Unterhalt für minderjährige Kinder / große Einkommensunterschiede bei den Eltern
Minderjährige Kinder haben einen Anspruch auf Betreuung, den im Regelfall ein Elternteil befriedigt, sofern die Eltern getrennt leben. Dadurch genügt dieser Elternteil seiner Unterhaltspflicht (Betreuungsunterhalt).
In ihrem (juristischen) "Wert" entspricht die Betreuungsleistung gewissermaßen der Zahlung des Barunterhalts.
Den Anspruch des Kindes auf Barunterhalt befriedigt grundsätzlich der nicht betreuende Elternteil.
Von dieser Regel, dass der eine Elternteil betreut und der andere zahlt, sollte nach Ansicht einiger Juristen abgewichen werden, wenn der betreuende Elternteil deutlich mehr Einkommen hat als der zum Barunterhalt verpflichtete.
Hierzu haben sich im Laufe der Zeit verschiedene Gerichte geäußert, die den wesentlich mehr verdienenden betreuenden Elternteil verpflichten wollen, auch den Barunterhalt für das Kind allein oder vorwiegend aufzubringen.
Aber Vorsicht: die herrschende Meinung sieht das noch anders.
Hier einige Beispiele aus der spärlichen Rechtsprechung:
OLG Dresden, Beschluss vom 04.12.15, Az.: 20 UF 875/15
Leitsatz:
1. Zur Erwerbsobliegenheit eines Selbstständigen mit geringen Einkünften.
2. Könnte der nicht betreuende, an sich allein barunterhaltspflichtige Elternteil auch bei Zahlung des vollen Unterhalts seinen angemessenen Selbstbehalt noch wahren, kommt gleichwohl die volle Haftung des betreuenden Elternteils in Betracht, wenn dieser etwa das Dreifache des nicht betreuenden Elternteils verdient (Anschluss BGH, Urteil vom 10.07.2013, XII ZB 297/12).
Leitsatz:
1. Zur Erwerbsobliegenheit eines Selbstständigen mit geringen Einkünften.
2. Könnte der nicht betreuende, an sich allein barunterhaltspflichtige Elternteil auch bei Zahlung des vollen Unterhalts seinen angemessenen Selbstbehalt noch wahren, kommt gleichwohl die volle Haftung des betreuenden Elternteils in Betracht, wenn dieser etwa das Dreifache des nicht betreuenden Elternteils verdient (Anschluss BGH, Urteil vom 10.07.2013, XII ZB 297/12).
Das Oberlandesgericht Schleswig hat sich wie folgt geäußert:
OLG Schleswig, Beschluss vom 23.12.13 - 15 UF 100 / 13
Enthaftung des barunterhaltspflichtigen Elternteils bei leistungsfähigem Verwandten
Leitsatz
1. Voraussetzung für eine Beteiligung des betreuenden Elternteils am Barunterhalt ist, dass andernfalls ein erhebliches finanzielles Ungleichgewicht zwischen den Eltern besteht. Von einem erheblichen finanziellen Ungleichgewicht, das Voraussetzung für eine zumindest anteilige Haftung des betreuenden Elternteils ist, kann nur bei einer erheblichen Einkommensdifferenz ausgegangen werden, die man bei mindestens 500,00 Euro annehmen könnte. Unterhalb dieser "unteren" Schwelle scheidet eine Mithaftung nach Quote aus.
2. Freiwillige Zuwendungen Dritter, auf die kein rechtlicher Anspruch besteht, sind unterhaltsrechtlich nicht zu berücksichtigen, wenn der Wille des Zuwendenden dahin geht, den Empfänger zusätzlich zu unterstützen. Dies ist regelmäßig bei Zuwendungen im Rahmen enger persönlicher Beziehungen anzunehmen. Auch im Mangelfall kann die Zuwendung nur im Ausnahmefall aus Billigkeitserwägungen berücksichtigt werden.
Enthaftung des barunterhaltspflichtigen Elternteils bei leistungsfähigem Verwandten
Leitsatz
1. Voraussetzung für eine Beteiligung des betreuenden Elternteils am Barunterhalt ist, dass andernfalls ein erhebliches finanzielles Ungleichgewicht zwischen den Eltern besteht. Von einem erheblichen finanziellen Ungleichgewicht, das Voraussetzung für eine zumindest anteilige Haftung des betreuenden Elternteils ist, kann nur bei einer erheblichen Einkommensdifferenz ausgegangen werden, die man bei mindestens 500,00 Euro annehmen könnte. Unterhalb dieser "unteren" Schwelle scheidet eine Mithaftung nach Quote aus.
2. Freiwillige Zuwendungen Dritter, auf die kein rechtlicher Anspruch besteht, sind unterhaltsrechtlich nicht zu berücksichtigen, wenn der Wille des Zuwendenden dahin geht, den Empfänger zusätzlich zu unterstützen. Dies ist regelmäßig bei Zuwendungen im Rahmen enger persönlicher Beziehungen anzunehmen. Auch im Mangelfall kann die Zuwendung nur im Ausnahmefall aus Billigkeitserwägungen berücksichtigt werden.
Die von dem OLG Schleswig geäußerte Meinung wurde gescholten von Rechtsanwalt Dr. Enno Poppen in einer Besprechung in NZFam 2014, 712. Sie widerspreche der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wie einer in NJW 2013, 2897 veröffentlichen Entscheidung des BGH zu entnehmen sei.
Das OLG Schleswig kannte die Rechtsprechung des Bundesgerichtshof durchaus, als es sich äußerte.
Wir stehen also vor der Frage, ob Amts- und Oberlandesgerichte sich gegen die Rechtsprechung des BGH stellen wollen, um eine Änderung zu bewirken?
Diese Konstellation gibt es bisweilen und sie ist einer der Gründe dafür, dass sich der Ausgang einzelner Prozesse nicht sicher vorhersagen lässt.
Noch nicht berücksichtigt ist die Meinung des Bundesgerichtshofs in einem Beschluss des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 12.06.12 - 10 UF 344/11 -. Hier ein Auszug.
Beschluss des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 12.06.12 - 10 UF 344/11 -
Selbst wenn man ein fiktives Einkommen des Vaters von 1.500 € berücksichtigt, entfällt die Unterhaltsverpflichtung des Antragsgegners (=Vaters). Denn die Mutter des Kindes steht im Hinblick auf ihr außerordentlich gutes Einkommen als andere unterhaltspflichtige Verwandte zur Verfügung.
Die gesteigerte Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen Kindern entfällt ganz oder teilweise nach § 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB, wenn ein anderer leistungsfähiger Verwandter vorhanden ist, dem auch bei einer Unterhaltsleistung sein eigener angemessener Unterhalt verbleibt. Als solcher kommt auch der nicht barunterhaltspflichtige Elternteil in Betracht. Denn der Grundsatz der Gleichwertigkeit von Barunterhalt und Betreuung gilt nicht uneingeschränkt, insbesondere dann nicht, wenn die Vermögens- und Einkommensverhältnisse des betreuenden Elternteils deutlich günstiger sind als die des anderen Elternteils. Eine andere Regelung ist somit angezeigt, wenn die - auch fiktiven (MünchKomm,/Born, BGB, 5. Aufl., § 1603, Rz. 114) - Einkünfte der Eltern derart voneinander abweichen, dass die Inanspruchnahme des grundsätzlich barunterhaltspflichtigen Elternteils zu einem erheblichen finanziellen Ungleichgewicht führen würde (vgl. BGH, FamRZ 1991, 182; Palandt/Brudermüller, 71. Aufl., § 1606, Rz. 16). Im Hinblick auf die außerordentlich guten finanziellen Verhältnisse der Mutter hält es der Senat vorliegend für gerechtfertigt, dass die Unterhaltspflicht des Vaters nicht nur in Höhe des angemessenen Selbstbehaltes (vgl. BGH, FamRZ 2011, 1041 in einem Fall, in dem die Einkünfte der Eltern den angemessenen Selbstbehalt nicht bzw. nur um rd. 700 € übersteigen), sondern vollständig entfällt (Senat, FamFR 2011, 176).
Die Mutter des Kindes verfügt über ein monatliches Nettoeinkommen von 6.500 €, von dem nach Abzug der Beiträge zur Alters- und Krankenvorsorge von 800 € noch 5.700 € verbleiben.
Damit stehen nach Abzug des angemessenen Selbstbehalts von 1.150 € auf Seiten der Mutter 4.550 € (=5.700 € - 1.150 €), auf Seiten des Antragsgegners nur 350 € (=1.500 € fiktives Einkommen - 1.150 €) für den Kindesunterhalt zur Verfügung. Dem Antragsgegner verbliebe etwa 1/10 des Betrages, der der Mutter verbleibt. Mithin besteht ein so gravierendes Ungleichgewicht zwischen den Einkünften der Mutter und dem fiktiven Einkommen des Antragsgegners, dass nicht nur die gesteigerte Erwerbspflicht entfällt bzw. der Unterhaltsanspruch auf das den angemessenen Selbstbehalt übersteigende Einkommen beschränkt ist, sondern die Barunterhaltspflicht des Antragsgegners sogar vollständig entfällt.
Selbst wenn man ein fiktives Einkommen des Vaters von 1.500 € berücksichtigt, entfällt die Unterhaltsverpflichtung des Antragsgegners (=Vaters). Denn die Mutter des Kindes steht im Hinblick auf ihr außerordentlich gutes Einkommen als andere unterhaltspflichtige Verwandte zur Verfügung.
Die gesteigerte Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen Kindern entfällt ganz oder teilweise nach § 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB, wenn ein anderer leistungsfähiger Verwandter vorhanden ist, dem auch bei einer Unterhaltsleistung sein eigener angemessener Unterhalt verbleibt. Als solcher kommt auch der nicht barunterhaltspflichtige Elternteil in Betracht. Denn der Grundsatz der Gleichwertigkeit von Barunterhalt und Betreuung gilt nicht uneingeschränkt, insbesondere dann nicht, wenn die Vermögens- und Einkommensverhältnisse des betreuenden Elternteils deutlich günstiger sind als die des anderen Elternteils. Eine andere Regelung ist somit angezeigt, wenn die - auch fiktiven (MünchKomm,/Born, BGB, 5. Aufl., § 1603, Rz. 114) - Einkünfte der Eltern derart voneinander abweichen, dass die Inanspruchnahme des grundsätzlich barunterhaltspflichtigen Elternteils zu einem erheblichen finanziellen Ungleichgewicht führen würde (vgl. BGH, FamRZ 1991, 182; Palandt/Brudermüller, 71. Aufl., § 1606, Rz. 16). Im Hinblick auf die außerordentlich guten finanziellen Verhältnisse der Mutter hält es der Senat vorliegend für gerechtfertigt, dass die Unterhaltspflicht des Vaters nicht nur in Höhe des angemessenen Selbstbehaltes (vgl. BGH, FamRZ 2011, 1041 in einem Fall, in dem die Einkünfte der Eltern den angemessenen Selbstbehalt nicht bzw. nur um rd. 700 € übersteigen), sondern vollständig entfällt (Senat, FamFR 2011, 176).
Die Mutter des Kindes verfügt über ein monatliches Nettoeinkommen von 6.500 €, von dem nach Abzug der Beiträge zur Alters- und Krankenvorsorge von 800 € noch 5.700 € verbleiben.
Damit stehen nach Abzug des angemessenen Selbstbehalts von 1.150 € auf Seiten der Mutter 4.550 € (=5.700 € - 1.150 €), auf Seiten des Antragsgegners nur 350 € (=1.500 € fiktives Einkommen - 1.150 €) für den Kindesunterhalt zur Verfügung. Dem Antragsgegner verbliebe etwa 1/10 des Betrages, der der Mutter verbleibt. Mithin besteht ein so gravierendes Ungleichgewicht zwischen den Einkünften der Mutter und dem fiktiven Einkommen des Antragsgegners, dass nicht nur die gesteigerte Erwerbspflicht entfällt bzw. der Unterhaltsanspruch auf das den angemessenen Selbstbehalt übersteigende Einkommen beschränkt ist, sondern die Barunterhaltspflicht des Antragsgegners sogar vollständig entfällt.
Das OLG Brandenburg hat seine Rechtsprechung zu dieser Frage wie folgt fortgeführt:
OLG Brandenburg, Beschluss vom 12.11.18 - 13 UF 97/18 -
Leitsatz
1. Die Barunterhaltspflicht des nicht betreuenden Elternteils kann nach § 1603 Abs. 2 S 3 BGB entfallen, wenn er zur Unterhaltszahlung nicht ohne Beeinträchtigung seines angemessenen Unterhalts von 1300 € (Nr. 21.3.1 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, fortan auch: LL) in der Lage ist, während der betreuende Elternteil neben der Betreuung der Kinder auch den Barunterhalt leisten kann, ohne dadurch seinen eigenen angemessenen Unterhalt von 1300 € zu gefährden, und die Inanspruchnahme des nicht betreuenden Elternteils zu einem erheblichen finanziellen Ungleichgewicht zwischen den Eltern führen würde (vgl. Wendl/Klinkhammer, Unterhaltsrecht, § 2 Rn. 398 m.w.N.).
2. Ein erhebliches finanzielles Ungleichgewicht zwischen den Eltern lässt sich annehmen, wenn dem betreuenden Elternteil nach Deckung des Kindesunterhalts wenigstens 500 € mehr verbleiben als dem Barunterhaltspflichtigen (vgl. Wendl/Klinkhammer, Unterhaltsrecht, § 2 Rn. 398 m.w.N.). ...
Leitsatz
1. Die Barunterhaltspflicht des nicht betreuenden Elternteils kann nach § 1603 Abs. 2 S 3 BGB entfallen, wenn er zur Unterhaltszahlung nicht ohne Beeinträchtigung seines angemessenen Unterhalts von 1300 € (Nr. 21.3.1 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, fortan auch: LL) in der Lage ist, während der betreuende Elternteil neben der Betreuung der Kinder auch den Barunterhalt leisten kann, ohne dadurch seinen eigenen angemessenen Unterhalt von 1300 € zu gefährden, und die Inanspruchnahme des nicht betreuenden Elternteils zu einem erheblichen finanziellen Ungleichgewicht zwischen den Eltern führen würde (vgl. Wendl/Klinkhammer, Unterhaltsrecht, § 2 Rn. 398 m.w.N.).
2. Ein erhebliches finanzielles Ungleichgewicht zwischen den Eltern lässt sich annehmen, wenn dem betreuenden Elternteil nach Deckung des Kindesunterhalts wenigstens 500 € mehr verbleiben als dem Barunterhaltspflichtigen (vgl. Wendl/Klinkhammer, Unterhaltsrecht, § 2 Rn. 398 m.w.N.). ...
Ein schon etwas älteres Beispiel kann wohl nicht mehr als aktuell betrachtet werden:
Urteil des OLG Brandenburg vom 17.01.06 - 10 UF 91/05 -
1. Ist das Einkommen des betreuenden Elternteils mehr als doppelt so hoch wie das des eigentlich zum Barunterhalt verpflichteten Elternteils, kann die Unterhaltsverpflichtung des Letztgenannten ganz entfallen.
2. Besteht ein erhebliches finanzielles Ungleichgewicht zwischen den Einkünften beider Elternteile, ist das Einkommen des betreuenden Elternteils aber noch nicht doppelt so hoch wie das Einkommen des an sich barunterhaltspflichtigen Elternteils, so ist von einer anteiligen Barunterhaltspflicht beider Elternteile auszugehen.
3. Der Haftungsanteil jedes Elternteils errechnet sich nach Abzug des angemessenen Selbstbehalts.
Der zum Unterhalt für seine minderjährige Tochter verurteilte Vater will nicht zahlen, weil das anrechenbare Einkommen der betreuenden Mutter doppelt so hoch ist wie seines. Die Mutter sei daher in der Lage, auch den Barunterhaltsbedarf für die von ihr betreute Tochter in voller Höhe zu decken.
Die Berufung des Vaters ist überwiegend erfolgreich:
Für den Vater besteht gegenüber seiner minderjährigen Tochter eine erweiterte Unterhaltspflicht gemäß § 1603 II 1 BGB: Er muss alle verfügbaren Mittel bis zur Grenze seines notwendigen Selbstbehalts mit ihr teilen.
Diese Verpflichtung tritt allerdings nach § 1603 II 3 BGB nicht ein, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist. Das kann auch der Elternteil sein, der das minderjährige Kind betreut, sofern dieser in der Lage ist, den Barunterhalt des Kindes ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts zu leisten (vgl. hierzu BGH, NJW-RR 1998, 505).
Nach der Rechtsprechung des BGH kann der betreuende Elternteil ausnahmsweise selbst dann, wenn bei Inanspruchnahme des anderen Elternteils dessen angemessener Selbstbehalt nicht gefährdet würde, dazu verpflichtet sein, zusätzlich zu seiner Betreuungsleistung zum Barunterhalt des Kindes beizutragen. Das ist anzunehmen, wenn andernfalls ein erhebliches finanzielles Ungleichgewicht zwischen den Eltern aufträte (vgl. hierzu etwa BGH, NJW 2002, 1646; NJW 2003, 3770). Demnach kann für den Betreuenden je nach den Umständen die Verpflichtung bestehen, den Barunterhalt für das Kind in voller Höhe oder zumindest teilweise zu übernehmen, wodurch sich die Barunterhaltspflicht des nicht betreuenden Elternteils ermäßigen oder ganz entfallen kann.
...
4. Die Frage, wann ein "erhebliches finanzielles Ungleichgewicht" vorliegt und ob und gegebenenfalls wie der Barunterhalt dann zwischen den Eltern aufzuteilen ist, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beurteilt.
a) Von einem erheblichen finanziellen Ungleichgewicht im Sinne von § 1603 II 3 BGB wird jedenfalls dann auszugehen sein, wenn das Einkommen des betreuenden Elternteils mindestens doppelt so hoch ist wie das des anderen Elternteils. Dann entfällt dessen Barunterhaltspflicht vollständig, selbst wenn bei dem nicht betreuenden Elternteil (über die Grenze des angemessenen Selbstbehalts hinaus) noch eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit besteht.
Für den in 2001 und 2003 liegenden Unterhaltszeitraum ist von einem erheblich geringeren Einkommen des Vaters auszugehen. Er ist daher nicht zum Barunterhalt in dieser Zeit heranzuziehen, noch nicht einmal anteilig. Denn eine Mithaftung würde angesichts des mehr als doppelt so hohen verfügbaren Einkommens der Kindesmutter zu einem erheblichen finanziellen Ungleichgewicht zwischen den Eltern führen.
b) Für den in 2002, 2004 und 2005 liegenden Unterhaltszeitraum ist von einer anteiligen Mithaftung des Vaters auszugehen.
aa) Die so genannte Subsidiaritätsregelung des § 1603 II 3 BGB soll das unterhaltsberechtigte Kind nicht besser stellen, sondern unbillige Ergebnisse im Rahmen der Erfüllung der Unterhaltsverpflichtung vermeiden. Deshalb richtet sich der Unterhaltsbedarf des minderjährigen Kindes auch in diesem Fall allein nach dem Einkommen des nach der gesetzlichen Grundregel an sich barunterhaltspflichtigen, nicht betreuenden Elternteils und nicht nach den zusammengerechneten Einkünften der Eltern.
Da nicht vorgetragen ist, dass der Beklagte außer der Klägerin weiteren Personen Unterhalt schuldet, erscheint in der Tabelle eine Höhergruppierung um zwei Einkommensgruppen angemessen. ... Dementsprechend beläuft sich der Tabellenunterhalt im Zeitraum vom 01.01.04 bis zum 05.04.05 bei einem Einkommen des Vaters von EUR 1232,00 nach den Brandenburgischen Unterhaltsleitlinien auf EUR 324,00 monatlich.
bb) Für den Barunterhalt haben die Eltern gemäß § 1606 III 1 BGB anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen aufzukommen, also nach ihren nach Abzug des angemessenen Selbstbehalts für Unterhaltszwecke zur Verfügung stehenden Mitteln.
Für die Zwischenbereiche, in denen zwar ein größeres Gefälle zwischen den Einkünften der Eltern besteht (ohne dass ein mindestens zweifach höheres Einkommen des betreuenden Elternteils vorliegt), der nicht betreuende Elternteil aber über ein den angemessenen Selbstbehalt übersteigendes Einkommen verfügt, hält der Senat es für sachgerecht, den nicht betreuenden Elternteil nur teilweise von seiner Barunterhaltspflicht zu entlasten.
Soweit ihm der eigene angemessene Selbstbehalt verbleibt, wäre es mit der gesetzlichen Grundregel des § 1606 III 2 BGB, die den betreuenden Elternteil grundsätzlich vom Barunterhalt freistellt, nicht zu vereinbaren, den nicht betreuenden Elternteil vollständig von einer Mithaftung zu befreien. Auf der anderen Seite erscheint es nicht gerechtfertigt, seine Haftung generell auf den Betrag zu erstrecken, der die Grenze des angemessenen Selbstbehalts übersteigt. Denn das könnte dazu führen, dass er bei hinreichender Leistungsfähigkeit den vollen Barunterhalt leisten muss, obwohl der betreuende Elternteil über ein erheblich höheres Einkommen verfügt. Dies würde den in § 1603 II 3 BGB zum Ausdruck gebrachten gesetzlichen Wertungen zuwider laufen. Nach Auffassung des Senats ist es sachgerecht, in derartigen Fällen die Haftungsanteile der Eltern für den vom nicht betreuenden Elternteil unter Berücksichtigung des Kindergelds an sich geschuldeten Zahlbetrag entsprechend den beim Volljährigenunterhalt zur Anwendung gelangenden Grundsätzen zu bemessen.
[Das Gericht legt dann dar, wie es bei einem Bedarf des Kindes vom EUR 260,00 und einem Selbstbehalt von damals EUR 925,00 die Unterhaltslast verteilen würde:]
Vergleichbares Einkommen der Mutter:
2278,00 Euro - 925,00 Euro = 1353,00 Euro
Vergleichbares Einkommen des Vaters:
1481,00 Euro - 925,00 Euro = 556,00 Euro
Vergleichbares Einkommen beider Eltern:
1353,00 Euro + 556,00 Euro = 1909,00 Euro
Quote der Mutter: 260,00 Euro x 1353,00 Euro : 1909,00 Euro = rund 184,00 Euro
Quote des Vaters: 260,00 Euro x 556,00 Euro: 1909,00 Euro = rund 76,00 Euro
1. Ist das Einkommen des betreuenden Elternteils mehr als doppelt so hoch wie das des eigentlich zum Barunterhalt verpflichteten Elternteils, kann die Unterhaltsverpflichtung des Letztgenannten ganz entfallen.
2. Besteht ein erhebliches finanzielles Ungleichgewicht zwischen den Einkünften beider Elternteile, ist das Einkommen des betreuenden Elternteils aber noch nicht doppelt so hoch wie das Einkommen des an sich barunterhaltspflichtigen Elternteils, so ist von einer anteiligen Barunterhaltspflicht beider Elternteile auszugehen.
3. Der Haftungsanteil jedes Elternteils errechnet sich nach Abzug des angemessenen Selbstbehalts.
Der zum Unterhalt für seine minderjährige Tochter verurteilte Vater will nicht zahlen, weil das anrechenbare Einkommen der betreuenden Mutter doppelt so hoch ist wie seines. Die Mutter sei daher in der Lage, auch den Barunterhaltsbedarf für die von ihr betreute Tochter in voller Höhe zu decken.
Die Berufung des Vaters ist überwiegend erfolgreich:
Für den Vater besteht gegenüber seiner minderjährigen Tochter eine erweiterte Unterhaltspflicht gemäß § 1603 II 1 BGB: Er muss alle verfügbaren Mittel bis zur Grenze seines notwendigen Selbstbehalts mit ihr teilen.
Diese Verpflichtung tritt allerdings nach § 1603 II 3 BGB nicht ein, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist. Das kann auch der Elternteil sein, der das minderjährige Kind betreut, sofern dieser in der Lage ist, den Barunterhalt des Kindes ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts zu leisten (vgl. hierzu BGH, NJW-RR 1998, 505).
Nach der Rechtsprechung des BGH kann der betreuende Elternteil ausnahmsweise selbst dann, wenn bei Inanspruchnahme des anderen Elternteils dessen angemessener Selbstbehalt nicht gefährdet würde, dazu verpflichtet sein, zusätzlich zu seiner Betreuungsleistung zum Barunterhalt des Kindes beizutragen. Das ist anzunehmen, wenn andernfalls ein erhebliches finanzielles Ungleichgewicht zwischen den Eltern aufträte (vgl. hierzu etwa BGH, NJW 2002, 1646; NJW 2003, 3770). Demnach kann für den Betreuenden je nach den Umständen die Verpflichtung bestehen, den Barunterhalt für das Kind in voller Höhe oder zumindest teilweise zu übernehmen, wodurch sich die Barunterhaltspflicht des nicht betreuenden Elternteils ermäßigen oder ganz entfallen kann.
...
4. Die Frage, wann ein "erhebliches finanzielles Ungleichgewicht" vorliegt und ob und gegebenenfalls wie der Barunterhalt dann zwischen den Eltern aufzuteilen ist, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beurteilt.
a) Von einem erheblichen finanziellen Ungleichgewicht im Sinne von § 1603 II 3 BGB wird jedenfalls dann auszugehen sein, wenn das Einkommen des betreuenden Elternteils mindestens doppelt so hoch ist wie das des anderen Elternteils. Dann entfällt dessen Barunterhaltspflicht vollständig, selbst wenn bei dem nicht betreuenden Elternteil (über die Grenze des angemessenen Selbstbehalts hinaus) noch eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit besteht.
Für den in 2001 und 2003 liegenden Unterhaltszeitraum ist von einem erheblich geringeren Einkommen des Vaters auszugehen. Er ist daher nicht zum Barunterhalt in dieser Zeit heranzuziehen, noch nicht einmal anteilig. Denn eine Mithaftung würde angesichts des mehr als doppelt so hohen verfügbaren Einkommens der Kindesmutter zu einem erheblichen finanziellen Ungleichgewicht zwischen den Eltern führen.
b) Für den in 2002, 2004 und 2005 liegenden Unterhaltszeitraum ist von einer anteiligen Mithaftung des Vaters auszugehen.
aa) Die so genannte Subsidiaritätsregelung des § 1603 II 3 BGB soll das unterhaltsberechtigte Kind nicht besser stellen, sondern unbillige Ergebnisse im Rahmen der Erfüllung der Unterhaltsverpflichtung vermeiden. Deshalb richtet sich der Unterhaltsbedarf des minderjährigen Kindes auch in diesem Fall allein nach dem Einkommen des nach der gesetzlichen Grundregel an sich barunterhaltspflichtigen, nicht betreuenden Elternteils und nicht nach den zusammengerechneten Einkünften der Eltern.
Da nicht vorgetragen ist, dass der Beklagte außer der Klägerin weiteren Personen Unterhalt schuldet, erscheint in der Tabelle eine Höhergruppierung um zwei Einkommensgruppen angemessen. ... Dementsprechend beläuft sich der Tabellenunterhalt im Zeitraum vom 01.01.04 bis zum 05.04.05 bei einem Einkommen des Vaters von EUR 1232,00 nach den Brandenburgischen Unterhaltsleitlinien auf EUR 324,00 monatlich.
bb) Für den Barunterhalt haben die Eltern gemäß § 1606 III 1 BGB anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen aufzukommen, also nach ihren nach Abzug des angemessenen Selbstbehalts für Unterhaltszwecke zur Verfügung stehenden Mitteln.
Für die Zwischenbereiche, in denen zwar ein größeres Gefälle zwischen den Einkünften der Eltern besteht (ohne dass ein mindestens zweifach höheres Einkommen des betreuenden Elternteils vorliegt), der nicht betreuende Elternteil aber über ein den angemessenen Selbstbehalt übersteigendes Einkommen verfügt, hält der Senat es für sachgerecht, den nicht betreuenden Elternteil nur teilweise von seiner Barunterhaltspflicht zu entlasten.
Soweit ihm der eigene angemessene Selbstbehalt verbleibt, wäre es mit der gesetzlichen Grundregel des § 1606 III 2 BGB, die den betreuenden Elternteil grundsätzlich vom Barunterhalt freistellt, nicht zu vereinbaren, den nicht betreuenden Elternteil vollständig von einer Mithaftung zu befreien. Auf der anderen Seite erscheint es nicht gerechtfertigt, seine Haftung generell auf den Betrag zu erstrecken, der die Grenze des angemessenen Selbstbehalts übersteigt. Denn das könnte dazu führen, dass er bei hinreichender Leistungsfähigkeit den vollen Barunterhalt leisten muss, obwohl der betreuende Elternteil über ein erheblich höheres Einkommen verfügt. Dies würde den in § 1603 II 3 BGB zum Ausdruck gebrachten gesetzlichen Wertungen zuwider laufen. Nach Auffassung des Senats ist es sachgerecht, in derartigen Fällen die Haftungsanteile der Eltern für den vom nicht betreuenden Elternteil unter Berücksichtigung des Kindergelds an sich geschuldeten Zahlbetrag entsprechend den beim Volljährigenunterhalt zur Anwendung gelangenden Grundsätzen zu bemessen.
[Das Gericht legt dann dar, wie es bei einem Bedarf des Kindes vom EUR 260,00 und einem Selbstbehalt von damals EUR 925,00 die Unterhaltslast verteilen würde:]
Vergleichbares Einkommen der Mutter:
2278,00 Euro - 925,00 Euro = 1353,00 Euro
Vergleichbares Einkommen des Vaters:
1481,00 Euro - 925,00 Euro = 556,00 Euro
Vergleichbares Einkommen beider Eltern:
1353,00 Euro + 556,00 Euro = 1909,00 Euro
Quote der Mutter: 260,00 Euro x 1353,00 Euro : 1909,00 Euro = rund 184,00 Euro
Quote des Vaters: 260,00 Euro x 556,00 Euro: 1909,00 Euro = rund 76,00 Euro