Bewerbung eines Beamten auf mehrere Beförderungsstellen
Ein Beamter kann sich selbstverständlich gleichzeitig auf mehrere zu vergebende Beförderungsstellen bewerben. Zu jedem der Auswahlverfahren entsteht dann mit seiner Bewerbung sein Bewerbungsverfahrensanspruch. Es können nicht einzelne seiner Bewerbungen allein deshalb abgelehnt werden, weil er in anderen Auswahlverfahren bessere Chancen hat oder gar ausgewählt wurde.
Früher oder später wird sich der Bewerber aber entscheiden müssen, ob er die Stelle, für die man ihn ausgewählt hat, annehmen will. Oft bittet die auswählende Stelle um eine solche Erklärung.
Kommt es an dieser Stelle zu Rechtsstreitigkeiten, werden wohl die Umstände des Einzelfalles sorgfältig zu betrachten sein.
Die grundsätzliche Frage, ob Mehrfachbewerbungen zulässig sind, dürfte mit dem nachfolgenden Beschluss richtig entschieden sein.
OVG Lüneburg, Beschluss vom 06.08.19, 5 ME 116/19
Verstoß gegen Art. 33 II GG, wenn ein Beamter mit der Begründung aus dem Leistungsvergleich ausgeschlossen worden ist, dass er in einem zeitgleich laufenden anderen Bewerbungsverfahren als der am besten geeignete Bewerber ausgewählt worden sei.
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...
Nicht mit dem Leistungsgrundsatz vereinbar ist indes, dass die Antragsgegnerin sodann den Antragsteller, der in seiner letzten dienstlichen Beurteilung die Gesamtnote „2“ erhalten hat, aus dem verbleibenden Bewerberkreis mit der Begründung ausgeschlossen hat, er sei in einem anderen, zeitgleich laufenden Bewerbungsverfahren als der am besten geeignete Bewerber ausgewählt worden. Ein - wie hier - an den Maßstäben des Art. 33 Abs. 2 GG ausgerichtetes Auswahlverfahren darf zwar nachträglichen Einschränkungen nur aus Gründen unterworfen werden, die den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG gerecht werden (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 28.02.07 - 2 BvR 2494/06 -, juris Rn. 6 m. w. Nw.), und die Antragsgegnerin hat - wie dargestellt - den Ausschuss des Antragstellers aus dem streitgegenständlichen Bewerbungsverfahren mit Leistungsgesichtspunkten - nämlich dem nach Leistungsgesichtspunkten erfolgten „Zuschlag“ in einem anderen Bewerbungsverfahren - begründet. Dieser Gesichtspunkt ist aber deshalb nicht geeignet, eine nachträgliche Beschränkung des Bewerberkreises zu rechtfertigen, weil ein Bewerbungsverfahrensanspruch auf das konkrete Stellenbesetzungsverfahren mit dem dort bestehenden Bewerberkreis bezogen ist (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 28.02.07, a. a. O., Rn. 7; BVerwG, Urteil vom 03.12.14 - BVerwG 2 A 3.13 -, juris Rn. 16, 22). Dem Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers in Bezug auf den streitgegenständlichen Dienstposten „Disponent/-in Feuerwehreinsatzzentrale“ beim E. in F-Stadt wird nicht dadurch Rechnung getragen, dass er die Möglichkeit hat, sich in einem anderen Auswahlverfahren gegenüber einem (ggf. teilweise) anderen Bewerberfeld nach Maßgabe des Leistungsgrundsatzes zu behaupten (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 08.01.16 - 5 ME 195/15 -).
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Dementsprechend hat das Verwaltungsgericht zutreffend herausgestellt, dass ein Bewerbungsverfahren - auch, wenn sich ein Bewerber zeitgleich auf weitere ausgeschriebene Dienstposten beworben hat - jeweils für sich genommen nach leistungsbezogenen Kriterien zu behandeln und zu entscheiden ist. Dies hat ggf. zur Konsequenz, dass ein Bewerber, der in mehreren zeitgleich laufenden Bewerbungsverfahren nach Leistungsgesichtspunkten als der beste ausgewählt wird, die Wahl hat, welchen Dienstposten er antreten will. Soweit die Antragsgegnerin diesem Ergebnis entgegenhält,
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es führe in einem Teil der öffentlichen Verwaltung wie dem vorliegend betroffenen Geschäftsbereich des K. aufgrund der Vielzahl von regelmäßig zu besetzenden, oftmals naturgemäß in den Anforderungen ähnlichen bis gleichen Dienstposten zu derart erheblichen Verzögerungen bei der Stellenbesetzung, dass dies eine ordnungsgemäße Erfüllung der wahrzunehmenden Aufgaben erheblich erschweren, wenn nicht teilweise sogar vereiteln würde,
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überzeugt diese Argumentation den beschließenden Senat nicht. Abgesehen davon, dass jede Verwaltung so organisiert sein muss, Vakanzen durch Vertretungsregelungen zu überbrücken, ist nicht ersichtlich, warum allein der Aspekt der Mehrfachbewerbung zu einer nicht mehr hinnehmbaren Stellenblockade sollte führen können. Denn die Antragsgegnerin kann in den jeweiligen Auswahlverfahren in Anwendung des Leistungsgrundsatzes Reihungen/Rangfolgen bilden und dementsprechend - wenn der erstplatzierte Bewerber seine Bewerbung zurückzieht, weil er auch in einem anderen Bewerbungsverfahren den „Zuschlag“ erhalten hat und den dortigen Dienstposten antreten möchte - den Zweitplatzierten auswählen.
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Die Antragsgegnerin kann dem Antragsteller auch nicht mit Erfolg vorhalten,
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er habe dadurch, dass er sich auf mehrere Beförderungsdienstposten gleichzeitig beworben habe, zum Ausdruck gebracht, dass er an der Übernahme jedes dieser Dienstposten Interesse habe und zeitgleich sein „Risiko“ zu vermindern suche, im Hinblick auf eine erstrebte Beförderung weiter zuwarten zu müssen; wenn der Antragsteller also für einen der parallel ausgeschriebenen Dienstposten ausgewählt werde, erleide er keinen Nachteil, sondern es erfülle sich im Gegenteil seine Hoffnung auf Übertragung eines Beförderungsdienstpostens.
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Diese Ausführungen lassen unberücksichtigt, dass es dem Beamten regelmäßig nicht allein um die „Beförderung an sich“ geht, sondern dass bei einer Bewerbung um einen Beförderungsdienstposten - insbesondere bei einer Bundesverwaltung mit unterschiedlichen, im ganzen Bundesgebiet liegenden Standorten - die konkrete Dienstpostenausgestaltung von besonderem Interesse ist.
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Soweit die Antragsgegnerin darauf hinweist, es stehe grundsätzlich in ihrem Organisationsermessen, eine Stelle als Beförderungsstelle auszuschreiben oder sich dafür zu entscheiden, sie „höhengleich“ zu besetzen, ist diese Rechtsauffassung zwar zutreffend. Wenn sich die Antragsgegnerin jedoch - wie hier - dafür entschieden hat, mehrere ähnliche, aber an unterschiedlichen Standorten belegene, nach der Besoldungsgruppe A 9 bewertete Dienstposten weitgehend zeitgleich als Beförderungsdienstposten auszuschreiben, muss sie sich hieran „festhalten“ lassen und jedes Bewerbungsverfahren für sich genommen nach leistungsbezogenen Gesichtspunkten behandeln und entscheiden.
Verstoß gegen Art. 33 II GG, wenn ein Beamter mit der Begründung aus dem Leistungsvergleich ausgeschlossen worden ist, dass er in einem zeitgleich laufenden anderen Bewerbungsverfahren als der am besten geeignete Bewerber ausgewählt worden sei.
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Nicht mit dem Leistungsgrundsatz vereinbar ist indes, dass die Antragsgegnerin sodann den Antragsteller, der in seiner letzten dienstlichen Beurteilung die Gesamtnote „2“ erhalten hat, aus dem verbleibenden Bewerberkreis mit der Begründung ausgeschlossen hat, er sei in einem anderen, zeitgleich laufenden Bewerbungsverfahren als der am besten geeignete Bewerber ausgewählt worden. Ein - wie hier - an den Maßstäben des Art. 33 Abs. 2 GG ausgerichtetes Auswahlverfahren darf zwar nachträglichen Einschränkungen nur aus Gründen unterworfen werden, die den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG gerecht werden (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 28.02.07 - 2 BvR 2494/06 -, juris Rn. 6 m. w. Nw.), und die Antragsgegnerin hat - wie dargestellt - den Ausschuss des Antragstellers aus dem streitgegenständlichen Bewerbungsverfahren mit Leistungsgesichtspunkten - nämlich dem nach Leistungsgesichtspunkten erfolgten „Zuschlag“ in einem anderen Bewerbungsverfahren - begründet. Dieser Gesichtspunkt ist aber deshalb nicht geeignet, eine nachträgliche Beschränkung des Bewerberkreises zu rechtfertigen, weil ein Bewerbungsverfahrensanspruch auf das konkrete Stellenbesetzungsverfahren mit dem dort bestehenden Bewerberkreis bezogen ist (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 28.02.07, a. a. O., Rn. 7; BVerwG, Urteil vom 03.12.14 - BVerwG 2 A 3.13 -, juris Rn. 16, 22). Dem Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers in Bezug auf den streitgegenständlichen Dienstposten „Disponent/-in Feuerwehreinsatzzentrale“ beim E. in F-Stadt wird nicht dadurch Rechnung getragen, dass er die Möglichkeit hat, sich in einem anderen Auswahlverfahren gegenüber einem (ggf. teilweise) anderen Bewerberfeld nach Maßgabe des Leistungsgrundsatzes zu behaupten (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 08.01.16 - 5 ME 195/15 -).
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Dementsprechend hat das Verwaltungsgericht zutreffend herausgestellt, dass ein Bewerbungsverfahren - auch, wenn sich ein Bewerber zeitgleich auf weitere ausgeschriebene Dienstposten beworben hat - jeweils für sich genommen nach leistungsbezogenen Kriterien zu behandeln und zu entscheiden ist. Dies hat ggf. zur Konsequenz, dass ein Bewerber, der in mehreren zeitgleich laufenden Bewerbungsverfahren nach Leistungsgesichtspunkten als der beste ausgewählt wird, die Wahl hat, welchen Dienstposten er antreten will. Soweit die Antragsgegnerin diesem Ergebnis entgegenhält,
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es führe in einem Teil der öffentlichen Verwaltung wie dem vorliegend betroffenen Geschäftsbereich des K. aufgrund der Vielzahl von regelmäßig zu besetzenden, oftmals naturgemäß in den Anforderungen ähnlichen bis gleichen Dienstposten zu derart erheblichen Verzögerungen bei der Stellenbesetzung, dass dies eine ordnungsgemäße Erfüllung der wahrzunehmenden Aufgaben erheblich erschweren, wenn nicht teilweise sogar vereiteln würde,
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überzeugt diese Argumentation den beschließenden Senat nicht. Abgesehen davon, dass jede Verwaltung so organisiert sein muss, Vakanzen durch Vertretungsregelungen zu überbrücken, ist nicht ersichtlich, warum allein der Aspekt der Mehrfachbewerbung zu einer nicht mehr hinnehmbaren Stellenblockade sollte führen können. Denn die Antragsgegnerin kann in den jeweiligen Auswahlverfahren in Anwendung des Leistungsgrundsatzes Reihungen/Rangfolgen bilden und dementsprechend - wenn der erstplatzierte Bewerber seine Bewerbung zurückzieht, weil er auch in einem anderen Bewerbungsverfahren den „Zuschlag“ erhalten hat und den dortigen Dienstposten antreten möchte - den Zweitplatzierten auswählen.
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Die Antragsgegnerin kann dem Antragsteller auch nicht mit Erfolg vorhalten,
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er habe dadurch, dass er sich auf mehrere Beförderungsdienstposten gleichzeitig beworben habe, zum Ausdruck gebracht, dass er an der Übernahme jedes dieser Dienstposten Interesse habe und zeitgleich sein „Risiko“ zu vermindern suche, im Hinblick auf eine erstrebte Beförderung weiter zuwarten zu müssen; wenn der Antragsteller also für einen der parallel ausgeschriebenen Dienstposten ausgewählt werde, erleide er keinen Nachteil, sondern es erfülle sich im Gegenteil seine Hoffnung auf Übertragung eines Beförderungsdienstpostens.
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Diese Ausführungen lassen unberücksichtigt, dass es dem Beamten regelmäßig nicht allein um die „Beförderung an sich“ geht, sondern dass bei einer Bewerbung um einen Beförderungsdienstposten - insbesondere bei einer Bundesverwaltung mit unterschiedlichen, im ganzen Bundesgebiet liegenden Standorten - die konkrete Dienstpostenausgestaltung von besonderem Interesse ist.
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Soweit die Antragsgegnerin darauf hinweist, es stehe grundsätzlich in ihrem Organisationsermessen, eine Stelle als Beförderungsstelle auszuschreiben oder sich dafür zu entscheiden, sie „höhengleich“ zu besetzen, ist diese Rechtsauffassung zwar zutreffend. Wenn sich die Antragsgegnerin jedoch - wie hier - dafür entschieden hat, mehrere ähnliche, aber an unterschiedlichen Standorten belegene, nach der Besoldungsgruppe A 9 bewertete Dienstposten weitgehend zeitgleich als Beförderungsdienstposten auszuschreiben, muss sie sich hieran „festhalten“ lassen und jedes Bewerbungsverfahren für sich genommen nach leistungsbezogenen Gesichtspunkten behandeln und entscheiden.