelbeurteilungen den verfassungsrechtlich verlangten Qualifikationsvergleich zwischen den Bewerber zu ermöglichen. Daraus folgt zugleich, dass im Verhältnis von Regel- und Anlassbeurteilungen nicht dieselben strengen Anforderungen an die Vergleichbarkeit gestellt werden können, wie sie von der Rechtsprechung für die Regelbeurteilungen entwickelt worden sind. Namentlich die Auffassung, dass die für Regelbeurteilungen notwendige höchstmögliche Vergleichbarkeit grundsätzlich nur dann gewährleistet ist, wenn auch die Beurteilungsstichtage und die erfassten Beurteilungszeiträume gleich sind, lässt sich auf Anlassbeurteilungen nicht übertragen, weder im Verhältnis zueinander noch im Verhältnis zu Regelbeurteilungen. Eine gegenteilige Betrachtung stieße an praktische Grenzen und würde die andersartige Funktion von Anlassbeurteilungen vernachlässigen.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8.06.06 - 1 B 195/06 -.
Ein Beurteilungssystem, dass wie hier grundsätzlich Regelbeurteilungen vorsieht und nur in bestimmten Fallgestaltungen ergänzend Anlassbeurteilungen zulässt, nimmt zwangsläufig unterschiedliche Beurteilungszeiträume und einen unterschiedlichen Aktualitätsgrad der Beurteilungen, die im Einzelfall einer Auswahlentscheidung zu Grunde gelegt werden müssen, in Kauf. Das lässt sich auch deshalb nicht vermeiden, weil der Bewerberkreis, aus dem auszuwählen ist, nicht von vornherein feststeht, sondern von Fallumständen bestimmt wird, die sich einer Vereinheitlichung schon auf der Beurteilungsebene entziehen. Solche Unterschiede sind aus Praktikabilitätsgründen hinzunehmen, solange im Einzelfall ein Qualifikationsvergleich auf der Grundlage dieser Beurteilungen ohne ins Gewicht fallende Benachteiligung eines Bewerbers nach Bestenauslesegrundsätzen möglich bleibt. Dabei ist zu bedenken, dass es bei dem angestrebten Ziel, nämlich der Auswahl des Bestqualifizierten, auch um ein Optimierungsproblem geht, bei dem tendenziell gegenläufige Aspekte in einen praxisgerechten Ausgleich gebracht werden müssen. Es würde das hier gewählte Beurteilungssystem, das der Regelbeurteilung grundsätzlich den Vorzug gibt, ins Gegenteil verkehren, wenn zur Vermeidung der angesprochenen Unterschiede Anlassbeurteilungen zu fordern wären. Vielmehr müssen solche Unterschiede auf der Ebene der Auswahlentscheidung erkannt und in einer plausiblen Weise ausgeglichen werden. Davon ausgehend wird im Regelfall den Anforderungen genügt sein, wenn die Beurteilungen im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung für sich genommen hinreichend aktuell sind, die ihnen jeweils zu Grunde liegenden Beurteilungszeiträume ausreichend lang sind, um eine verlässliche Aussage zur Eignung, Leistung und Befähigung der Beurteilten zuzulassen und keine - über die formalen Unterschiede auf der Beurteilungsebene hinausgehenden - sachlichen Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sich gerade diese Unterschiede zum Vor- oder Nachteil eines Bewerbers ausgewirkt haben.
Im Streitfall ist nichts dafür erkennbar, dass die Unterschiede in den maßgeblichen Beurteilungen einen Qualifikationsvergleich zwischen dem Antragsteller und den Beigeladen trotz der bei der Auswahlentscheidung selbst gegebenen Korrekturmöglichkeiten ohne Benachteiligung eines Bewerbers nicht zugelassen hätten. Insbesondere ist ein zu Lasten des Antragstellers gehender Aktualitätsnachteil, der bereits auf der Beurteilungsebene hätte vermieden werden müssen, zu verneinen. Der nach den letzten Regelbeurteilungen erfolgte personelle Wechsel im Bereich der Beurteiler bietet keinen Anhaltspunkt dafür, dass sich der der Anlassbeurteilung des Antragstellers zu Grunde liegende längere Beurteilungszeitraum, innerhalb dessen der Wechsel vollzogen worden ist, nachteilig auf diese Beurteilung ausgewirkt hat. Sofern Beurteilungen verfahrensmäßig und inhaltlich nach denselben Beurteilungsrichtlinien erstellt werden, ist die Person des Beurteilers, wenn dieser den darin gestellten Anforderungen entspricht, grundsätzlich ohne Bedeutung.
Der Antragsteller hat schließlich nicht glaubhaft gemacht, dass entgegen den Darstellungen des Antragsgegners ... die Beigeladenen die rechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Zulage ... im gehobenen technischen Dienst nicht erfüllen. ... Ebenso wenig spielt es eine Rolle, ob der Antragsgegner bei der Auswahlentscheidung Überlegungen zu den von den Bewerbern wahrgenommenen Funktionen angestellt hat. Maßgeblich ist, dass die Beigeladenen tatsächlich dem gehobenen technischen Dienst angehören und sich ihre Funktionen von denen der Besoldungsgruppe A 13 abheben.