Entlassung durch Verwaltungsakt: Beamte auf Widerruf und auf Probe
Es geht um den Fall, dass der Dienstherr das Dienstverhältnis vor der
Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit durch einen Verwaltungsakt (eine
Entlassungsverfügung) auflösen will.
Diese Art der Entlassung droht nur Beamten auf Widerruf und Beamten auf Probe.
Bei Beamten auf Lebenszeit ist eine Entlassung auf diese Weise nicht möglich, sofern fünf Dienstjahre erbracht wurden
und damit eine Versetzung in den Ruhestand zulässig ist.
Entlassung durch Entscheidung des Dienstherrn - Verwaltungsakt
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Entlassung eines Beamten auf Widerruf
oder auf Probe ergeben sich aus den im wesentlichen gleichen Regelungen im Bund und in den Ländern.
Dabei verweisen die Landesgesetze weitgehend auf das Beamtenstatusgesetz.
§ 23 Beamtenstatusgesetz
§§ 34 ff. Bundesbeamtengesetz
§§ 30 ff. hamburgisches Landesbeamtengesetz
Meist liegt der Entlassung des Beamten auf Widerruf oder auf Probe ein Fehlverhalten von einiger Bedeutung zugrunde,
das bei einem Beamten auf Lebenszeit zu einer empfindlichen Disziplinarmaßnahme
geführt hätte.
In anderen Fällen wird die Eignung bezweifelt, insbesondere in gesundheitlicher,
in charakterlicher oder in fachlicher Hinsicht.
Wir stellen Ihnen anhand
von Gerichtsentscheidungen nur einige Beispiele vor. Ein großer Teil der
Problemfälle hat mit Alkohol zu tun und/oder mit unangemessenem Verhalten
gegenüber KollegInnen.
Ein Beamter auf Widerruf ist am wenigsten abgesichert, aber auch ein
Beamter auf
Probe muss bei Dienstvergehen oder Eignungsmängeln fürchten, entlassen oder
nicht zum Beamten auf Lebenszeit ernannt zu werden.
Die Bedeutung der Probezeit
Klage gegen die Entlassung: Beispiele aus der Rechtsprechung
Beispiele für die Entlassung von Beamten auf Widerruf
Unter Alkohol in der Freizeit gewalttätiger Beamter (Polizeikommissaranwärter)
sexistischer, flegeliger Beamter auf Widerruf (Polizeimeisteranwärter)
Trunkenheitsfahrt mit 1,88 Promille (Polizeikommissaranwärter Baden-Württemberg)
Trunkenheitsfahrt mit 1,63 Promille (Polizeimeisteranwärter Sachsen-Anhalt)
§ 24c StVG, alkoholisiert Auto gefahren, unter 1,1 Promille, Polizeiausbildung
Täuschungsversuch bei Hausarbeit eines Kommissaranwärters
Sportprüfung während Bachelor-Ausbildung bei Polizei nicht bestanden
Gesundheitliche Probleme der Beamtin auf Widerruf führen zur Entlassung trotz Schwerbehinderung
Rückforderung von Bezügen nach Entlassung wegen charakterlicher Mängel
Schnittstelle zwischen Beamtenverhältnis auf Widerruf und Beamtenverhältnis auf Probe
Entlassung zum Ende des Vorbereitungsdienstes - OVG Schleswig 10.01.17 - 2 MB 33/16 -
Entlassung zum Ende des Vorbereitungsdienstes - VG SH 30.01.20 - 12 B 5/20
Beispiele für die Entlassung von Beamten auf Probe
Bedeutung der Probezeit: Der Beamte soll sich bewähren.
Innerdienstliche Straftat: Indiz für Eignungsmangel schon bei milder Strafe
außerdienstliche Straftat (Polizeibeamtin begeht Sachbeschädigungen)
Außerdienstliche Straftat, Fälschung von Impfpässen, Polizeibeamtin
Entlassung wegen Dienstvergehen (Bundespolizist, rechtsradikaler Gruß)
Entlassung wegen Dienstvergehen (Bundespolizist, Tätowierung: Landser)
Betrug vor Einstellung, dann Ladendiebstahl (Beamtin auf Probe im Strafvollzug)
Alkohol und Schlägerei im Dienst (Beamter auf Probe im Strafvollzug)
Lehrerin auf Probe verweigert Unterrichtsbesuch (OVG Koblenz)
Sportlicher Wettkampf trotz Krankschreibung
Zweifel an der Eignung wegen gesundheitlicher Probleme
mangelnde gesundheitliche Eignung: Entlassung am Ende der Probezeit
mangelnde gesundheitliche Eignung (Übergewicht): Entlassung am Ende der Probezeit
grundlegend neue Rechtsprechung zu gesundheitlichen Problemen 2013
Pensionierung oder Entlassung der Beamtin auf Probe?
Muss der Dienstherr Personalrat und Gleichstellungsbeauftragte unterrichten?
Die Abläufe bei Widerspruch und Klage gegen Entlassungsverfügung
Hierzu ein Literaturhinweis: Dr. Maximilian Baßlberger, "Zum Verfahren bei der Entlassung von Beamten", in ZBR 2020, 109 ff.
Zu der beabsichtigten Entlassung
ist der Beamte anzuhören. Die
Gewährung rechtlichen Gehörs wird in der Praxis nicht immer ernst genommen, aber
der Beamte hat einen Anspruch darauf, umfassend und konkret informiert zu
werden. Ihm muss in vernünftiger Weise Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden.
Ist man als Anwalt in diesem Bereich tätig, dann wird man selbstverständlich
versuchen, möglichst bald Akteneinsicht zu erhalten: Inzwischen sind die
Behörden in diesem Punkte meist recht entgegenkommend, da ihnen bewusst ist,
dass sie im weiteren Verlauf des Entlassungsverfahrens Probleme haben
werden, wenn sie dem Beamten nicht ordnungsgemäß rechtliches Gehör gewähren.
Dazu gehört, dass der Anwalt Gelegenheit erhält, in Kenntnis des
Akteninhalts - und auf diesen bezogen - eine schriftliche Erklärung
abzugeben.
Ergeht dann eine
Entlassungsverfügung des Dienstherrn, so kann der Beamte sie mit einem
Widerspruch und einer
Klage anfechten. (Landesbeamte sollten stets prüfen, ob in dem
Landesbeamtengesetz für diesen Fall ein Widerspruchsverfahren vorgesehen ist oder nicht.)
Es sind verschiedene Varianten denkbar im Hinblick auf die Frage, ob Widerspruch und Klage aufschiebende Wirkung haben.
Der Grundsatz - vom Gesetz so vorgesehen - ist, dass Widerspruch und Klage aufschiebende Wirkung zukommt.
Der Dienstherr kann aber die sofortige Vollziehung der Entlassungsverfügung anordnen. Dagegen können Sie als Betroffene(r) das
Verwaltungsgericht anrufen und darum bitten, die aufschiebende Wirkung wieder herzustellen.
Dies ist eine häufige Konstellation, gewissermaßen beamtenrechtliche Routine.
Das Gericht prüft unter anderem, ob die Anordnung der sofortigen Vollziehung hinreichend begründet ist.
Hierzu eine Entscheidung des OVG Koblenz vom 26.06.12.
Bitte beachten Sie: wenn Sie während des Rechtsstreits weiter Bezüge
erhalten, später aber den Rechtsstreit verlieren, dann müssen Sie unter
Umständen die erhaltenen Bezüge zurück zahlen.
So die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
Spezielle Regelungen bei Entlassung aus Beamtenverhältnis - Beispiele
Hamburgische Elternzeitverordnung - HmbEltZVO
§ 4 Entlassungsschutz
(1) Ab Antragstellung nach § 2 Absatz 1, höchstens
jedoch sechs Wochen vor Beginn der Elternzeit, und während der Elternzeit
darf die Entlassung einer Beamtin oder eines Beamten auf Probe oder auf
Widerruf gegen ihren oder seinen Willen nicht ausgesprochen werden.
(2) Der Senat, bei Körperschaftsbeamtinnen und
Körperschaftsbeamten die nach Gesetz, Rechtsverordnung oder Satzung hierfür
zuständige Stelle, kann abweichend von Absatz 1 eine Entlassung aussprechen,
wenn ein Sachverhalt vorliegt, bei dem eine Beamtin oder ein Beamter auf
Lebenszeit im förmlichen Disziplinarverfahren aus dem Dienst zu entfernen
wäre.
Hamburgische Mutterschutzverordnung - HmbMuSchVO
§ 10
(1) Während ihrer Schwangerschaft und in den ersten
vier Monaten nach der Entbindung darf eine Beamtin auf Probe oder auf
Widerruf gegen ihren Willen nicht entlassen werden, wenn der
Beschäftigungsbehörde die Schwangerschaft oder die Entbindung bekannt
ist. Eine ohne diese Kenntnis ausgesprochene Entlassung ist mit Wirkung für
die Vergangenheit zu widerrufen, wenn der Beschäftigungsbehörde die
Schwangerschaft oder die Entbindung innerhalb von zwei Wochen nach der
Zustellung der Entlassungsverfügung mitgeteilt wird; das Überschreiten
dieser Frist ist unbeachtlich, wenn es auf einem von der Beamtin nicht zu
vertretenden Grund beruht und die Mitteilung unverzüglich nachgeholt wird.
(2) Der Senat, bei Körperschaftsbeamtinnen die nach Gesetz,
Rechtsverordnung oder Satzung hierfür zuständige Stelle, kann auch beim
Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 eine Entlassung aussprechen,
wenn ein Sachverhalt vorliegt, bei dem eine Beamtin oder ein Beamter auf
Lebenszeit im förmlichen Disziplinarverfahren aus dem Dienst zu entfernen
wäre.
(3) Die §§ 33 und 34 HmbBG bleiben unberührt.
dazu ein Beispiel aus dem Landesrecht Mecklenburg-Vorpommerns:
VG Greifswald 6. Kammer, Beschluss vom 12.03.2018, 6 B 153/18 HGW
Keine Entlassung eines Beamten auf Probe innerhalb eines
geschützten Zeitraums
1. Die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf
Probe ist ausgeschlossen, wenn zugunsten des Beamten wirkende
Schutzvorschriften den Ausspruch der Entlassung für bestimmte Zeiträume
ausschließen. eine derartige Schutzvorschrift ist auch § 11 Abs. 1 MuSchVO
M-V.
2. § 11 Abs. 3 MuSchVO M-V rechtfertigt nicht die Entlassung einer
Beamtin auf Probe oder auf Widerruf während der Schwangerschaft. Dies ergibt
sich insbesondere aus § 11 Abs. 2 MuSchVO M-V, nach dem die oberste
Dienstbehörde in besonderen Fällen auch bei Vorliegen der Voraussetzungen
des Absatzes 1 eine Entlassung aussprechen kann, wenn ein Sachverhalt
vorliegt, bei dem ein Beamter auf Lebenszeit im Wege eines
Disziplinarverfahrens aus dem Dienst zu entfernen wäre. Mit dieser
ausdrücklich in die Vorschrift des § 11 MuSchVO M-V aufgenommenen Ausnahme
zum Grundsatz des § 11 Abs. 1 Satz 1 MuSchVO M-V wird deutlich, dass in
anderen Fällen der Entlassung, zu denen auch die der §§ 22, 23 BeamtStG und
§§ 30, 31 LBG M-V gehören, gerade keine Aussprache der Entlassung erfolgen
kann.
Entlassung von Soldaten auf Zeit
Für Soldaten auf Zeit gibt es spezielle Regelungen im Soldatengesetz.
Einen Auszug aus dem Soldatengesetz finden Sie hier.
Rechtsfolgen der Entlassung
Da es unterschiedliche Gründe für die Beendigung des Beamtenverhältnisses gibt, sind auch die Rechtsfolgen unterschiedlich.
Leider sind die sehr unterschiedlichen Aspekte verstreut in verschiedenen Gesetzen geregelt.
Die wichtigste Frage ist für viele Betroffene, was mit den Ansprüchen auf Altersversorgung ist. Entfallen sie?
Nun, wer nicht in den Ruhestand versetzt (=pensioniert), sondern entlassen wird, erhält keine Pension.
Im schlechtesten Fall erfolgt aber eine Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung, die später zu einer Altersrente führen kann.
Günstiger schneidet im Regelfall der ab, der einen Anspruch auf Altersgeld erworben hat.