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Laufbahnverlaufsmodell Polizei Hamburg bis 2010 - Entscheidung des Berufungsgerichts

Das Hamburgische Oberverwaltungsgericht hat mit Urteilen vom 20.05.11 (u. a. 1 Bf 310/09) folgende Meinung zu dem LVM der Polizei Hamburg geäußert und mit seinen Urteilen die Schadensersatzansprüche von Beamten bestätigt, die damals übergangen worden waren.
Das Urteil gründet sich auf Art. 33 II GG - Prinzip der Bestenauslese - und befasst sich zunächst mit der Zulässigkeit von Regelverweilzeiten als Voraussetzung für eine Beförderung.
Dann wendet es sich konkret den Geschehnissen in Hamburg im Jahre 2008 zu, als eine Regelverweilzeit von sieben Jahren vorausgesetzt wurde, und spricht dem damals übergangenen Beamten eine Entschädigung dafür zu, dass er zu Unrecht erst später befördert wurde. In jenem Teil werden die Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs genauer erläutert (Schaden, rechtswidriges Vorgehen, Kausalität, Verschulden des Dienstherrn).
Aus der Entscheidung:
b. Das Auswahlkriterium der Regelverweilzeit von sieben Jahren im Amt eines Polizeikommissars (A 9) mit und ohne Anrechnung eines Teiles der im Amt eines Polizeihauptmeisters verbrachten Zeiten für eine Beförderung nach A 10 verletzt Art. 33 Abs. 2 GG.
b. a. Die öffentliche Verwaltung kann den Kreis der Bewerber für ein zur Verfügung stehendes öffentliches Amt im Rahmen der ihr zustehenden Personal- und Organisationshoheit auf Grund sachlicher Erwägungen einengen (BVerfG, Beschluss vom 11.11.1999, ZBR 2000, 377). Zu den sachlichen Erwägungen, die den Bewerberkreis einengen können, zählen die Vorprägung der Auswahlentscheidung durch das Anforderungsprofil der zu besetzenden Stelle (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.02.10, 2 C 22.09; Urteil vom 28.10.04, BVerwGE 122,147), die Rücksichtnahme auf personalpolitische Erwägungen eines anderen Dienstherrn hinsichtlich der Einbeziehung von Versetzungsbewerbern (BVerfG, Beschluss vom 11.11.1999, a.a.O.), die Beschränkung des Bewerberkreises auf Angehörige des internen Arbeitsmarktes (OVG Hamburg, Beschluss vom 29.12.05) sowie sonstige Belange, wenn ihnen außerhalb von Art. 33 Abs. 2 GG Verfassungsrang eingeräumt ist (BVerwG, Beschluss vom 28.10.04, a.a.O.).
Soweit es nicht um die Abwendung einer unmittelbar drohenden Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Verwaltung geht, also nur um Fragen des optimierenden Ausgleichs mit anderen verfassungsgeschützten Interessen, bedarf die Berücksichtigung solcher Belange einer gesetzlichen Grundlage, die ihrerseits dem Zweck des Art. 33 Abs. 2 GG Rechnung trägt (BVerwG, Urteil vom 25.02.10, BVerwGE 136, 140; Urteil vom 28.10.04, a.a.O.; Beschluss vom 24.09.08, DöD 2009, 99).
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 28.10.04, a.a.O., ausgeführt, dass Art. 33 Abs. 2 GG den Dienstherrn hindert, ein Mindestdienstalter für Beförderungsmöglichkeiten und die damit verbundene Wartezeit aus anderen als unmittelbar leistungsbezogenen Gesichtspunkten vorzuschreiben. Die Beschränkung des Leistungswettbewerbs auf einen nach Dienstalter zusammengestellten Bewerberkreis trage dem von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten unbeschränkten und vorbehaltlosen Geltungsanspruch des Leistungsgrundsatzes nicht Rechnung.
Das personalpolitische Interesse an ausgewogenen Altersstrukturen habe keinen verfassungsrechtlichen Stellenwert. Die verfassungsrechtlich gewährleistete exekutive Organisationsgewalt erstrecke sich zwar auch auf die personelle Ausstattung des öffentlichen Dienstes. Sie könne sich aber ihrerseits nur im Rahmen der verfassungsrechtlichen Vorgaben entfalten, zu denen der Leistungsgrundsatz gemäß Art. 33 Abs. 2 GG gehöre. Wartezeiten für Beförderungen stünden nur dann mit dem Leistungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG im Einklang, wenn diese geeignet und erforderlich seien, um eine zuverlässige Beurteilung des Leistungsvermögens und eine fundierte Prognose über die voraussichtliche Bewährung in einem höheren Amt zu ermöglichen. Diese dürften nicht länger bemessen sein als der für die Regelbeurteilungen vorgesehene Zeitraum (BVerwG, Urteil vom 28.10.04, a.a.O).

Gleiches gilt in den Fällen, in denen sich die Wartezeiten nicht aus dem Dienstalter sondern als "Regelverweilzeit" ergeben. Bei der Anwendung des dem Dienstherrn im Rahmen des Leistungsgrundsatzes eingeräumten Beurteilungsspielraumes ist er verpflichtet, neben dem Interesse an der bestmöglichen Besetzung einer Beförderungsstelle auch dem Interesse des Beamten an einem angemessenen beruflichen Aufstieg Rechnung zu tragen. Deshalb darf er den Beamten nicht aus unsachlichen Gründen von der Beförderung ausschließen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.09.08, a.a.O.).

b. b. Der Ausschluss der Polizeibeamten von der Auswahl für ein Beförderungsamt A 10, die die Zeit für die Regelbeurteilungen von 4 Jahren (§ 4 der Richtlinie zum Personalbeurteilungssystem für den Polizeivollzugsdienst der Freien und Hansestadt Hamburg vom 13.03.07, Beurteilungsrichtlinie Polizei) im Amt eines Polizei- oder Kriminalkommissars (A 9) verbracht haben und nicht zu den sog. Leistungsträgern gehören, ist danach mit Art. 33 Abs. 2 GG grundsätzlich nicht vereinbar.
Die Funktionsfähigkeit der Hamburger Polizei wäre ohne Berücksichtigung von Regelverweilzeiten bei der Beförderungsauswahl nicht ernsthaft gefährdet. Zwar mögen zeitliche Perspektiven hinsichtlich intendierter Karriereabläufe wegen ihres Berechenbarkeitseffektes für das Laufbahnverlaufsmodell insofern von Bedeutung sein, als sie akzeptanz- bzw. motivationsfördernde und damit systemstabilisierende Wirkungen zeigen und so letztlich die Funktionsfähigkeit der Polizei Hamburg stützen, die auf Grund der hohen Arbeitsbelastung dringend auf hoch motiviertes Personal angewiesen ist. Daraus ergibt sich aber nicht, dass ohne die Beförderung nach Regelverweilzeiten die Funktionsfähigkeit der Polizei Hamburg nicht gewährleistet wäre. Insbesondere angesichts der vielen Stellenhebungen in dem Haushaltsplan 2007/2008 und der sich dadurch eröffnenden Karrierechancen ist es nicht plausibel anzunehmen, dass ohne die Beachtung von Regelverweilzeiten ausschließlich nach Leistung und Eignung vorgenommene Beförderungen die Funktionsfähigkeit der Polizei Hamburg wegen mangelnder Motivation ihrer Beamten ernstlich gefährden würden. Es erscheint im Gegenteil nicht ausgeschlossen, dass dann, wenn auch für die Polizeibeamten, die nicht zu den weniger qualifizierten bzw. leistungsschwachen Beamten gehören, Beförderungen in absehbaren und planbaren Abständen nicht mehr gesichert sind, die Motivation für bessere Leistungen im Dienst eher anstiege, als nach dem 2008 praktizierten Laufbahnmodell. Denn nach diesem Modell kann eine Beförderung nach Ablauf der Mindestverweilzeit nur dadurch verhindert werden, dass sich der jeweilige Beamte als wenig leistungsfähig oder leistungswillig erweist.

Allerdings war die Beklagte nicht gehindert, eine Mindestverweilzeit in einem Amt vor einer Beförderung auf § 4 Abs. 3 Laufbahnverordnung der Hamburgischen Polizeivollzugsbeamten i. d. F. vom 18.12.07 - HmbLVOPol - zu stützen. Danach sollten Beförderungen in Ämter der Funktionskreise 1 bis 3 nicht vor Ablauf von vier Jahren nach Beginn der Probezeit oder der letzten Beförderung erfolgen. Ausnahmen waren insbesondere zulässig für Beamte im jeweiligen Eingangsamt der Laufbahnabschnitte I und II, wenn sie die Laufbahnprüfung mindestens mit der Note "gut" bestanden und danach entsprechende Leistungen gezeigt haben. § 9 Abs. 3 Nummern 1 und 2 HmbLVO blieb unberührt. Das Nähere regelte die zuständige Behörde. § 8 Abs. 2 RLLVM hatte dazu für Leistungsträger eine Mindestverweilzeit von 4 Jahren, im Falle einer mit "gut" abgeschlossenen Laufbahnprüfung von 3 Jahren (für Nichtpatentinhaber der WSP im LA I von 2 Jahren) vorgesehen. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.


b. c. Die Berücksichtigung der Regelverweilzeiten von mehr als vier Jahren ist außer im Eingangsamt nicht deshalb gerechtfertigt, weil die Besonderheiten des Polizeivollzugsdienstes mit ihren erhöhten Anforderungen an angemessenes Verhalten in unterschiedlichsten Situationen es mit sich bringen, dass die mit fortschreitendem Dienstalter zunehmende dienstliche Erfahrung ein besonders wichtiges Kriterium bei der Feststellung von Eignung und Befähigung für die Beförderungsentscheidung ist. Zwar ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Beklagte für das Eingangsamt A 7 bei ihren Beförderungsentscheidungen an eine Regelverweilzeit von fünf Jahren angeknüpft hat und bei Nachweis anforderungsgerechter Leistungen den mit zunehmendem Dienstalter typischerweise entstehenden Zuwachs an dienstlichen Erfahrungen und damit Eignung und Befähigung für die ersten Beförderungsdienstposten vorrangig berücksichtigte. Damit genügt § 7 Abs. 2 Laufbahnverlaufsmodell hinsichtlich der Beförderung von dem Eingangsamt Amt A 7 (Polizeimeister) nach A 8 (Polizeiobermeister) den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG (OVG Hamburg, Beschluss vom 28.05.09, 1 Bs 70/09, IöD 2009, 246).
Bei dem hier in Rede stehenden Beförderungsamt handelt es sich für den Kläger aber nicht um ein erstes Beförderungsamt, bei dem der Zuwachs an dienstlicher Erfahrung in den ersten fünf Dienstjahren zu Beginn des Eingangsamts in typischer Weise mit dem zunehmenden Dienstalter verbunden ist und ein solches, an das Dienstalter gekoppelte Maß an typischem Erfahrungszuwachs einen sachlichen Grund für die bevorzugte Berücksichtigung für die erste Beförderung darstellt. lm weiteren Verlauf der Dienstjahre eines Polizeibeamten kann ein solcher, an das Dienstalter gekoppelter typischer Zuwachs an Berufserfahrung und damit ein höherer Leistungsstand und bessere Bewährungsvoraussetzungen nicht als allgemeiner Erfahrungssatz festgestellt werden (BVerwG, Urteil vom 28.10.04, a.a.O.).

Außerdem handelt es sich bei dem hier maßgeblichen Amt eines aus dem mittleren Dienst aufgestiegenen Polizeikommissars (A 9), anders als die Beklagte meint, nicht um ein Eingangsamt. In Ausfüllung der inzwischen aufgehobenen Ermächtigung des § 100 BRRG hat Hamburg gesetzlich die Laufbahn der Polizeivollzugsbeamten als Einheitslaufbahn bestimmt (§ 116 Abs. 3 HmbBG; siehe auch § 1 HmbLVOPol). Durch Art. 1 Nr. 3 der Änderungsverordnung vom 28.10.03 (HmbGVBl. S. 521) wurde § 4 Abs. 1 HmbLVOPol dahingehend geändert, dass Eingangsamt der Laufbahn grundsätzlich ein Amt der Besoldungsgruppe A 7 ist, sofern es sich nicht um sonstige Bewerber im Sinne des § 17 HmbLVO (Kriminalkommissaranwärter) handelt (OVG Hamburg, Urteil vom 03.07.09, 12 Bf 71/09.F, n. v.).

b. d. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass Beförderungen zum Polizei- bzw. Kriminaloberkommissar auf der Grundlage der Richtlinie zum funktions- und leistungsorientierten Laufbahnverlaufsmodell für die Laufbahnabschnitte I und II des Polizeivollzugsdienstes in Hamburg vom 18.12.07 auch deshalb nicht den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG entsprechen, weil die Beklagte für die Auswahl die dienstlichen Beurteilungen nicht vollständig, sondern nur die Leistungsnote, nicht aber die Potenzialeinschätzung herangezogen hat, die nach Ziffer 6 der Beurteilungsrichtlinie Polizei integraler Bestandteil der Beurteilung ist. Insoweit wird auf den den Beteiligten bekannten Beschluss des Berufungsgerichts vom 17.02.10, 1 Bs 241/09, verwiesen.

c. Es wäre - was das Bundesverwaltungsgericht zur Voraussetzung einer Verletzung des Bewerberverfahrensanspruches zählt (BVerwG, Urteil vom 04.11.10, NJW 2011, 695) - auch ein Erfolg des Klägers bei einer rechtsfehlerfreien Auswahlentscheidung ernsthaft möglich gewesen. Der Kläger hat in seiner Beurteilung vom September 2008 eine Endnote von 4,0 Leistungspunkten und in der Potenzialeinschätzung in allen Merkmalen D "hoch ausgeprägt" erhalten. Die Beklagte hat selbst erklärt, dass sie den Kläger zum 01.02.08 befördert hätte, wenn sie die damals zur Verfügung stehenden Stellen allein nach Leistungskriterien vergeben hätte.

2. Darüber hinaus besteht auch die erforderliche adäquate Kausalität zwischen der Verletzung des Bewerberverfahrensanspruches, der Pflichtverletzung, und dem behaupteten Schaden durch eine verspätete Beförderung. Diese setzt die Annahme voraus, dass die Behörde, wenn sie den Fehler im Auswahlverfahren vermieden hätte, voraussichtlich zu Gunsten des Beamten entschieden hätte. Dafür muss festgestellt werden, welcher hypothetische Kausalverlauf bei rechtmäßigem Vorgehen des Dienstherrn voraussichtlich an die Stelle des tatsächlichen Verlaufs getreten wäre. Erst wenn feststeht, dass kein anderer Bewerber dem Beamten hätte vorgezogen werden dürfen, kommt Schadensersatz wegen unterbliebener bzw. verspäteter Beförderung in Betracht (BVerwG, Beschluss vom 19.07.10, 2 B 114/09).

a. Hier ist nicht gänzlich aufklärbar, ob der Kläger befördert worden wäre, wenn die Beklagte den Fehler im Auswahlverfahren, nämlich die Beförderung leistungsschwächerer Bewerber mit einer Regelverweildauer von 7 Jahren, nicht begangen hätte. Zwar hat die Beklagte mitgeteilt, sie hätte den Kläger befördert, wenn sie die Beamten mit einer Mindestverweildauer von 4 bzw. 3 Jahren ausschließlich nach den Leistungsbeurteilungen im Leistungsträgerfeststellungsverfahren 2008 befördert hätte. Zugleich hat sie aber darauf hingewiesen, dass sie nach Kenntnis der Beschlüsse des Berufungsgerichts vom 17.02.10 am 13.11.10 eine neue Beförderungsrichtlinie für Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamte der Polizei (BefRLPol) zugleich mit der Verordnung über die Laufbahn der Polizei - HmbLVO-Pol - vom 9.11.10 in Kraft gesetzt hat. Ob die Beklagte diese Regelungen bereits 2008 bei Kenntnis der Rechtswidrigkeit ihres alten Modells eingeführt hätte, ist ebenso unbekannt wie die Antwort auf die Frage, wie unter Zugrundelegung dieser Regelungen der Kläger damals abgeschnitten hätte. Insbesondere fehlte es in dem Zeitraum bis zu Durchführung der ersten Ernennungen zum 01.02.08 an vergleichbaren einheitlichen Beurteilungen. Wie die von der Beklagten im Verfahren 1 Bf 290/09 eingereichte Gesamtliste zeigt, reicht der Beurteilungszeitraum bei vielen der in die Bewerberauswahl einzubeziehenden Beamten über den 01.02.08 hinaus. Für den Zeitpunkt 01.02.08 lagen nicht von allen Konkurrenten vergleichbare Beurteilungen vor. ...

Diese mit Feststellung eines hypothetischen Kausalverlaufs verbundenen Unsicherheiten ändern aber nichts daran, dass der Kläger voraussichtlich zum 01.02.08 befördert worden wäre, wenn die Beklagte die Beförderungen nicht rechtswidrig von der Regelverweildauer abhängig gemacht hätte. Die Beklagte hat selbst erklärt, dass sie den Kläger auf der Grundlage der von ihr auf der Basis der Beurteilungen für 2008 erstellten Rangreihenfolge aller damals für eine Beförderung in Betracht zu ziehenden Beamten und Beamtinnen befördert hätte. Die Durchsicht der Liste gibt keinen Anlass, an der Richtigkeit dieser Erklärung zu zweifeln.

Im Übrigen hat das Bundesverwaltungsgericht für den Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter Nichtbeförderung (BVerwG, Urteil vom 17.08.05, BVerwGE 124, 99, vgl. auch BVerwG, Urteil vom 01.04.04, NVWZ 2004, 1258) ausgeführt:
„Ist die Feststellung eines hypothetischen Kausalverlaufs nicht möglich, weil der Dienstherr seiner Mitwirkungspflicht bei der Aufklärung der internen Entscheidungsfindung nicht nachgekommen ist, so haftet er jedenfalls denjenigen Bewerbern auf Schadensersatz, deren Beförderung ohne den schuldhaften Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG nach Lage der Dinge ernsthaft möglich gewesen wäre ....
Danach war es Sache der Beklagten offen zu legen, . .. .
Diese Aufklärung hat der Beklagte nicht ermöglicht. ...
Daraus folgt, dass nicht festgestellt werden kann, wie die Entwicklung voraussichtlich verlaufen wäre, wenn der Beklagte davon Abstand genommen hätte, die Inhaber höherwertiger Dienstposten ohne Bewerberauswahl zu befördern, Dies zieht die Haftung des Beklagten gegenüber der Klägerin nach sich, weil diese bei der Vergabe der acht Beförderungsämter der Besoldungsgruppe A 12 im Bereich der Kriminalpolizei nach leistungsbezogenen Auswahlkriterien zumindest reelle Beförderungsaussichten gehabt hätte. Denn am 5.01.00 kamen Kriminalbeamte zum Zuge, die in den ..., Regelbeurteilungen ... schlechter als die Klägerin bewertet worden waren.“

Danach trägt die Beklagte die Beweislast dafür, dass sich nicht bis ins Letzte aufklären lässt, ob der Kläger bei einem rechtmäßigen Vorgehen nicht nur wahrscheinlich, sondern tatsächlich in einem fehlerfreien Auswahlverfahren befördert worden wäre. Nach diesen Grundsätzen genügt , dass die Beklagte auf die eingehende Aufklärungsverfügung des Gerichts vom Januar 2011 erklärt hat, dass sie den Kläger nach Leistungsgesichtspunkten zum 01.02.08 ohne Berücksichtigung einer Regelverweildauer von 7 Jahren auf der Grundlage seines Rangplatzes befördert hätte, den sie nach den Beurteilungen der Beamten im Leistungsträgerfeststellungsverfahren 2008 und nach den übrigen zuvor nach demselben Beurteilungsmaßstab erstellten anderen Beurteilungen für die für eine Beförderung in Betracht zu ziehenden Beamten ermittelt hat.

Insoweit ist im Übrigen auch deshalb auf die in dem Leistungsträgerfeststellungsverfahren 2008 im Laufe des Jahres nach dem 01.02.08 erzielten Beurteilungen abzustellen, weil die Beklagte voraussichtlich diese Beurteilungen zeitlich so vorgezogen hätte, dass sie sie zur Grundlage ihrer ab Februar 2008 getroffenen Beförderungsentscheidungen gemacht hätte, wenn sie von vornherein alle Beamte und Beamtinnen in das Beförderungsverfahren einbezogen hätte und nicht nur diejenigen, die die Regelverweildauer von 7 Jahren erfüllten. Denn nur weil sie für die Beamten, die die damals für die Beförderungen ab Februar 2008 vorgesehene Regelverweildauer von 7 Jahren nicht erfüllten, ein gesondertes und später durchgeführtes Leistungsträgerfeststellungsverfahren vorgesehen hatte, konnte sie davon absehen, für diesen Beamtenkreis rechtzeitig zum 01.02.08 vergleichbare und auf einem einheitlichen System beruhende Beurteilungen zu erstellen.

b. ...

3. Die Beklagte hat den Bewerberverfahrensanspruch des Klägers auch schuldhaft verletzt.

Sie hat die im Verkehr erforderliche Sorgfalt verletzt (§ 276 Abs. 2 BGB). Nach diesem objektiv-abstrakten Sorgfaltsmaßstab ist auf die Anforderungen abzustellen, deren Beachtung von dem für den Dienstherrn handelnden Amtswalter erwartet werden kann. Jeder Inhaber eines öffentlichen Amtes hat die Sach- und Rechtslage unter Zuhilfenahme der ihm zu Gebote stehenden Hilfsmittel gewissenhaft zu prüfen und sich aufgrund vernünftiger Überlegungen eine Rechtsauffassung zu bilden. Eine letztlich als unzutreffend erkannte Rechtsauffassung stellt sich als vertretbar dar, wenn die Rechtslage nicht einfach zu beurteilen war und sie weder durch die Rechtsprechung geklärt noch im Schrifttum abschließend behandelt worden ist (BVerwG, Urteil vom 25.10.2010 a.a.O.).

a. Die hier maßgebliche Rechtsfrage, dass die Beförderung in das Amt eines Polizei- bzw. Kriminaloberkommissars nicht von einer Regelverweildauer von 7 Jahren abhängig gemacht werden darf, hatte bereits das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.10.04, BVerwGE 122, 147, geklärt. In diesem Urteil ist ausgeführt, dass für die Besetzung von Beförderungsämtern ausschließlich der Leistungsgrundsatz gilt und Belangen, die nicht im Leistungsgrundsatz verankert sind, bei der Bewerberauswahl nur Berücksichtigung finden, wenn ihnen außerhalb von Art. 33 Abs. 2 GG Verfassungsrang eingeräumt ist. Insoweit kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, dieses Urteil sei zu der damals in Schleswig-Holstein vorgeschriebenen Mindestverweildauer von 10 Jahren ergangen. Sie habe gemeint, dem Leistungsgrundsatz ausreichend dadurch Rechnung zu tragen, dass besonders leistungsstarke Beamte bereits im Leistungsträgerfeststellungsverfahren nach einer Verweildauer im vorherigen Amt von nur 4 Jahren befördert werden könnten. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ist eindeutig. Die personalpolitische Zielsetzung, eine ausgewogene Altersstruktur einer Laufbahn zu gewährleisten, rechtfertigt es danach nicht, die Beförderungen von einem Mindestdienstalter abhängig zu machen. Das Bundesverwaltungsgericht a.a.O. formuliert, dass - unzulässigerweise - durch eine altersbedingte Wartezeit, die keine Bewährungszeit darstellt, eine Vorauswahl der für eine Beförderung laufbahnrechtlich in Betracht kommenden Beamten nach dem Anciennitätsgrundsatz getroffen werde. Dadurch würden Beamte, die nicht das erforderliche Dienstalter aufwiesen, ungeachtet des Leistungsstands von Beförderungen ausgeschlossen.

Außerdem musste die Beklagte auch auf Grund des von ihr eingeholten gutachterlichen Stellungnahme von Prof. S. vom Dezember 2007 erkennen, dass ihr Laufbahnverlaufsmodell mit den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG nicht zu vereinbaren war. Die Seiten 7 bis 13 des Gutachtens zeigen bei der gebotenen sorgfältigen Durchdringung klar, dass eine Regelverweildauer von 7 Jahren den Leistungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG verletzt.

b. Das Verschulden der Beklagten entfällt auch dann nicht, wenn sie gemeint haben sollte, die Regelverweildauer von 7 Jahren aus haushaltsrechtlichen Gründen vorschreiben zu können. Die Auffassung ist nicht vertretbar, die Stellenvermerke an den Bündelstellen rechtfertigten es wegen des verfassungsrechtlich geschützten Budgetrechts des Haushaltsgesetzgebers, eine Regelverweilzeit von 7 Jahren vorzugeben.

Insoweit kann offen bleiben, ob das Budgetrecht der Bürgerschaft, da seinerseits von Verfassungsrang, wie die Beklagte vorträgt, dem Leistungsgrundsatz aus Art.33 Abs. 2 GG Grenzen setzen kann, oder ob es allein bei der Beurteilung relevant ist, ob Stellen zur Beförderung bereitstehen, für deren Besetzung im Wege der Auswahl dann in einem zweiten Schritt Art. 33 Abs. 2 GG gilt. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob und inwieweit Art. 33 Abs. 2 GG auf die Entscheidung über die Bereitstellung von Stellen und die Bedingungen für ihre Besetzung ausstrahlt und ob insoweit Raum ist, das Budgetrecht im Wege praktischer Konkordanz mit den verfassungsrechtlichen Leistungsgrundsatz des Art. 33 Abs.2 GG abzuwägen. Eine derartige Einschränkung des Leistungsgrundsatzes setzt in jedem Fall voraus, dass überhaupt ein derartiger - lösungsbedürftiger - Konflikt besteht. Ein derartiger Konflikt ist hier nicht gegeben: ..."
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Eine Regelverweilzeit von vier Jahren ist zulässig und in der HmbLVOPol auch vorgesehen.


Aber längere Verweilzeiten dürfen nicht gefordert werden.


Anderes gilt für das Eingangsamt.


Der Kläger war aber nicht im Eingangsamt, er war aus dem LBA I aufgestiegen.



































Der Kläger ist dafür zu entschädigen, dass er zu spät befördert wurde.






Hier geht es im einzelnen um (sonstige) Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches.

















































Die Hansestadt hat schuldhaft gegen die Verfassung verstoßen.
(Das Verschulden wird geprüft, weil es zu den Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs gehört.)