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Rückforderung von Bezügen: Verwaltungsvorschrift


Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundesbesoldungsgesetz (BBesGVwV)
vom 14.06.17
Fundstelle: GMBl 2017 Nr. 25-28, S. 430


12 Zu § 12 – Rückforderung von Bezügen

12.0 Zu den Bezügen gehören die Dienstbezüge (§ 1 Absatz 2) und die sonstigen Bezüge (§ 1 Absatz 3). Bei der Rückforderung anderer nach dem BBesG gewährter Leistungen sind besondere Bestimmungen wie z.B. § 43 Absatz 7 oder § 43b Absatz 4 zu beachten. Für die Versorgung gelten § 52 BeamtVG, § 49 SVG, für das Kindergeld § 37 Absatz 2 Abgabenordnung und für Geldleistungen, die der Dienstherr auf Grund beamtenrechtlicher Vorschriften – also außerhalb der Besoldung – leistet (z.B. Aufwandsentschädigungen, Beihilfe, Heilfürsorgeleistungen, Trennungsgelder, Reisekosten) § 84a BBG.

12.1 Zu Absatz 1 Eine gesetzliche Änderung der Bezüge liegt auch dann vor, wenn die Änderung durch Rechtsverordnung erfolgt. Ein Besoldungsempfänger wird durch eine gesetzliche Änderung schlechter gestellt, wenn und soweit ihm durch die Änderung seiner Bezüge für den maßgeblichen Zeitraum im Ergebnis brutto weniger zusteht als zuvor.

12.2 Zu Absatz 2:

12.2.1
Neben einem Rückforderungsanspruch aus § 12 Absatz 2 kann bei schuldhafter, die Überzahlung verursachender Pflichtverletzung (z.B. Verletzung der Anzeigepflicht) ein Schadenersatzanspruch aus § 75 BBG, § 24 SG gegeben sein. Da Ansprüche aus § 75 Absatz 1 Satz 1 BBG und § 12 Absatz 2 nebeneinander bestehen können, empfiehlt es sich, den Rückforderungsbescheid gegebenenfalls auf beide Vorschriften zu stützen. Dabei sind auch etwaige sonstige Voraussetzungen für einen Anspruch nach § 75 Absatz 1 BBG zu beachten, z.B. Beteiligung der Personalvertretung nach § 76 Absatz 2 Nummer 9 Bundespersonalvertretungsgesetz und Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung nach § 95 Absatz 2 SGB IX.

12.2.2
Bezüge sind „zu viel gezahlt“, soweit sie ohne rechtlichen Grund gezahlt wurden, wobei unerheblich ist, ob der rechtliche Grund von Anfang an nicht bestanden hat oder erst später weggefallen ist.

12.2.3
Dies ist etwa der Fall, wenn
– der Bescheid nichtig ist (§ 44 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)),
– die Bezüge z.B. infolge eines Fehlers in der Kassenanordnung oder beim Auszahlungsvorgang überzahlt wurden oder wenn sie wegen der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Bescheid, der Bezüge entzieht oder herabsetzt, zunächst weitergezahlt worden sind, der angefochtene Bescheid aber aufrechterhalten wird,
– die Zahlung auf Grund eines zunächst wirksamen, später jedoch ganz oder teilweise zurückgenommenen, widerrufenen, anderweitig aufgehobenen (z.B. durch verwaltungsgerichtliche Entscheidung) oder durch Zeitablauf oder in anderer Weise (z.B. durch Beendigung des Beamtenverhältnisses oder durch förmliche Feststellung des Verlustes der Bezüge nach § 9) erledigten Bescheides oder auf Grund eines später nach § 42 VwVfG berichtigten Bescheides erfolgt ist.

12.2.4
Ein rechtswidriger Bescheid bleibt nach § 43 Absatz 2 VwVfG wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, anderweitig aufgehoben (z.B. durch verwaltungsgerichtliche Entscheidung), berichtigt oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist (z.B. Beendigung des Beamtenverhältnisses, Feststellung des Verlustes der Bezüge nach § 9). Wann und in welchem Umfang ein rechtswidriger Bescheid zurückgenommen werden kann, ergibt sich aus § 48 VwVfG. Erst wenn der rechtswidrige Bescheid zurückgenommen wurde, kann eine darauf beruhende Zahlung zurückgefordert werden. Bei der Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsaktes ist besonders darauf zu achten, dass unter bestimmten Voraussetzungen Vertrauensschutz zu gewähren ist, wenn der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hatte und sein Vertrauen schutzwürdig ist.

12.2.5
Wenn für denselben Zeitraum ein Nachzahlungsbetrag zu Gunsten des Besoldungsempfängers einem Rückforderungsbetrag zu Gunsten des Dienstherrn gegenüber steht, und diese Beträge „in der Weise den einheitlichen Dienstbezug bilden, dass es entscheidend auf die Auszahlung des richtigen Gesamtbetrages ankommt“ (BVerwG, Urteil vom 06.04.1965 – II C 102.62 –), können beide Beträge gegeneinander verrechnet (saldiert) werden. Hier bedarf es keiner förmlichen Rückforderung, sondern es genügt die Saldierung bei der Berechnung der Nachzahlung.

Beispiel:
Ein Beamter mit einem Amt der Besoldungsgruppe A 8 wird am 8. Dezember 2016 nach erfolgreich absolviertem Aufstiegsverfahren in den gehobenen Dienst rückwirkend zum 1. Dezember 2016 einem Amt der Besoldungsgruppe A 9g zugewiesen. Zugleich war dem Beamten für den Monat Dezember.irrtümlich die Polizeizulage gezahlt worden.

Für den Monat Dezember hat der Beamte damit einen Anspruch auf Nachzahlung der Differenz zwischen den Gehältern nach A 8 und A 9; demgegenüber steht jedoch ein Rückforderungsanspruch des Dienstherren wegen der irrtümlichen Zahlung der Polizeizulage). Eine formale Rückforderung ist nicht erforderlich. Der Dienstherr darf beide Beträge miteinander saldieren. Bei einer fiktiven Differenz von 188 Euro zwischen den Gehältern A 8 und A 9 und einer fiktiven Polizeizulage in Höhe von 133 Euro bleibt ein Nachzahlungsanspruch in Höhe von 55 Euro (188 Euro - 133 Euro = 55 Euro). Mit den nächsten Bezügezahlungen ist dann der noch ausstehende Nachzahlungsbetrag anzuweisen.

Beispiel (Abwandlung des vorigen Beispiels):
Der Beamte erhielt für Dezember 2016 irrtümlich eine Erschwerniszulage in Höhe von 400 Euro.

Für den Monat Dezember darf der Dienstherr wiederum beide Beträge verrechnen. Die über diese Verrechnung hinausgehende Überzahlung (400 Euro - 188 Euro = 212 Euro) darf jedoch nicht mit den laufenden Bezügen für den Monat Januar saldiert werden. Die Überzahlung bezieht sich allein auf den Monat Dezember und darf nur mit den Dezemberbezügen saldiert werden.
Für die darüber hinausgehende Überzahlung muss ein förmlicher Rückforderungsbescheid erlassen und in dessen Rahmen zwingend eine Billigkeitsentscheidung über Art und Umfang der Rückforderung getroffen werden.

12.2.6
Bescheide in diesem Sinne sind Mitteilungen an den Besoldungsempfänger über ihm zustehende oder bewilligte Bezüge, sofern in ihnen eine Regelung der Bezügehöhe oder die Festsetzung einzelner Bemessungsgrundlagen der Bezüge enthalten ist (z.B. die erstmalige Stufenfestsetzung nach § 27 Absatz 2 i.V.m. § 28 Absatz 1 oder die Gewährung des Familienzuschlags). Hierzu gehören nicht die Bezügemitteilungen, welche die Bezüge lediglich aufgeschlüsselt darstellen und sie keine Regelung treffen, sondern den Empfänger lediglich über die erfolgenden Zahlungen unterrichten sollen.

12.2.7
Eine Rückzahlungspflicht nach den §§ 812 ff. BGB besteht, wenn und soweit der Wegfall der Bereicherung nicht in Betracht kommt (Randnummer 12.2.8) und von der Rückforderung nicht aus Billigkeitsgründen abgesehen werden kann (Randnummer 12.2.12).

12.2.8
Auf den Wegfall der Bereicherung kann sich der Besoldungsempfänger nicht berufen, wenn er aus einem der folgenden Gründe verschärft haftet:

12.2.8.1
Die Bezüge stehen ausdrücklich unter Rückforderungsvorbehalt oder wurden als Vorschuss, als Abschlag oder auf Grund eines als vorläufig bezeichneten oder erkennbaren Bescheides, etwa im Vorgriff auf eine geplante Besoldungserhöhung, gewährt.

12.2.8.2
Der Rückforderungsanspruch wurde gerichtlich geltend gemacht und die Klage dem Besoldungsempfänger zugestellt oder die Bezüge wurden wegen der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Bescheid, der Bezüge herabsetzt oder entzieht oder Grundlage für die Herabsetzung oder Entziehung von Bezügen ist, zunächst weitergezahlt und der angefochtene Bescheid über die herabgesetzten oder entzogenen Bezüge wird unanfechtbar.

12.2.8.3
Der Besoldungsempfänger kannte den Mangel des rechtlichen Grundes der Zahlung oder die Fehlerhaftigkeit des der Zahlung zugrundeliegenden Bescheides beim Empfang der Bezüge oder erfuhr ihn nachträglich.

12.2.8.4
Der Mangel des rechtlichen Grundes der Zahlung oder die Fehlerhaftigkeit des Bescheides war so offensichtlich, dass der Empfänger dies hätte erkennen müssen (vgl. § 12 Absatz 2 Satz 2). Das ist dann der Fall, wenn der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes der Zahlung oder die Fehlerhaftigkeit des Bescheides nur deswegen nicht erkannt hat, weil er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht gelassen hat (grob fahrlässige Unkenntnis, vgl. BVerwG, Urteil vom 28.06.1990 – 6 C 41.88 –). Dabei ist insbesondere auf die individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten des Empfängers (z.B. Vor- und Ausbildung, dienstliche Tätigkeit) zur Prüfung der ihm zuerkannten Bezüge abzustellen. Ob die für die Festsetzung, Anordnung und Abrechnung der Bezüge zuständige Stelle selbst die ihr obliegende Sorgfaltspflicht verletzt hat, ist in diesem Zusammenhang rechtlich unerheblich; dies kann allenfalls im Rahmen einer Billigkeitsentscheidung nach § 12 Absatz 2 Satz 3 von Bedeutung sein. Auf Grund der ihm obliegenden Treuepflicht ist der Empfänger von Bezügen verpflichtet, einen Festsetzungsbescheid oder eine ihm sonst zugeleitete aufgeschlüsselte Berechnungsgrundlage auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Versäumt er eine solche Prüfung oder hat er diese nach seinen individuellen Kenntnissen oder Fähigkeiten nicht sorgfältig durchgeführt, so hat er regelmäßig die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht gelassen, wenn er nicht durch besondere Umstände an der Prüfung verhindert war. Ergeben sich bei der Prüfung Zweifel, so hat der Empfänger die erforderliche Sorgfalt dann in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht gelassen, wenn er es versäumt, diese Zweifel durch Rückfrage bei der für die Festsetzung, Anordnung und Abrechnung der Bezüge zuständigen Stelle auszuräumen. 8Bei maschinellen Berechnungen erstreckt sich die Prüfungspflicht des Empfängers auch darauf, Schlüsselkennzahlen anhand übersandter Erläuterungen zu entschlüsseln.

12.2.8.5
Hat der Besoldungsempfänger den Mangel des rechtlichen Grundes der Zahlung oder die Fehlerhaftigkeit des Bescheides nicht beim Empfang der Bezüge gekannt, sondern erst später erfahren (z.B. anlässlich der Anhörung im Sinne des § 28 VwVfG) oder hätte er dies erkennen müssen, so ist bei dem erforderlichen Vergleich der Vermögensverhältnisse an Stelle des Zeitpunkts der Rückforderung der Überzahlung der Zeitpunkt zugrunde zu legen, in dem die Kenntnis erlangt wurde oder hätte erlangt werden müssen. Die Prüfung der Offensichtlichkeit des Mangels des rechtlichen Grundes erfolgt auf der Tatbestandsseite und bestimmt, ob der Besoldungsempfänger einer verschärften Haftung unterliegt. Diese Prüfung ist von der Frage zu trennen, in wessen Verantwortungsbereich die Überzahlung liegt. Die Prüfung erfolgt gesondert im Rahmen der Billigkeitsentscheidung (Randnummer 12.2.12).

12.2.9
Liegt kein Fall der verschärften Haftung vor, wird der Wegfall der Bereicherung unterstellt, wenn die im jeweiligen Monat zu viel gezahlten Bezüge 250 Euro nicht übersteigen; dies gilt auch dann, wenn in einem Monat Nachzahlungen erfolgen.

12.2.10
Übersteigt der monatliche Überzahlungsbetrag diese Schwelle – und liegt kein Fall der verschärften Haftung vor – ist der Wegfall anzunehmen, wenn der Besoldungsempfänger glaubhaft macht, dass er die zu viel gezahlten Bezüge im Rahmen seiner allgemeinen Lebensführung verbraucht hat und sie im Vermögen nicht mehr vorhanden sind. Eine Bereicherung ist jedoch noch vorhanden, wenn im Zeitpunkt der Rückforderung gegenüber dem Beginn des Zeitraums, in dem die Überzahlung geleistet worden ist, ein Vermögenszuwachs zu verzeichnen ist, der ohne die Überzahlung nicht eingetreten wäre. Im Rahmen einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise sind dabei alle Vermögensveränderungen zu berücksichtigen. Eine Verminderung von Schulden oder ersparte Aufwendungen stehen einem Vermögenszuwachs gleich.

12.2.11
Wird nicht der Wegfall der Bereicherung unterstellt, so ist dem Empfänger der Überzahlung Gelegenheit zu geben, sich innerhalb einer angemessenen Frist dazu zu äußern (Anhörung), wie die Überzahlung verwendet wurde. Der Besoldungsempfänger ist auf die Möglichkeit hinzuweisen, sich auf den Wegfall der Bereicherung zu berufen. Macht er den Wegfall der Bereicherung geltend, so ist er aufzufordern, sich innerhalb einer angemessenen Frist über die Höhe seiner Einkünfte während des Überzahlungszeitraums und über deren Verwendung zu äußern. Inwieweit eine Bereicherung weggefallen ist, hat der Besoldungsempfänger im Einzelnen darzulegen und nachzuweisen.

12.2.12
Vor einer Rückforderung ist zwingend eine Billigkeitsentscheidung durchzuführen.

12.2.12.1
Die Billigkeitsentscheidung bezweckt eine allen Umständen des Einzelfalls gerecht werdende, für die Behörde zumutbare und für den bereicherten Besoldungsempfänger tragbare Lösung zu erreichen. Im Rahmen dieser Billigkeitsentscheidung sind auch Alter, Leistungsfähigkeit und sonstige Lebensverhältnisse des herausgabepflichtigen Besoldungsempfängers maßgeblich zu berücksichtigen.

12.2.12.2
Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung ist hingegen nicht die gesamte Rechtsbeziehung, aus welcher der Bereicherungsanspruch erwächst, nochmals unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben zu würdigen. Vielmehr ist auf das konkrete Rückforderungsbegehren und dabei vor allem auf die Modalitäten der Rückabwicklung (z.B. Stundung) und ihre Auswirkungen auf die Lebensumstände des bereicherten Besoldungsempfängers abzustellen. Dabei kommt es nicht entscheidend auf die Lage des Besoldungsempfängers in dem Zeitraum an, für den die Überzahlung geleistet worden ist, sondern auf dessen Situation im Zeitpunkt der Rückabwicklung. Regelmäßig genügt es der Billigkeit, wenn dem Verpflichteten Rückzahlungsraten eingeräumt werden, deren Höhe zum einen dem insgesamt zu erstattenden Betrag und zum anderen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des bereicherten Besoldungsempfängers angemessen Rechnung tragen.

12.2.12.3
Ist die Überzahlung auf Grund eines schuldhaften, pflichtwidrigen Verhaltens des Besoldungsempfängers entstanden, so kann im Rahmen einer Billigkeitsentscheidung grundsätzlich nicht von der Rückforderung abgesehen werden.

12.2.12.4
Liegt der Grund für die Überzahlung in der überwiegenden behördlichen Verantwortung, kann auf die Rückforderung teilweise verzichtet werden. In der Regel ist ein Verzicht auf 30 Prozent des Überzahlungsbetrages angemessen (vgl. BVerwG, Urteile vom 26. April 2012 – 2 C 15.10 und 2 C 4.11 –). Es ist jedoch in jedem Einzelfall zu prüfen, ob diese Verzichtsquote ausnahmsweise über- oder unterschritten werden muss. Ein Rückforderungsverzicht, der 30 Prozent des Überzahlungsbetrags übersteigt, kann allerdings nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen der Billigkeit entsprechen, etwa in Fällen, in denen der Besoldungsempfänger wiederholt auf mögliche Unrichtigkeiten hingewiesen hat, die Behörde aber gleichwohl über einen längeren Zeitraum untätig geblieben ist. Eine geringere Verzichtsquote und damit ein höherer Rückforderungsbetrag kann ungeachtet eines behördlichen Verschuldens demgegenüber angemessen sein, wenn die laufende Überzahlung offensichtlich war und es der Besoldungsempfänger entgegen der ihm obliegenden Treuepflicht unterlässt, seine Dienststelle auf den Fehler hinzuweisen.

Beispiel:
Ein Beamter reduziert seine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 40 auf 20 Stunden, erhält aber noch mehrere Monate Bezüge in der bisherigen Höhe weitergezahlt. Der Beamte nimmt dies hin, ohne seine Dienststelle zu unterrichten. Hier wird die Billigkeitsprüfung dazu führen, dass die Überzahlung in vollem Umfang zurückzufordern ist.


12.2.13
Bei der Durchführung der Billigkeitsprüfung, die auch Bestandteil des Rückforderungsbescheides sein muss, sind zwei Prüfungsschritte nacheinander durchzuführen,
– die Erfassung der Billigkeitsgründe und
- die Ermessensentscheidung selbst.
Soll von einer Rückforderung nach § 12 Absatz 2 Satz 3 abgesehen werden, bedarf diese Entscheidung der Zustimmung der obersten Dienstbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle. 3Soll für die Delegierung der Entscheidung ein Höchstbetrag festgesetzt werden, obliegt dies dem jeweiligen Ressort.

12.2.13.1
Die Feststellung, dass überhaupt Billigkeitsgründe vorliegen, ist in der Akte zu dokumentieren, da sie gerichtlich voll nachprüfbar sein muss. Hier sind im Wesentlichen die Tatsachen und Gesichtspunkte zu benennen, die zu Gunsten des Rückforderungsschuldners eher für ein Absehen von der Rückforderung sprechen. Diese Billigkeitsgründe können z.B. Alter, anstehende Pensionierung, geringe materielle Leistungsfähigkeit, Unterhaltsverpflichtungen oder sonstige Schuldenlast sein. Zum maßgeblichen Zeitpunkt für das Vorliegen der Billigkeitsgründe vgl. Randnummer 12.2.12.2 Satz 3.

12.2.13.2
1Bei der (gerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbaren) Ermessensentscheidung, ob eine Erleichterung bei den Rückzahlungsmodalitäten gewährt werden kann, ist eine Abwägung zwischen dem vom Gesetz vorgeschriebenen Grundsatz der Rückforderung und der (restriktiv auszulegenden) Ausnahmevorschrift des § 12 Absatz 2 Satz 3 vorzunehmen. 2Dabei ist zu berücksichtigen, dass jede Rückforderung in der Regel stark belastend ist und eine gewisse Härte bedeutet, die das Gesetz in Kauf nimmt. 3Daher kommt ein Absehen von der Rückforderung nur in besonders ungewöhnlichen, extremen Ausnahmefällen in Betracht, die unter Beachtung des Gebots von Treu und Glauben eine Rückforderung schlechthin untragbar oder als unzulässige Rechtsausübung erscheinen lassen. 4Soweit die Überzahlung auf Grund eines schuldhaften, pflichtwidrigen Verhaltens des Empfängers (z.B. Verletzung von Anzeigepflichten) entstanden ist, gilt Randnummer 12.2.12.3. 5Wenn bestehende Härten bereits durch die Einräumung von Ratenzahlungen oder sonstigen Erleichterungen genügend gemildert werden, darf von einer Rückforderung weder ganz noch teilweise abgesehen werden. 6Ist das nicht der Fall, so ist zu prüfen, ob verbleibende Härten durch ein teilweises Absehen von der Rückforderung gegebenenfalls in Kombination mit oder ohne die Einräumung einer Ratenzahlung hinsichtlich des verbleibenden Restbetrags genügend gemildert werden können. 7Erst wenn auch diese Prüfung negativ ausfällt, kann von der Rückforderung in vollem Umfang abgesehen werden. 8Insoweit besteht ein klares Stufenverhältnis.

12.2.13.3
In die Ermessensentscheidung sind sowohl die zugunsten des Rückforderungsschuldners bestehenden Billigkeitsgründe einzubeziehen als auch die zu seinen Lasten bestehenden Erwägungen, z.B. (Mit-)Verschulden oder ausreichende Finanzkraft des Rückforderungsschuldners auf Grund sonstiger Einkünfte, gleichmäßiges Handeln der Verwaltung, Gesetzmäßigkeit der Besoldung und sparsame Bewirtschaftung der Haushaltsmittel.

12.2.14
1§ 12 Absatz 2 Satz 3 ist eine Spezialvorschrift zu § 59 BHO. 2Daher sind neben einer Billigkeitsentscheidung die allgemeinen haushaltsrechtlichen Maßnahmen zur Behandlung von Forderungen wie Stundung, Erlass und Niederschlagung ausgeschlossen. 3Dies gilt jedoch nur, soweit von Besoldungsempfängern Zahlungen zurückgefordert werden. 4Bei Rückforderungen von anderen Personen findet § 59 BHO Anwendung. 5Sofern eine Dienststelle im Rahmen der Rechnungsprüfung festgestellte Ansprüche auf Rückforderungen niederschlagen oder erlassen will, hat sie zuvor den Bundesrechnungshof anzuhören.

12.2.15
1Für ab dem 01.01.2002 entstandene oder zu diesem Zeitpunkt noch bestehende Rückforderungsansprüche nach § 12 Absatz 2 gilt die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB. 2Bis zu diesem Zeitpunkt war eine 30-jährige Verjährungsfrist maßgeblich. 3Wird die Rückforderung als Schadenersatzanspruch (§ 75 Absatz 1 BBG) geltend gemacht, gilt gleichermaßen die dreijährige Verjährungsfrist nach § 195 BGB.

12.2.15.1
1Überzahlte Bezüge können nicht zurückgefordert werden, wenn der Rückforderungsanspruch verjährt ist und der Besoldungsempfänger die Einrede der Verjährung geltend macht. 2Die Verjährungsfrist für die Rückforderung zu viel gezahlter Bezüge beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger (Dienstherr) von den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners (Besoldungsempfänger) Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen (§ 199 Absatz 1 Nummer 2 BGB).

12.2.15.2
Nach § 212 BGB endet die bisherige Verjährungsfrist und beginnt die Verjährungsfrist sofort erneut zu laufen, wenn der Schuldner (Besoldungsempfänger) den Rückforderungsanspruch anerkennt oder der Gläubiger (Dienstherr) eine gerichtliche oder behördliche Vollstreckungshandlung (z.B. Pfändung) vornimmt oder beantragt.

12.2.15.3
1Demgegenüber wird bei der Hemmung der Verjährung lediglich der Verlauf der Verjährung angehalten, bis der Hemmungsgrund entfallen ist. 2Die Hemmung der Verjährung beginnt im Regelfall in dem Zeitpunkt, in dem der Besoldungsempfänger (Schuldner) Kenntnis vom Hemmungsgrund erlangt. 3Die Zeit, in der die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungszeit nicht eingerechnet. 4Fällt der Hemmungsgrund weg, läuft die noch nicht abgelaufene Verjährungsfrist weiter. 5Die Hemmungsgründe ergeben sich aus den §§ 203 ff. BGB.

12.2.15.4
Beispiele einer Verjährungshemmung:
– Verhandlungen zwischen Schuldner und Gläubiger; hierzu zählt jeder Meinungsaustausch über den Anspruch oder den zugrunde liegenden Sachverhalt; die Hemmung der Verjährung endet, wenn einer sich weigert, die Verhandlungen fortzusetzen oder wenn nach Treu und Glauben der nächste Verhandlungsschritt zu erwarten gewesen wäre, aber nicht unternommen wird,
– Erhebung der Leistungsklage,
– Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren,
– Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren,
– Aufrechnung im Prozess oder
– Erlass eines Verwaltungsaktes zur Feststellung oder Durchsetzung des Anspruchs.

12.2.16
Die Durchführung der Rückforderung überzahlter Bezüge wird durch Rückforderungsbescheid, Leistungsklage oder Aufrechnung des Rückforderungsanspruchs gegen den Anspruch auf pfändbare Bezüge geltend gemacht.

12.2.16.1
1Der Rückforderungsbescheid des Dienstherrn gegen den Besoldungsempfänger ist ein Verwaltungsakt. 2Dies gilt auch für Rückforderungsbescheide gegen ausgeschiedene Besoldungsempfänger, gegen Personen, deren Dienstverhältnis wegen nichtiger oder zurückgenommener Ernennung nie bestanden hat, und gegen die Erben eines früheren Besoldungsempfängers, wenn sich die erfolgte Gehaltszahlung durch dessen Tod als Überzahlung erweist (BVerwG, Urteil vom 11. März 1971 – II C 36.68 –). 3Der Rückforderungsbescheid muss den Überzahlungsbetrag, den Überzahlungszeitraum, den Überzahlungs- und Rechtsgrund für die Rückforderung, den Rückforderungsbetrag sowie eine Rechtsbehelfsbelehrung (§ 58 VwGO) enthalten. 4Der Empfänger ist darüber zu unterrichten, in welcher Form die Rückzahlung erfolgen soll. 5Der Bescheid muss ferner nach § 39 VwVfG eine Entscheidung der Behörde darüber enthalten, aus welchen Billigkeitsgründen von einer Rückforderung (§ 12 Absatz 2 Satz 3) ganz oder teilweise abgesehen wird oder weshalb der Dienstherr keine Billigkeitsgründe berücksichtigt hat. 6Solange die Vollziehbarkeit eines Rückforderungsbescheides oder eines die Rückforderung betreffenden Widerspruchsbescheides infolge eines Widerspruchs oder einer Anfechtungsklage aufgeschoben ist, ist der Vollzug der Rückforderung des überzahlten Betrages auszusetzen. 7Der Empfänger sollte jedoch vorsorglich darauf hingewiesen werden, dass er mit der Einziehung des überzahlten Betrages in dem sich aus dem Ausgang des Rechtsmittelverfahrens ergebenden Umfang zu rechnen hat und sich dann nicht etwa auf einen Wegfall der Bereicherung berufen kann. 8Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist entsprechend § 80 Absatz 1 VwGO auf Ausnahmefälle zu beschränken und eingehend zu begründen. 9Ein Ausnahmefall ist insbesondere gegeben, wenn nach Lage des Einzelfalles die Durchsetzung des Rückforderungsanspruchs gefährdet erscheint.

12.2.16.2
1In den Fällen, in denen der Dienstherr seinen Rückforderungsanspruch durch Verwaltungsakt geltend machen könnte, hat er alternativ die Möglichkeit, die allgemeine Leistungsklage zu erheben. 2Das Rechtsschutzbedürfnis ist gegeben, wenn nach der Sachlage ohnehin mit einer gerichtlichen Auseinandersetzung zu rechnen ist. 3Nach § 126 Absatz 1 BBG ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gegeben. 4Die allgemeine Leistungsklage ist in jedem Fall zu erheben, wenn sich der Rückforderungsanspruch gegen einen nichtbeamteten Dritten richtet, z.B. bei Zahlung an einen falschen Adressaten oder Überweisung auf ein falsches Konto. 5In diesen Fällen ist der Zivilrechtsweg zu beschreiten. 6Die Rechtsprechung ist jedoch uneinheitlich. 7In der Praxis empfiehlt es sich bei Zweifeln, einen richterlichen Hinweis zur Zuständigkeit zu erbitten. 8Auch vor Erhebung einer Leistungsklage ist eine Billigkeitsentscheidung zu treffen.

12.2.16.3
1Hinsichtlich der Möglichkeiten zur Aufrechnung wird auf die Ausführungen unter Randnummer 11.2 verwiesen. 2Im Übrigen gilt, dass auch dann, wenn der Dienstherr eine Überzahlung durch Aufrechnung geltend machen will, eine Billigkeitsentscheidung zu treffen ist. 3Werden die Informationen für eine Billigkeitsentscheidung telefonisch oder persönlich vorgetragen, sind sie aus Beweisgründen in der Akte zu vermerken. 4In den Fällen einer Aufrechnung wird ein Bescheid nur dann erlassen, wenn der Betroffene sich gegen die Aufrechnung wendet.

12.2.17
Die Überzahlungen sind in Bruttobeträgen, also einschließlich der bereits an das Finanzamt entrichteten Lohnsteuer, zurückzufordern; die steuerliche Behandlung dieser Bruttobeträge richtet sich nach den Vorschriften des Steuerrechts.


12.2.18
1Ist die geltend gemachte Forderung fällig und rechtshängig, sind Prozesszinsen zu erheben. 2Die Rechtshängigkeit tritt durch Erhebung der Leistungsklage und nicht schon durch Erlass eines Leistungsbescheides ein (§ 90 Absatz 1 VwGO, § 261 Absatz 1 ZPO).

12.2.18.1
1Darüber hinaus sind Prozesszinsen ab Bekanntgabe des Rückforderungsbescheids zu erheben. 2Voraussetzung dafür ist, dass der Zahlungsempfänger nach § 818 Absatz 4 i.V.m. § 819 BGB verschärft haftet. 3Dies ist der Fall, wenn der Zahlungsempfänger wusste, dass ihm die Leistungen nicht oder nicht in dieser Höhe zugestanden haben. 4Dasselbe gilt, wenn er den Mangel des rechtlichen Grundes der Zahlung zwar nicht positiv kannte, dieser Mangel aber so offensichtlich war, dass er ihn hätte erkennen müssen (Randnummer 12.2.7.4). 6In diesen Fällen wird der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit (§ 291 Satz 1 BGB) auf den Zeitpunkt der Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes der Zahlung oder des Kennenmüssens vorverlegt.

12.2.18.2
1Die Höhe der Prozesszinsen bestimmt sich nach § 291 i. V. m. § 288 Absatz 1 Satz 2 BGB und beträgt pro Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. 2Dies gilt auch bei einem negativen Basiszinssatz, denn ein Mindestzinssatz von 5 Prozent pro Jahr ist nicht normiert.

12.2.18.3
1Auf die Geltendmachung von Prozesszinsen kann ausnahmsweise verzichtet werden, wenn der Aufwand in keinem Verhältnis zum Zinsertrag steht. 2Andere Zinsen sind bis zur Bestandskraft des Rückforderungsbescheides nicht geltend zu machen. 3Wird eine Überzahlung ausschließlich im Wege der Aufrechnung getilgt, sind Prozesszinsen dann zu erheben, wenn die Überzahlung nicht durch eine einmalige Aufrechnung, sondern nur durch eine ratenweise Aufrechnung erledigt werden kann.

12.3
Zu Absatz 3

1Die Regelung stellt Rückforderungsansprüche des Dienstherrn sicher, wenn Bezüge in Unkenntnis des Todes des Besoldungsempfängers auf dessen Konto überwiesen und deshalb zu Unrecht gezahlt worden sind. 2Es handelt sich um einen eigenständigen Rückforderungsanspruch gegenüber dem Geldinstitut, der von einem Rückforderungsanspruch gegen den Erben (nach Absatz 2) zu unterscheiden ist. 3Der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten ist eröffnet. 4Da es sich um eine Vorbehaltszahlung handelt, ist eine schnelle und vollständige Rücküberweisung der Bezüge möglich. 5Eine Prüfungspflicht des Geldinstituts besteht nicht.

12.4
Zu Absatz 4

12.4.1
Die Vorschrift normiert einen besonderen, öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch des Dienstherrn gegen Dritte, insbesondere die Erben des Besoldungsempfängers.

12.4.2
Die Voraussetzungen sind:

12.4.2.1
Geldleistungen sind für die Zeit nach dem Tod des Besoldungsempfängers erbracht worden,

12.4.2.2
das Geldinstitut, bei dem der Besoldungsempfänger sein Konto unterhielt, kann den Betrag nicht zurücküberweisen, weil
– die Dritten diese Geldleistungen in Empfang genommen oder über sie verfügt haben und
– die Rücküberweisung nicht aus einem Guthaben auf dem Konto erfolgen kann, auf das die Bezüge überwiesen worden sind.

12.4.3
1Der Dritte kann sich nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen, da Absatz 4 nicht auf Bereicherungsrecht nach BGB und damit auf die Einrede des Wegfalls der Bereicherung verweist. 2Eine Rückforderung durch Verwaltungsakt scheidet aus, da die besonderen Tatbestandsvoraussetzungen des Absatzes 4 nicht im Zusammenhang mit der Rechtsnachfolge nach dem verstorbenen Besoldungsempfänger stehen.


Rückforderung von Bezügen und sonstiger zu viel gezahlter Geldleistungen,
§ 12 Absatz 2 BBesG, § 84a BBG

Eine Rückforderung ist zu prüfen, wenn
– Bezüge oder sonstige Geldleistungen ohne Rechtsgrund gezahlt worden sind und
– dies – im Falle von Bezügen – nicht auf einer rückwirkenden gesetzlichen Änderung beruht, § 12 Absatz 1 BBesG.

Schematische Darstellung in der VV BBesG

Abbildung: Schematische Darstellung der Prüfung eines Rückforderungsanpruchs
Beamtenrecht / Übersicht Beamtengesetze

Gesetze / Verordnungen Gesetzestexte
Grundlagen Einleitung Ausgangspunkt: Bereicherung Zahlung ohne Rechtsgrund? Bereicherungsrecht Entreicherung OVG Berlin-Brandenburg nicht grob fahrlässig Billigkeitsentscheidung Verjährung - Beginn der Verjährung - Unkenntnis grob fahrlässig - Organisationsverschulden?
Verfahren Verfahren Aufrechnung? Mitbestimmung
Brutto oder netto? Bruttobezüge BVerfG dazu VG Darmstadt
Gerichtsentscheidungen Bezüge nach Entlassung Rücknahme der Ernennung Beispiel: Entreicherung Beispiel: Entreicherung Anwärtersonderzuschläge FHH: Ausgleichszulage
Rechtsschutzproblem





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