Schadensersatz nach Beförderung eines anderen Beamten?
Das Verwaltungsgericht Hannover und daran anschließend das OVG Lüneburg haben einer übergangenen Beamtin Schadensersatz zugesprochen.
VG Hannover, Urteil vom 10.05.10, 13 A 2989/09
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin den Betrag zu zahlen, der als Besoldung der Klägerin gewährt worden wäre, wenn die Klägerin im Zeitraum vom 31.10.08 bis 28.05.09 statt nach der BesGr A 12 bereits nach der BesGr A 13 besoldet worden wäre, zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozent über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit.
Die Beklagte und die Klägerin tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt Schadensersatz, weil sie meint, dass die Beförderung ihres Konkurrenten rechtswidrig war und eigentlich sie an seiner Stelle hätte befördert werden müssen.
Zum Zeitpunkt der Klageerhebung war die Klägerin noch Bauamtsrätin, am 28.05.09 wurde sie zwischenzeitlich ebenfalls zur Bauoberamtsrätin ernannt.
Der D. wurde im Statusamt eines Bauamtsrates mit Beurteilung vom ... mit „B - übertrifft erheblich die Anforderungen“ beurteilt (Regelbeurteilung für den Zeitraum von 01.07.06 bis 30.06.08, Beiakte C).
Die Klägerin wurde ebenfalls im Statusamt einer Bauamtsrätin mit einer Regelbeurteilung für den gleichen Zeitraum ... mit „A - Übertrifft in hervorragender Weise die Anforderungen“ beurteilt (Beiakte A).
Nach Vortrag der Klägerin hat sie am 30.10.08 erfahren, dass sie bei der Auswahlentscheidung zur Beförderung zum Bauoberamtsrat einem gewissen D. unterlegen ist.
Unstreitig wurde der D. am 31.10.08 zum Bauoberamtsrat ernannt.
Mit Schreiben vom 13.11.08 ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigen legte die Klägerin Widerspruch gegen die Auswahlentscheidung ein. Die Beklagte entgegnete, ein Widerspruch sei nicht statthaft, im Übrigen seien die Beförderungen der Konkurrenten bereits erfolgt. Die Beförderungsentscheidungen seien rechtmäßig getroffen worden. ...
Die Beurteilung des D. weise eine klare Tendenz zur Rangstufe A auf, zudem sei der von ihm besetzte Dienstposten nach BesGr. A 13 bewertet. Die Klägerin habe erst am 23.06.08 einen nach BesGr. A 13 bewerteten Dienstposten erhalten. Mit Schreiben vom 19.12.08 betonte die Beklagte, die Beförderungsentscheidung zugunsten des D. sei ausschließlich anhand der Ergebnisse der aktuell erstellten Regelbeurteilungen getroffen worden.
Die Klägerin hat am 24.02.09 Klage erhoben.
Sie trägt vor, nicht der D., sondern sie, die Klägerin, hätte am 31.10.08 rechtmäßigerweise befördert werden müssen.
Die Klägerin beantragt,
festzustellen, dass die am 31.10.08 durchgeführte Beförderung des Herrn D. rechtswidrig war und die Klägerin ihrerseits zur Bauoberamtsrätin (A 13 BBesO) hätte befördert werden müssen.
Mit dem am 30.12.09 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz gleichen Datums beantragt die Klägerin nunmehr zusätzlich hilfsweise,
die Beklagte zu verurteilen, ihr, der Klägerin, die Differenz zwischen der Besoldungsgruppe A 12 BBesO zu der Besoldungsgruppe A 13 BBesO für den Zeitraum vom 31.10.08 bis zum 28.05.09 abzurechnen/auszuzahlen nebst fünfprozentiger Verzinsung über dem Basiszinssatz jeweils zum Ende des Monats der Fälligkeit, hilfsweise nebst fünfprozentiger Verzinsung über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen
Sie tritt der Klage entgegen. Hinsichtlich der Feststellungsklage hält sie die Klage für unzulässig.
Die Klägerin und der D. seien als im wesentlich gleich beurteilt zu bewerten. Die Beurteilung des D. weise eine klare Tendenz zu „A“ auf. Der D. nehme aber bereits seit dem 01.07.04 die Position des Leiters der Straßenmeisterei Löningen wahr, der nach BesGr. A 13 bewertet worden sei. Der bis zum 22.06.08 - und damit für die überwiegende Zeit des Beurteilungszeitraumes - von der Klägerin besetzte Dienstposten sei dagegen nur nach BesGr. A 12 bewertet gewesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat nur teilweise Erfolg.
Soweit die Klägerin die Feststellung begehrt, die Beförderung des D. sei rechtswidrig gewesen und sie hätte statt seiner befördert werden müssen, ist die Klage unzulässig.
Der Klägerin steht kein Feststellungsinteresse zur Seite. Eine Wiederholungsgefahr bestand nicht; auch ist eine Feststellungsklage (anders als eine Fortsetzungsfeststellungsklage), die allein zur Vorbereitung eines Schadenersatzprozesses erhoben wird, unstatthaft. Zudem konnte die Klägerin ihre Rechte im Rahmen einer allgemeinen Leistungsklage auf Folgenbeseitigung bzw. - wie hier am 30.12.09 hilfsweise geschehen - auf Schadenersatz wegen Verletzung der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht geltend machen.
Der Hilfsantrag der Kläger ist jedoch zulässig und zum überwiegenden Teil begründet.
Die Klägerin macht in ihrem Hilfsantrag Schadenersatz aus Verletzung der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht geltend.
Ein Beamter kann von seinem Dienstherrn Ersatz des ihm durch die Nichtbeförderung entstandenen Schadens verlangen, wenn der Dienstherr bei der Vergabe eines Beförderungsamtes den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch des Beamten auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl schuldhaft verletzt hat, dem Beamten das Amt ohne diesen Rechtsverstoß voraussichtlich übertragen worden wäre und er es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. Rechtsgrundlage dieses Schadensersatzanspruchs ist das Beamtenverhältnis (BVerwG vom 25.8.1988 - 2 C 51.86, BVerwGE 80, 123; vom 28.5.1998 - 2 C 29.97, BVerwGE 107, 29; vom 1.4.04 - 2 C 26.03, Buchholz 237.8 § 10 RhPLBG Nr. 1 und vom 17.8.05 – 2 C 36/04; BayVGH vom 18.7.05 - 3 ZB 04.1095; s.a. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 30.06.06 - 1 L 4/06 - sowie VG Ansbach, Urt. v. 07.03.06 - AN 1 K 00811).
Der Klägerin ist ein Schaden entstanden, indem sie nicht schon zum 31.10.08 anstelle des D., sondern erst am 28.05.09 zur Bauoberamtsrätin ernannt worden ist. Für den Zeitraum dazwischen hat sie sich mit Amtsbezügen nach BesGr. A 12 zufrieden geben müssen. Der Schaden liegt in der Differenz zu den Amtsbezügen der BesGr A 13. Die Frage, ob die Klägerin auch einen versorgungsrechtlichen Nachteil erlitten hat und ob dieser ggf. auszugleichen ist, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens und kann vom Gericht nicht entschieden werden. Das Gericht darf über die Klagenträge nicht hinausgehen, § 88 VwGO.
Der Schaden lässt sich weiterhin kausal auf die - rechtsfehlerhafte - Entscheidung der Beklagten, den Konkurrenten D. auszuwählen und zu befördern, zurückführen.
Die von der Beklagten getroffene Auswahlentscheidung erweist sich als rechtswidrig.
Sowohl die Klägerin als auch der D. wurden im Statusamt eines Bauamtsrats beurteilt, die Klägerin mit „A“, der D. mit „B“. Die Klägerin hat damit die eindeutig bessere Beurteilung erhalten. Der Umstand, dass der Dienstposten, den der D. während des Beurteilungszeitraumes innegehabt und ausgefüllt hat, nach BesGr A 13 bewertet worden war, führt nicht dazu, dass das „B“ des Mitbewerbers besser ist als das „A“ der Klägerin oder zumindest gleichwertig. Denn beide, Klägerin und der D. wurden in ihrem Statusamt beurteilt. Natürlich kann bei einer Beurteilung berücksichtigt werden, dass ein Beamter einen höherwertigen Dienstposten ausfüllt, etwa dadurch, dass deshalb die Leistungen besser beurteilt werden. Ob dies hier schon geschehen ist und der D. deshalb ein „B“ erreicht hat oder ob der Beurteiler dies unberücksichtigt gelassen hat, bedarf hier keiner Klärung. Denn die Beurteilung des Mitbewerbers wurde durch diesen nicht angefochten und ist vom Gericht nach alledem so als gegeben zu Grunde zu legen. Lediglich in Konkurrenz mit einem Bauoberamtsrat, der auf einen Dienstposten A 13 mit „B“ bewertet wurde, kann die Beurteilung eines Bauamtsrats mit „A“ gleichgestellt werden.
Dafür, dass bei einer ordnungsgemäßen Auswahlentscheidung gleichwohl nicht die Klägerin zum Zuge gekommen wäre (sondern möglicherweise ein weiterer dritter Bewerber) liegen keinerlei Anhaltspunkte vor und dies wurde auch von der Beklagten selbst nicht vorgetragen.
Die Klägerin konnte die Ernennung des D. durch Rechtsmittel letztendlich nicht selbst verhindern. Er wurde bereits einem Tag nach der Information der Klägerin (die im Übrigen nur informell durch eMail geschah) ernannt. Jedes Rechtsmittel wäre insoweit zu spät gekommen.
Die zugesprochene Zinsforderung rechtfertigt sich aus § 291 BGB (Prozesszinsen). Ein weitergehender Zinsanspruch könnte sich nur aus einem entsprechenden Schaden ergeben. Dass die Klägerin aber einen derartigen Zinsschaden erlitten hat, wurde weder dargelegt noch liegen dafür Anhaltspunkte vor.
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahrens war nicht gem. § 162 Abs. 2 VwGO für notwendig zu erklären. Denn der vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin eingelegte Widerspruch war nach § 192 Abs. 4 NBG a.F. unstatthaft.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin den Betrag zu zahlen, der als Besoldung der Klägerin gewährt worden wäre, wenn die Klägerin im Zeitraum vom 31.10.08 bis 28.05.09 statt nach der BesGr A 12 bereits nach der BesGr A 13 besoldet worden wäre, zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozent über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit.
Die Beklagte und die Klägerin tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt Schadensersatz, weil sie meint, dass die Beförderung ihres Konkurrenten rechtswidrig war und eigentlich sie an seiner Stelle hätte befördert werden müssen.
Zum Zeitpunkt der Klageerhebung war die Klägerin noch Bauamtsrätin, am 28.05.09 wurde sie zwischenzeitlich ebenfalls zur Bauoberamtsrätin ernannt.
Der D. wurde im Statusamt eines Bauamtsrates mit Beurteilung vom ... mit „B - übertrifft erheblich die Anforderungen“ beurteilt (Regelbeurteilung für den Zeitraum von 01.07.06 bis 30.06.08, Beiakte C).
Die Klägerin wurde ebenfalls im Statusamt einer Bauamtsrätin mit einer Regelbeurteilung für den gleichen Zeitraum ... mit „A - Übertrifft in hervorragender Weise die Anforderungen“ beurteilt (Beiakte A).
Nach Vortrag der Klägerin hat sie am 30.10.08 erfahren, dass sie bei der Auswahlentscheidung zur Beförderung zum Bauoberamtsrat einem gewissen D. unterlegen ist.
Unstreitig wurde der D. am 31.10.08 zum Bauoberamtsrat ernannt.
Mit Schreiben vom 13.11.08 ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigen legte die Klägerin Widerspruch gegen die Auswahlentscheidung ein. Die Beklagte entgegnete, ein Widerspruch sei nicht statthaft, im Übrigen seien die Beförderungen der Konkurrenten bereits erfolgt. Die Beförderungsentscheidungen seien rechtmäßig getroffen worden. ...
Die Beurteilung des D. weise eine klare Tendenz zur Rangstufe A auf, zudem sei der von ihm besetzte Dienstposten nach BesGr. A 13 bewertet. Die Klägerin habe erst am 23.06.08 einen nach BesGr. A 13 bewerteten Dienstposten erhalten. Mit Schreiben vom 19.12.08 betonte die Beklagte, die Beförderungsentscheidung zugunsten des D. sei ausschließlich anhand der Ergebnisse der aktuell erstellten Regelbeurteilungen getroffen worden.
Die Klägerin hat am 24.02.09 Klage erhoben.
Sie trägt vor, nicht der D., sondern sie, die Klägerin, hätte am 31.10.08 rechtmäßigerweise befördert werden müssen.
Die Klägerin beantragt,
festzustellen, dass die am 31.10.08 durchgeführte Beförderung des Herrn D. rechtswidrig war und die Klägerin ihrerseits zur Bauoberamtsrätin (A 13 BBesO) hätte befördert werden müssen.
Mit dem am 30.12.09 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz gleichen Datums beantragt die Klägerin nunmehr zusätzlich hilfsweise,
die Beklagte zu verurteilen, ihr, der Klägerin, die Differenz zwischen der Besoldungsgruppe A 12 BBesO zu der Besoldungsgruppe A 13 BBesO für den Zeitraum vom 31.10.08 bis zum 28.05.09 abzurechnen/auszuzahlen nebst fünfprozentiger Verzinsung über dem Basiszinssatz jeweils zum Ende des Monats der Fälligkeit, hilfsweise nebst fünfprozentiger Verzinsung über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen
Sie tritt der Klage entgegen. Hinsichtlich der Feststellungsklage hält sie die Klage für unzulässig.
Die Klägerin und der D. seien als im wesentlich gleich beurteilt zu bewerten. Die Beurteilung des D. weise eine klare Tendenz zu „A“ auf. Der D. nehme aber bereits seit dem 01.07.04 die Position des Leiters der Straßenmeisterei Löningen wahr, der nach BesGr. A 13 bewertet worden sei. Der bis zum 22.06.08 - und damit für die überwiegende Zeit des Beurteilungszeitraumes - von der Klägerin besetzte Dienstposten sei dagegen nur nach BesGr. A 12 bewertet gewesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat nur teilweise Erfolg.
Soweit die Klägerin die Feststellung begehrt, die Beförderung des D. sei rechtswidrig gewesen und sie hätte statt seiner befördert werden müssen, ist die Klage unzulässig.
Der Klägerin steht kein Feststellungsinteresse zur Seite. Eine Wiederholungsgefahr bestand nicht; auch ist eine Feststellungsklage (anders als eine Fortsetzungsfeststellungsklage), die allein zur Vorbereitung eines Schadenersatzprozesses erhoben wird, unstatthaft. Zudem konnte die Klägerin ihre Rechte im Rahmen einer allgemeinen Leistungsklage auf Folgenbeseitigung bzw. - wie hier am 30.12.09 hilfsweise geschehen - auf Schadenersatz wegen Verletzung der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht geltend machen.
Der Hilfsantrag der Kläger ist jedoch zulässig und zum überwiegenden Teil begründet.
Die Klägerin macht in ihrem Hilfsantrag Schadenersatz aus Verletzung der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht geltend.
Ein Beamter kann von seinem Dienstherrn Ersatz des ihm durch die Nichtbeförderung entstandenen Schadens verlangen, wenn der Dienstherr bei der Vergabe eines Beförderungsamtes den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch des Beamten auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl schuldhaft verletzt hat, dem Beamten das Amt ohne diesen Rechtsverstoß voraussichtlich übertragen worden wäre und er es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. Rechtsgrundlage dieses Schadensersatzanspruchs ist das Beamtenverhältnis (BVerwG vom 25.8.1988 - 2 C 51.86, BVerwGE 80, 123; vom 28.5.1998 - 2 C 29.97, BVerwGE 107, 29; vom 1.4.04 - 2 C 26.03, Buchholz 237.8 § 10 RhPLBG Nr. 1 und vom 17.8.05 – 2 C 36/04; BayVGH vom 18.7.05 - 3 ZB 04.1095; s.a. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 30.06.06 - 1 L 4/06 - sowie VG Ansbach, Urt. v. 07.03.06 - AN 1 K 00811).
Der Klägerin ist ein Schaden entstanden, indem sie nicht schon zum 31.10.08 anstelle des D., sondern erst am 28.05.09 zur Bauoberamtsrätin ernannt worden ist. Für den Zeitraum dazwischen hat sie sich mit Amtsbezügen nach BesGr. A 12 zufrieden geben müssen. Der Schaden liegt in der Differenz zu den Amtsbezügen der BesGr A 13. Die Frage, ob die Klägerin auch einen versorgungsrechtlichen Nachteil erlitten hat und ob dieser ggf. auszugleichen ist, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens und kann vom Gericht nicht entschieden werden. Das Gericht darf über die Klagenträge nicht hinausgehen, § 88 VwGO.
Der Schaden lässt sich weiterhin kausal auf die - rechtsfehlerhafte - Entscheidung der Beklagten, den Konkurrenten D. auszuwählen und zu befördern, zurückführen.
Die von der Beklagten getroffene Auswahlentscheidung erweist sich als rechtswidrig.
Sowohl die Klägerin als auch der D. wurden im Statusamt eines Bauamtsrats beurteilt, die Klägerin mit „A“, der D. mit „B“. Die Klägerin hat damit die eindeutig bessere Beurteilung erhalten. Der Umstand, dass der Dienstposten, den der D. während des Beurteilungszeitraumes innegehabt und ausgefüllt hat, nach BesGr A 13 bewertet worden war, führt nicht dazu, dass das „B“ des Mitbewerbers besser ist als das „A“ der Klägerin oder zumindest gleichwertig. Denn beide, Klägerin und der D. wurden in ihrem Statusamt beurteilt. Natürlich kann bei einer Beurteilung berücksichtigt werden, dass ein Beamter einen höherwertigen Dienstposten ausfüllt, etwa dadurch, dass deshalb die Leistungen besser beurteilt werden. Ob dies hier schon geschehen ist und der D. deshalb ein „B“ erreicht hat oder ob der Beurteiler dies unberücksichtigt gelassen hat, bedarf hier keiner Klärung. Denn die Beurteilung des Mitbewerbers wurde durch diesen nicht angefochten und ist vom Gericht nach alledem so als gegeben zu Grunde zu legen. Lediglich in Konkurrenz mit einem Bauoberamtsrat, der auf einen Dienstposten A 13 mit „B“ bewertet wurde, kann die Beurteilung eines Bauamtsrats mit „A“ gleichgestellt werden.
Dafür, dass bei einer ordnungsgemäßen Auswahlentscheidung gleichwohl nicht die Klägerin zum Zuge gekommen wäre (sondern möglicherweise ein weiterer dritter Bewerber) liegen keinerlei Anhaltspunkte vor und dies wurde auch von der Beklagten selbst nicht vorgetragen.
Die Klägerin konnte die Ernennung des D. durch Rechtsmittel letztendlich nicht selbst verhindern. Er wurde bereits einem Tag nach der Information der Klägerin (die im Übrigen nur informell durch eMail geschah) ernannt. Jedes Rechtsmittel wäre insoweit zu spät gekommen.
Die zugesprochene Zinsforderung rechtfertigt sich aus § 291 BGB (Prozesszinsen). Ein weitergehender Zinsanspruch könnte sich nur aus einem entsprechenden Schaden ergeben. Dass die Klägerin aber einen derartigen Zinsschaden erlitten hat, wurde weder dargelegt noch liegen dafür Anhaltspunkte vor.
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahrens war nicht gem. § 162 Abs. 2 VwGO für notwendig zu erklären. Denn der vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin eingelegte Widerspruch war nach § 192 Abs. 4 NBG a.F. unstatthaft.
OVG Lüneburg, Beschluss vom 14.09.11, 5 LA 161/10,
Schadensersatz wegen unterbliebener Beförderung
Leitsatz/Leitsätze
Zur Frage, ob einer Beamtin, die in einem Auswahlverfahren um eine Beförderungsstelle nicht berücksichtigt worden ist, obwohl sie in ihrer im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung aktuellen dienstlichen Beurteilung ein um eine Rangstufe besseres Gesamturteil als der ausgewählte Beamte erhalten hat, gegen den Dienstherrn ein Anspruch auf Schadensersatz wegen unterbliebener Beförderung zusteht (hier bejaht).Aus dem Entscheidungstext
Gründe
Die Klägerin, die das Amt einer Bauamtsrätin inne hatte, erfuhr am 30.10.08, dass die Beklagte beabsichtigte, den damaligen Bauamtsrat B. zum Bauoberamtsrat zu ernennen. Die Ernennung des vorgenannten Beamten erfolgte sodann einen Tag später (31.10.08). Ihrem Klagebegehren, ihr Schadensersatz wegen der unterbliebenen eigenen Beförderung zu gewähren, hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 10.05.10 entsprochen. Die Berufung hat das Verwaltungsgericht nicht zugelassen. Die Beklagte hat die Zulassung der Berufung beantragt ...
Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
1. ...
2. Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist jedoch in der Sache nicht begründet. Denn die Voraussetzungen der von der Beklagten geltend gemachten Zulassungsgründe sind nicht erfüllt.
a.) Die Voraussetzungen des Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen nicht vor.
…
Im Hinblick auf das Vorbringen der Beklagten im Zulassungsverfahren ist lediglich das Folgende hervorzuheben bzw. zu ergänzen:
Ein Beamter kann von seinem Dienstherrn Ersatz des ihm durch die unterbliebene oder verspätete Beförderung entstandenen Schadens verlangen, wenn der Dienstherr bei der Vergabe eines Beförderungsamtes den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch des Beamten auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl schuldhaft verletzt hat, dem Beamten das Amt ohne diesen Rechtsverstoß voraussichtlich übertragen worden wäre und er es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.08.05 - 2 C 36.04 -, juris; Nds. OVG, Beschluss vom 08.06.11 - 5 LA 37/10 -).
Die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass der Klägerin durch die Nichtberücksichtigung bei der zugunsten des jetzigen Bauoberamtsrats B. getroffenen Auswahlentscheidung ein Schaden in der geltend gemachten Höhe entstanden ist und dass die Klägerin es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden, hat die Beklagte nicht angegriffen. Die Beklagte wendet sich gegen die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass die Entscheidung, den damaligen Bauamtsrat B. auszuwählen und ihn zum Bauoberamtsrat zu ernennen, rechtswidrig gewesen ist. Die dahingehende Feststellung begegnet entgegen der Ansicht der Beklagten jedoch keinen ernstlichen Richtigkeitszweifeln. Das Verwaltungsgericht hat die streitige Auswahlentscheidung zutreffend als rechtswidrig eingestuft.
Auswahlentscheidungen unterliegen als Akt wertender Erkenntnis lediglich einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung beschränkt sich darauf, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat oder ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften oder mit höherrangigem Recht vereinbare Richtlinien (Verwaltungsvorschriften) verstoßen hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.02.03 - 2 C 16.02 -, juris; Urteil vom 21.08.03 - 2 C 14.02 -, juris; Nds. OVG, Beschlüsse vom 18.08.11 - 5 ME 209/11 und 5 ME 212/11 -, juris).
Dem nicht nur bei einer Beförderung, sondern auch bei der Übertragung eines höherwertigen Dienstpostens zu beachtenden Grundsatz der Bestenauslese (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.02.03, a. a. O.), der sich aus Art. 33 Abs. 2 GG und § 9 BeamtStG ergibt, entspricht es, zur Ermittlung des Leistungsstandes konkurrierender Bewerber in erster Linie auf unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen. Dies sind regelmäßig die aktuellen dienstlichen Beurteilungen, weil für die zu treffende Entscheidung hinsichtlich von Leistung, Befähigung und Eignung auf den aktuellen Stand abzustellen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.02.03, a. a. O.; Nds. OVG, Beschlüsse vom 18.08.11, a. a. O.; OVG Münster, Beschluss vom 1.8.2011 - 1 B 186/11 -, juris).
Bei einem Vergleich der jeweils aktuellen dienstlichen Beurteilung der Bewerber kommt es zunächst auf das erreichte Gesamturteil, das heißt die vergebene Wertungsstufe beziehungsweise die vergebene Gesamtnote, an. Innerhalb der durch das einschlägige Gesetzes- und Verordnungsrecht gezogenen Grenzen kann der Dienstherr Verfahren und Inhalt dienstlicher Beurteilungen weitgehend durch Richtlinien festlegen. Er kann nach den Erfordernissen in den einzelnen Verwaltungsbereichen unterschiedliche Beurteilungssysteme einführen, Notenskalen aufstellen und festlegen, welchen Begriffsinhalt die einzelnen Notenbezeichnungen haben. Das gewählte Beurteilungssystem muss aber gleichmäßig auf alle Beamten angewendet werden, die bei beamtenrechtlichen Entscheidungen über ihre Verwendung und über ihr dienstliches Fortkommen miteinander in Wettbewerb treten können (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.02.03, a. a. O.). Das die Beurteilungen abschließende Gesamturteil ist nach der Zweckbestimmung der dienstlichen Beurteilung die entscheidende zusammenfassende Bewertung durch den Dienstherrn. Das Gesamturteil ermöglicht vornehmlich den Vergleich unter den Bewerbern, auf den bei der sachgerechten Auslese zur Vorbereitung personalrechtlicher Maßnahmen (Anstellung, Übertragung höherwertiger Dienstposten, Beförderung, Einbeziehung in das Auswahlverfahren für den Aufstieg) abzuheben ist. Für die Dienstbehörde wie für den Beamten muss es zuverlässig Aufschluss geben über den Standort des einzelnen Beamten im Leistungswettbewerb untereinander. Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist in Nr. 6.3 der vorliegend maßgeblichen "Allgemeinen Richtlinien für die dienstliche Beurteilung der Beschäftigten im unmittelbaren Landesdienst - BRL - (Beschl. d. LReg v. 12.12.06, Nds. MBl. 2007 S. 5) in zulässiger Weise geregelt worden, dass die Gesamtbewertung der Leistungsmerkmale in einer von fünf vorgesehenen Rangstufen (Rangstufen A - E) zu erfolgen hat.
Der jetzige Bauoberamtsrat B. hat in seiner im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung aktuellen dienstlichen Beurteilung ... im Statusamt des Bauamtsrats die Rangstufe B ("Übertrifft erheblich die Anforderungen") erhalten. Dagegen hat die Klägerin in ihrer im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung aktuellen dienstlichen Beurteilung ... im Statusamt der Bauamtsrätin die Rangstufe A ("Übertrifft in hervorragender Weise die Anforderungen") erzielt. In dieser um eine Rangstufe besseren dienstlichen Beurteilung der Klägerin kommt ein im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.02.03, a. a. O.) messbarer und beachtlicher Bewertungsunterschied zum Ausdruck (vgl. auch Nds. OVG, Beschluss vom 18.08.11 - 5 ME 209/11 -, a. a. O.). Da - wie ausgeführt wurde - bei der streitigen Auswahlentscheidung die den Beamten erteilten aktuellen dienstlichen Beurteilungen in erster Linie zu berücksichtigen waren, hätte die Beklagte diesen Bewertungsunterschied zwingend und ausschlaggebend zugunsten der Klägerin berücksichtigen müssen (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 18.08.11 - 5 ME 209/11 -, a. a. O.; OVG Münster, Beschluss vom 1.8.2011, a. a. O.; vgl. auch VGH Mannheim, Beschluss vom 12.4.2011 - 4 S 353/11 -, juris). Ein Ermessensspielraum dahingehend, für die Auswahlentscheidung auf weitere unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen, zum Beispiel Durchführung von strukturierten Auswahlgesprächen, Rückgriff auf ältere dienstliche Beurteilungen oder - wie die Beklagte meint - eine so genannte ausschärfende Betrachtungsweise der einzelnen Beurteilungsmerkmale der aktuellen dienstlichen Beurteilungen, war der Beklagten angesichts des beachtlichen Bewertungsunterschiedes nicht mehr eröffnet (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 18.08.11 - 5 ME 209/11 -, a. a. O.).
Die Beklagte war mithin, wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, nicht berechtigt, trotz des Bewertungsunterschiedes ausschlaggebend darauf abzustellen, dass der jetzige Bauoberamtsrat B. - anders als die Klägerin - während des gesamten Beurteilungszeitraumes einen höherwertigen, nämlich nach der Besoldungsgruppe A 13 bewerteten Dienstposten, inne hatte. Eine solche Verfahrensweise ist mit den dargestellten Maßstäben nicht vereinbar.
Die Beklagte kann demgegenüber nicht mit Erfolg geltend machen, dass nach Nr. 6.2 Abs. 5 BRL für die Vergabe der Rangstufe die Erfüllung der Anforderungen maßgebend sei, die an den Inhaber auf dem jeweiligen Dienstposten unter Berücksichtigung der Besoldungsgruppe gestellt werden könnten. Ob diese Regelung bei der Fertigung der dienstlichen Beurteilung des jetzigen Bauoberamtsrats B. vom 4. Juli/26. August 08 berücksichtigt worden ist, kann - worauf auch das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat - dahinstehen, da der genannte Beamte seine dienstliche Beurteilung nicht angegriffen hat, so dass sie bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung zugrunde zu legen ist.
Die Beklagte vermag auch nicht mit ihrem Einwand durchzudringen, die Klägerin hätte gar nicht anstelle des jetzigen Bauoberamtsrats B. befördert werden können, weil der Beförderung die Vorschrift des § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 NBG a. F., wonach eine Beförderung nicht vor Ablauf einer Erprobungszeit von drei Monaten auf einem höher bewerteten Dienstposten zulässig gewesen sei, entgegen gestanden habe.
Die Klägerin hatte ausweislich ihrer Personalakte seit dem 23. Juni 08 einen nach der Besoldungsgruppe A 13 bewerteten Dienstposten inne. Die streitige Auswahlentscheidung ist - wie sich aus dem in der Personalakte des jetzigen Bauoberamtsrats B. befindlichen Schreiben des Dezernats 12 der Beklagten vom 29.10.08 ergibt - an jenem Tag getroffen worden. Zu dem Zeitpunkt war die Klägerin mithin schon länger als vier Monate auf einem höher bewerteten Dienstposten erprobt worden, so dass sie in die Auswahlentscheidung hätte einbezogen werden müssen.
Die Beklagte kann demgegenüber nicht mit Erfolg geltend machen, sie habe die Klägerin nicht mehr in das Auswahlverfahren einbeziehen müssen, weil sie - die Beklagte - den Kreis der berücksichtigungsfähigen Beamten auf den 16.09.08 festgelegt habe, also auf einen Zeitpunkt, zu dem die Klägerin noch nicht drei Monate auf einem höher bewerteten Dienstposten erprobt gewesen sei.
Es kann offen bleiben, ob es im Hinblick auf Art. 33 Abs. 2 GG und den zu beachtenden Grundsatz der Bestenauslese zulässig ist, ohne Durchführung einer Stellenausschreibung (vgl. § 8 Abs. 2 NBG a. F.) verwaltungsintern einen Stichtag festzulegen, der - wie der vorliegende Fall zeigt - dazu führen kann, dass ein schon im Zeitpunkt des Stichtags und auch noch im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung besser beurteilter Bewerber unberücksichtigt bleibt. Das behördliche Auswahlverfahren und sein Verlauf müssen jedenfalls aber transparent und in jeder Hinsicht nachvollziehbar sein. Das ist vorliegend nicht der Fall.
Die Beklagte hat vorgetragen, der Stichtag werde "in der Regel" auf sechs Wochen vor dem geplanten Beförderungstermin festgelegt. Schon diese Verfahrensweise, die offenbar Ausnahmen zulässt, erscheint nicht hinreichend transparent, da es - wie die Klägerin zu Recht eingewandt hat - die Möglichkeit eröffnet, unabhängig vom Leistungsgrundsatz bestimmte Beamte vom Auswahlverfahren auszuschließen. Im vorliegenden Fall hätte die Klägerin auch nach der Verfahrensweise der Beklagten zwingend in das Auswahlverfahren einbezogen werden müssen, wenn der Stichtag nur um eine Woche auf den 23.09.08 hinausgeschoben worden wäre. Dass es nicht möglich gewesen wäre, die Auswahlentscheidung bis zum 31.10.08 zum Abschluss zu bringen, wenn in dieser Weise verfahren worden wäre, ist weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.
Das Auswahlverfahren der Beklagten ist jedenfalls aber deshalb wegen nicht hinreichender Transparenz und Nachvollziehbarkeit rechtlich zu beanstanden, weil die von der Beklagten dazu vorgelegten behördeninternen Schriftstücke es nicht zulassen, die Festlegung des Stichtags auf den 16.09.08 zweifelsfrei nachzuprüfen. ...
Aus dem vorgenannten Text kann in keinerlei Weise auch für Außenstehende nachvollziehbar entnommen worden, dass der Stichtag auf den 16.09.08 festgelegt worden ist, zumal in dem Text nicht etwa das vorgenannte Datum bezeichnet worden ist, sondern der 15.09.08. Es kommt nicht darauf an, dass der Sachbearbeiter, wie die Beklagte angeboten hat, "das Bestehen des Stichtages am 16.09.08 selbstverständlich … bezeugen" kann. Entscheidungserheblich ist, dass das behördliche Auswahlverfahren und sein Verlauf nicht transparent und in jeder Hinsicht nachvollziehbar dokumentiert worden sind.
Schadensersatz wegen unterbliebener Beförderung
Leitsatz/Leitsätze
Zur Frage, ob einer Beamtin, die in einem Auswahlverfahren um eine Beförderungsstelle nicht berücksichtigt worden ist, obwohl sie in ihrer im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung aktuellen dienstlichen Beurteilung ein um eine Rangstufe besseres Gesamturteil als der ausgewählte Beamte erhalten hat, gegen den Dienstherrn ein Anspruch auf Schadensersatz wegen unterbliebener Beförderung zusteht (hier bejaht).Aus dem Entscheidungstext
Gründe
Die Klägerin, die das Amt einer Bauamtsrätin inne hatte, erfuhr am 30.10.08, dass die Beklagte beabsichtigte, den damaligen Bauamtsrat B. zum Bauoberamtsrat zu ernennen. Die Ernennung des vorgenannten Beamten erfolgte sodann einen Tag später (31.10.08). Ihrem Klagebegehren, ihr Schadensersatz wegen der unterbliebenen eigenen Beförderung zu gewähren, hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 10.05.10 entsprochen. Die Berufung hat das Verwaltungsgericht nicht zugelassen. Die Beklagte hat die Zulassung der Berufung beantragt ...
Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
1. ...
2. Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist jedoch in der Sache nicht begründet. Denn die Voraussetzungen der von der Beklagten geltend gemachten Zulassungsgründe sind nicht erfüllt.
a.) Die Voraussetzungen des Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen nicht vor.
…
Im Hinblick auf das Vorbringen der Beklagten im Zulassungsverfahren ist lediglich das Folgende hervorzuheben bzw. zu ergänzen:
Ein Beamter kann von seinem Dienstherrn Ersatz des ihm durch die unterbliebene oder verspätete Beförderung entstandenen Schadens verlangen, wenn der Dienstherr bei der Vergabe eines Beförderungsamtes den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch des Beamten auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl schuldhaft verletzt hat, dem Beamten das Amt ohne diesen Rechtsverstoß voraussichtlich übertragen worden wäre und er es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.08.05 - 2 C 36.04 -, juris; Nds. OVG, Beschluss vom 08.06.11 - 5 LA 37/10 -).
Die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass der Klägerin durch die Nichtberücksichtigung bei der zugunsten des jetzigen Bauoberamtsrats B. getroffenen Auswahlentscheidung ein Schaden in der geltend gemachten Höhe entstanden ist und dass die Klägerin es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden, hat die Beklagte nicht angegriffen. Die Beklagte wendet sich gegen die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass die Entscheidung, den damaligen Bauamtsrat B. auszuwählen und ihn zum Bauoberamtsrat zu ernennen, rechtswidrig gewesen ist. Die dahingehende Feststellung begegnet entgegen der Ansicht der Beklagten jedoch keinen ernstlichen Richtigkeitszweifeln. Das Verwaltungsgericht hat die streitige Auswahlentscheidung zutreffend als rechtswidrig eingestuft.
Auswahlentscheidungen unterliegen als Akt wertender Erkenntnis lediglich einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung beschränkt sich darauf, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat oder ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften oder mit höherrangigem Recht vereinbare Richtlinien (Verwaltungsvorschriften) verstoßen hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.02.03 - 2 C 16.02 -, juris; Urteil vom 21.08.03 - 2 C 14.02 -, juris; Nds. OVG, Beschlüsse vom 18.08.11 - 5 ME 209/11 und 5 ME 212/11 -, juris).
Dem nicht nur bei einer Beförderung, sondern auch bei der Übertragung eines höherwertigen Dienstpostens zu beachtenden Grundsatz der Bestenauslese (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.02.03, a. a. O.), der sich aus Art. 33 Abs. 2 GG und § 9 BeamtStG ergibt, entspricht es, zur Ermittlung des Leistungsstandes konkurrierender Bewerber in erster Linie auf unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen. Dies sind regelmäßig die aktuellen dienstlichen Beurteilungen, weil für die zu treffende Entscheidung hinsichtlich von Leistung, Befähigung und Eignung auf den aktuellen Stand abzustellen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.02.03, a. a. O.; Nds. OVG, Beschlüsse vom 18.08.11, a. a. O.; OVG Münster, Beschluss vom 1.8.2011 - 1 B 186/11 -, juris).
Bei einem Vergleich der jeweils aktuellen dienstlichen Beurteilung der Bewerber kommt es zunächst auf das erreichte Gesamturteil, das heißt die vergebene Wertungsstufe beziehungsweise die vergebene Gesamtnote, an. Innerhalb der durch das einschlägige Gesetzes- und Verordnungsrecht gezogenen Grenzen kann der Dienstherr Verfahren und Inhalt dienstlicher Beurteilungen weitgehend durch Richtlinien festlegen. Er kann nach den Erfordernissen in den einzelnen Verwaltungsbereichen unterschiedliche Beurteilungssysteme einführen, Notenskalen aufstellen und festlegen, welchen Begriffsinhalt die einzelnen Notenbezeichnungen haben. Das gewählte Beurteilungssystem muss aber gleichmäßig auf alle Beamten angewendet werden, die bei beamtenrechtlichen Entscheidungen über ihre Verwendung und über ihr dienstliches Fortkommen miteinander in Wettbewerb treten können (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.02.03, a. a. O.). Das die Beurteilungen abschließende Gesamturteil ist nach der Zweckbestimmung der dienstlichen Beurteilung die entscheidende zusammenfassende Bewertung durch den Dienstherrn. Das Gesamturteil ermöglicht vornehmlich den Vergleich unter den Bewerbern, auf den bei der sachgerechten Auslese zur Vorbereitung personalrechtlicher Maßnahmen (Anstellung, Übertragung höherwertiger Dienstposten, Beförderung, Einbeziehung in das Auswahlverfahren für den Aufstieg) abzuheben ist. Für die Dienstbehörde wie für den Beamten muss es zuverlässig Aufschluss geben über den Standort des einzelnen Beamten im Leistungswettbewerb untereinander. Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist in Nr. 6.3 der vorliegend maßgeblichen "Allgemeinen Richtlinien für die dienstliche Beurteilung der Beschäftigten im unmittelbaren Landesdienst - BRL - (Beschl. d. LReg v. 12.12.06, Nds. MBl. 2007 S. 5) in zulässiger Weise geregelt worden, dass die Gesamtbewertung der Leistungsmerkmale in einer von fünf vorgesehenen Rangstufen (Rangstufen A - E) zu erfolgen hat.
Der jetzige Bauoberamtsrat B. hat in seiner im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung aktuellen dienstlichen Beurteilung ... im Statusamt des Bauamtsrats die Rangstufe B ("Übertrifft erheblich die Anforderungen") erhalten. Dagegen hat die Klägerin in ihrer im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung aktuellen dienstlichen Beurteilung ... im Statusamt der Bauamtsrätin die Rangstufe A ("Übertrifft in hervorragender Weise die Anforderungen") erzielt. In dieser um eine Rangstufe besseren dienstlichen Beurteilung der Klägerin kommt ein im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.02.03, a. a. O.) messbarer und beachtlicher Bewertungsunterschied zum Ausdruck (vgl. auch Nds. OVG, Beschluss vom 18.08.11 - 5 ME 209/11 -, a. a. O.). Da - wie ausgeführt wurde - bei der streitigen Auswahlentscheidung die den Beamten erteilten aktuellen dienstlichen Beurteilungen in erster Linie zu berücksichtigen waren, hätte die Beklagte diesen Bewertungsunterschied zwingend und ausschlaggebend zugunsten der Klägerin berücksichtigen müssen (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 18.08.11 - 5 ME 209/11 -, a. a. O.; OVG Münster, Beschluss vom 1.8.2011, a. a. O.; vgl. auch VGH Mannheim, Beschluss vom 12.4.2011 - 4 S 353/11 -, juris). Ein Ermessensspielraum dahingehend, für die Auswahlentscheidung auf weitere unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen, zum Beispiel Durchführung von strukturierten Auswahlgesprächen, Rückgriff auf ältere dienstliche Beurteilungen oder - wie die Beklagte meint - eine so genannte ausschärfende Betrachtungsweise der einzelnen Beurteilungsmerkmale der aktuellen dienstlichen Beurteilungen, war der Beklagten angesichts des beachtlichen Bewertungsunterschiedes nicht mehr eröffnet (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 18.08.11 - 5 ME 209/11 -, a. a. O.).
Die Beklagte war mithin, wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, nicht berechtigt, trotz des Bewertungsunterschiedes ausschlaggebend darauf abzustellen, dass der jetzige Bauoberamtsrat B. - anders als die Klägerin - während des gesamten Beurteilungszeitraumes einen höherwertigen, nämlich nach der Besoldungsgruppe A 13 bewerteten Dienstposten, inne hatte. Eine solche Verfahrensweise ist mit den dargestellten Maßstäben nicht vereinbar.
Die Beklagte kann demgegenüber nicht mit Erfolg geltend machen, dass nach Nr. 6.2 Abs. 5 BRL für die Vergabe der Rangstufe die Erfüllung der Anforderungen maßgebend sei, die an den Inhaber auf dem jeweiligen Dienstposten unter Berücksichtigung der Besoldungsgruppe gestellt werden könnten. Ob diese Regelung bei der Fertigung der dienstlichen Beurteilung des jetzigen Bauoberamtsrats B. vom 4. Juli/26. August 08 berücksichtigt worden ist, kann - worauf auch das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat - dahinstehen, da der genannte Beamte seine dienstliche Beurteilung nicht angegriffen hat, so dass sie bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung zugrunde zu legen ist.
Die Beklagte vermag auch nicht mit ihrem Einwand durchzudringen, die Klägerin hätte gar nicht anstelle des jetzigen Bauoberamtsrats B. befördert werden können, weil der Beförderung die Vorschrift des § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 NBG a. F., wonach eine Beförderung nicht vor Ablauf einer Erprobungszeit von drei Monaten auf einem höher bewerteten Dienstposten zulässig gewesen sei, entgegen gestanden habe.
Die Klägerin hatte ausweislich ihrer Personalakte seit dem 23. Juni 08 einen nach der Besoldungsgruppe A 13 bewerteten Dienstposten inne. Die streitige Auswahlentscheidung ist - wie sich aus dem in der Personalakte des jetzigen Bauoberamtsrats B. befindlichen Schreiben des Dezernats 12 der Beklagten vom 29.10.08 ergibt - an jenem Tag getroffen worden. Zu dem Zeitpunkt war die Klägerin mithin schon länger als vier Monate auf einem höher bewerteten Dienstposten erprobt worden, so dass sie in die Auswahlentscheidung hätte einbezogen werden müssen.
Die Beklagte kann demgegenüber nicht mit Erfolg geltend machen, sie habe die Klägerin nicht mehr in das Auswahlverfahren einbeziehen müssen, weil sie - die Beklagte - den Kreis der berücksichtigungsfähigen Beamten auf den 16.09.08 festgelegt habe, also auf einen Zeitpunkt, zu dem die Klägerin noch nicht drei Monate auf einem höher bewerteten Dienstposten erprobt gewesen sei.
Es kann offen bleiben, ob es im Hinblick auf Art. 33 Abs. 2 GG und den zu beachtenden Grundsatz der Bestenauslese zulässig ist, ohne Durchführung einer Stellenausschreibung (vgl. § 8 Abs. 2 NBG a. F.) verwaltungsintern einen Stichtag festzulegen, der - wie der vorliegende Fall zeigt - dazu führen kann, dass ein schon im Zeitpunkt des Stichtags und auch noch im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung besser beurteilter Bewerber unberücksichtigt bleibt. Das behördliche Auswahlverfahren und sein Verlauf müssen jedenfalls aber transparent und in jeder Hinsicht nachvollziehbar sein. Das ist vorliegend nicht der Fall.
Die Beklagte hat vorgetragen, der Stichtag werde "in der Regel" auf sechs Wochen vor dem geplanten Beförderungstermin festgelegt. Schon diese Verfahrensweise, die offenbar Ausnahmen zulässt, erscheint nicht hinreichend transparent, da es - wie die Klägerin zu Recht eingewandt hat - die Möglichkeit eröffnet, unabhängig vom Leistungsgrundsatz bestimmte Beamte vom Auswahlverfahren auszuschließen. Im vorliegenden Fall hätte die Klägerin auch nach der Verfahrensweise der Beklagten zwingend in das Auswahlverfahren einbezogen werden müssen, wenn der Stichtag nur um eine Woche auf den 23.09.08 hinausgeschoben worden wäre. Dass es nicht möglich gewesen wäre, die Auswahlentscheidung bis zum 31.10.08 zum Abschluss zu bringen, wenn in dieser Weise verfahren worden wäre, ist weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.
Das Auswahlverfahren der Beklagten ist jedenfalls aber deshalb wegen nicht hinreichender Transparenz und Nachvollziehbarkeit rechtlich zu beanstanden, weil die von der Beklagten dazu vorgelegten behördeninternen Schriftstücke es nicht zulassen, die Festlegung des Stichtags auf den 16.09.08 zweifelsfrei nachzuprüfen. ...
Aus dem vorgenannten Text kann in keinerlei Weise auch für Außenstehende nachvollziehbar entnommen worden, dass der Stichtag auf den 16.09.08 festgelegt worden ist, zumal in dem Text nicht etwa das vorgenannte Datum bezeichnet worden ist, sondern der 15.09.08. Es kommt nicht darauf an, dass der Sachbearbeiter, wie die Beklagte angeboten hat, "das Bestehen des Stichtages am 16.09.08 selbstverständlich … bezeugen" kann. Entscheidungserheblich ist, dass das behördliche Auswahlverfahren und sein Verlauf nicht transparent und in jeder Hinsicht nachvollziehbar dokumentiert worden sind.