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Bedeutung dienstlicher Beurteilungen für Beförderung -
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.06.11 - 2 C 19.10 -

Die dienstlichen Beurteilungen, die einer Auswahlentscheidung zugrunde gelegt werden, sollen aktuell sein. Lange gab es Streit um eine Grenzziehung: wann ist eine Beurteilung nicht mehr "aktuell"?
Man pendelte sich dann darauf ein, dass eine Beurteilung keinesfalls älter als drei Jahre sein solle. Dies wurde inzwischen auch in einzelne Beamtengesetze ausdrücklich aufgenommen.
Wünschenswert sind aber, so verstehen wir die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, deutlich aktuellere Beurteilungen.
Vergleichen Sie insbesondere den letzten Absatz der nachstehenden Entscheidung, dessen Bedeutung aber auch wieder zu relativieren ist, weil das Bundesverwaltungsgericht spätestens seit 2020 stark darauf drängt, dass die Gesetzgeber in ihren Zuständigkeitsbereichen möglichst Regelbeurteilungssysteme installieren. In einem solchen System sieht man Fragen der Aktualität der Beurteilungen entspannter. Sie könnten aktuell bleiben bis zum nächsten Stichtag für Regelbeurteilungen.

Bundesverwaltungsgericht, BVerwG 2 C 19.10, Urteil vom 30.06.11

2. ...

Der von Art. 33 Abs. 2 GG geforderte Leistungsvergleich der Bewerber um ein Beförderungsamt muss anhand aussagekräftiger, d.h. aktueller, hinreichend differenzierter und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhender dienstlicher Beurteilungen vorgenommen werden (Urteile vom 19.12.02 - BVerwG 2 C 31.01 -, vom 27.02.03 - BVerwG 2 C 16.02 - und vom 04.11.10 - BVerwG 2 C 16.09 - a.a.O. Rn. 46).

...

Ein weiterer Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG liegt darin, dass jedenfalls den zum 01.12.09 getroffenen Beförderungsentscheidungen keine hinreichend aussagekräftigen, weil nicht mehr aktuellen dienstlichen Beurteilungen zugrunde lagen. Zwar wurde die Beförderungsrangliste (2007) als allein maßgebliche Auswahlentscheidung unmittelbar im Anschluss an die Regelbeurteilungsrunde (Stichtag 31.01.07) und damit anhand aktueller Beurteilungen erstellt. Diese wurden in der Folgezeit jedoch nicht mehr aktualisiert. Dies wäre wegen des Zeitraums zwischen der Einreihung in die Rangliste und den Beförderungen Ende 2009 erforderlich gewesen.

Der Senat hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass ein Zeitablauf von rund anderthalb Jahren zu lang ist, wenn der Bewerber nach dem Beurteilungsstichtag andere Aufgaben wahrgenommen hat (Urteil vom 11.02.09 - BVerwG 2 A 7.06 -). Angesichts des Umstands, dass die Beförderungsrangliste die Ergebnisse eines bundesweiten Leistungsvergleichs in einer großen Bundesverwaltung wiedergeben sollte, ist ein Zeitraum von fast drei Jahren deutlich zu lang, um Ende 2009 in Bezug auf alle zu diesem Zeitpunkt noch in Beförderungskonkurrenz stehenden Beamten noch von hinreichend aktuellen Beurteilungen ausgehen zu können. Es ist ausgeschlossen, dass sich bei keinem der Bewerber leistungs- und beurteilungsrelevante Veränderungen ergeben haben. Anlassbeurteilungen, die es ermöglicht hätten, Besonderheiten in der Leistungsentwicklung einzelner Bewerber Rechnung zu tragen, waren nach den seinerzeit geltenden Beurteilungsrichtlinien für das Beförderungsverfahren nicht vorgesehen.

Soweit § 22 Abs. 1 Satz 2 BBG in der ab 12.02.09 geltenden Fassung die Einbeziehung dienstlicher Beurteilungen zulässt, wenn das Ende des letzten Beurteilungszeitraums zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung höchstens drei Jahre zurückliegt, handelt es sich um eine zeitliche Obergrenze, die zwar nicht überschritten, durchaus aber unterschritten werden kann. Letzteres ist insbesondere geboten, wenn wie hier die Beförderungspraxis zwangsläufig zu einem großen Bewerberfeld führt und zeitnahe Anlassbeurteilungen nicht erstellt werden.

Ist die Frage der Aktualität der dienstlichen Beurteilung für Sie relevant, dann sollten Sie vielleicht zu diesem Thema den Aufsatz von Prof. Dr. Heinrich Amadeus Wolff in ZBR 2016, 7 ff. heranziehen.
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