Die Kausalität im Dienstunfallrecht
In dem nachstehenden Fall geht es um eine Lehrerin, die durch einen Dienstunfall psychisch belastet war.
Etwa zwei Jahre später traten Probleme im privaten Lebensbereich hinzu.
Was ist nun die wesentliche Ursache für eine psychoreaktive Störung in Form einer Anpassungsstörung?
Dies sind typische Fragen nach der Kausalität. Was ist durch den Dienstunfall verursacht?
Auszug aus einem
Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 14.11.11 - BVerwG 2 B 71.11-
in einem Verfahren, das sich auf ein Urteil des Bayerischen VGH München vom
01.02.11 - VGH 3 B 05.1641 – bezog:
1. Die Klägerin stand bis zu ihrem Eintritt in den Ruhestand als Lehrerin im Dienst des Beklagten. Sie begehrt die Verpflichtung des Beklagten, eine Reihe von Verletzungen als weitere Folge eines Dienstunfalls anzuerkennen sowie in diesem Zusammenhang näher bezeichnete Heilbehandlungskosten zu erstatten und von der Rückforderung bereits erstatteter Heilbehandlungskosten abzusehen.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat den Beklagten verpflichtet, als weitere Folge des Dienstunfalls eine psychoreaktive Störung in Form einer Anpassungsstörung anzuerkennen. Im Übrigen hat er die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Urteil die Revision nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beklagten.
2. Die Beteiligten streiten darüber, ob als Folge des Dienstunfalls eine psychoreaktive Störung in Form einer Anpassungsstörung anzuerkennen ist. Hier ist die Kausalität des Dienstunfalls vom Februar 2003 für die festgestellte Krankheit zweifelhaft, weil als Ursache neben dem anerkannten Dienstunfall vom Februar 2003 noch die seit 2005 bestehende eheliche Konfliktsituation, die im Jahr 2009 schließlich zur Scheidung der Klägerin geführt hat, in Betracht kommt.
Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage setzt in tatsächlicher Hinsicht voraus, dass ein dienstunfallbedingter Körperschaden ausschließlich durch eine neue, dienstunfallunabhängige Ursache aufrechterhalten wurde. Demgegenüber war nach dem Gutachten von Prof. Dr. O. die eheliche Konfliktsituation der Klägerin nicht der einzige Umstand, der zur Aufrechterhaltung der psychoreaktiven Störung beigetragen hat. Der Gutachter hat sich lediglich außerstande gesehen zu quantifizieren, wie hoch der Anteil der ehelichen Konfliktsituation an der Aufrechterhaltung der Anpassungsstörung zu bemessen ist.
Auf dieser tatsächlichen Grundlage ist der Verwaltungsgerichtshof zu der Überzeugung gelangt, dass die eheliche Konfliktsituation zu der bereits chronischen Anpassungsstörung der Klägerin als wesentliche Mitursache hinzugetreten ist, ohne damit die wesentliche Mitursächlichkeit des Dienstunfalls für diese Störung zu verdrängen.
Soweit die von der Beschwerde aufgeworfene Frage dahin zu verstehen sein sollte, ob das Hinzutreten einer dienstunfallunabhängigen Mitursache zu einer fortbestehenden dienstunfallbedingten Mitursache den Kausalzusammenhang zwischen dem Dienstunfall und dem dadurch ausgelösten Körperschaden ausschließt, bedarf es nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens, weil sich die Frage anhand der vorliegenden Rechtsprechung beantworten lässt. In derartigen Fällen ist der Dienstunfall dann als wesentliche Ursache im Rechtssinne anzuerkennen, wenn er bei natürlicher Betrachtungsweise entweder überragend zum Erfolg (Körperschaden) hingewirkt hat oder zumindest annähernd die gleiche Bedeutung für den Eintritt des Schadens hatte wie die anderen Umstände insgesamt (vgl. Urteil vom 01.03.07 - BVerwG 2 A 9.04).
1. Die Klägerin stand bis zu ihrem Eintritt in den Ruhestand als Lehrerin im Dienst des Beklagten. Sie begehrt die Verpflichtung des Beklagten, eine Reihe von Verletzungen als weitere Folge eines Dienstunfalls anzuerkennen sowie in diesem Zusammenhang näher bezeichnete Heilbehandlungskosten zu erstatten und von der Rückforderung bereits erstatteter Heilbehandlungskosten abzusehen.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat den Beklagten verpflichtet, als weitere Folge des Dienstunfalls eine psychoreaktive Störung in Form einer Anpassungsstörung anzuerkennen. Im Übrigen hat er die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Urteil die Revision nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beklagten.
2. Die Beteiligten streiten darüber, ob als Folge des Dienstunfalls eine psychoreaktive Störung in Form einer Anpassungsstörung anzuerkennen ist. Hier ist die Kausalität des Dienstunfalls vom Februar 2003 für die festgestellte Krankheit zweifelhaft, weil als Ursache neben dem anerkannten Dienstunfall vom Februar 2003 noch die seit 2005 bestehende eheliche Konfliktsituation, die im Jahr 2009 schließlich zur Scheidung der Klägerin geführt hat, in Betracht kommt.
Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage setzt in tatsächlicher Hinsicht voraus, dass ein dienstunfallbedingter Körperschaden ausschließlich durch eine neue, dienstunfallunabhängige Ursache aufrechterhalten wurde. Demgegenüber war nach dem Gutachten von Prof. Dr. O. die eheliche Konfliktsituation der Klägerin nicht der einzige Umstand, der zur Aufrechterhaltung der psychoreaktiven Störung beigetragen hat. Der Gutachter hat sich lediglich außerstande gesehen zu quantifizieren, wie hoch der Anteil der ehelichen Konfliktsituation an der Aufrechterhaltung der Anpassungsstörung zu bemessen ist.
Auf dieser tatsächlichen Grundlage ist der Verwaltungsgerichtshof zu der Überzeugung gelangt, dass die eheliche Konfliktsituation zu der bereits chronischen Anpassungsstörung der Klägerin als wesentliche Mitursache hinzugetreten ist, ohne damit die wesentliche Mitursächlichkeit des Dienstunfalls für diese Störung zu verdrängen.
Soweit die von der Beschwerde aufgeworfene Frage dahin zu verstehen sein sollte, ob das Hinzutreten einer dienstunfallunabhängigen Mitursache zu einer fortbestehenden dienstunfallbedingten Mitursache den Kausalzusammenhang zwischen dem Dienstunfall und dem dadurch ausgelösten Körperschaden ausschließt, bedarf es nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens, weil sich die Frage anhand der vorliegenden Rechtsprechung beantworten lässt. In derartigen Fällen ist der Dienstunfall dann als wesentliche Ursache im Rechtssinne anzuerkennen, wenn er bei natürlicher Betrachtungsweise entweder überragend zum Erfolg (Körperschaden) hingewirkt hat oder zumindest annähernd die gleiche Bedeutung für den Eintritt des Schadens hatte wie die anderen Umstände insgesamt (vgl. Urteil vom 01.03.07 - BVerwG 2 A 9.04).
Das Bundesverwaltungsgericht erläutert später in der Entscheidung noch
einmal die jedem Juristen geläufigen verschiedenen Formen von "Kausalität"
in einer zusammengefassten Form. Wesentlich ist der zweite Takt der Prüfung:
Die Prüfung der Kausalität erfolgt in zwei Schritten.
Ausgangsbasis ist die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie (conditio sine qua non).
Wegen der Weite dieser Theorie muss auf der zweiten Stufe eine wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache getroffen werden (BSG, Urteil vom 09.05.06 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196, Rn. 13 ff.).
Der Verwaltungsgerichtshof ist aber bei seinen von der Beschwerde angegriffenen Darlegungen ersichtlich nicht auf der ersten Stufe, den Überlegungen zur schlichten Kausalität im Sinne der Bedingungstheorie, stehen geblieben. Das Berufungsgericht hat vielmehr, wie den Worten „zumindest mit maßgeblich“ zu entnehmen ist, anknüpfend an die zuvor dargestellte Theorie der wesentlich mitwirkenden Teilursache eine Bewertung der Wesentlichkeit des Dienstunfalls für die Aufrechterhaltung der diagnostizierten Erkrankung vorgenommen.
Die Prüfung der Kausalität erfolgt in zwei Schritten.
Ausgangsbasis ist die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie (conditio sine qua non).
Wegen der Weite dieser Theorie muss auf der zweiten Stufe eine wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache getroffen werden (BSG, Urteil vom 09.05.06 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196, Rn. 13 ff.).
Der Verwaltungsgerichtshof ist aber bei seinen von der Beschwerde angegriffenen Darlegungen ersichtlich nicht auf der ersten Stufe, den Überlegungen zur schlichten Kausalität im Sinne der Bedingungstheorie, stehen geblieben. Das Berufungsgericht hat vielmehr, wie den Worten „zumindest mit maßgeblich“ zu entnehmen ist, anknüpfend an die zuvor dargestellte Theorie der wesentlich mitwirkenden Teilursache eine Bewertung der Wesentlichkeit des Dienstunfalls für die Aufrechterhaltung der diagnostizierten Erkrankung vorgenommen.
Wie Sie sehen: Es stellen sich äußerst schwierige Fragen. Dies gilt unter Umständen auch, wenn es um rein körperliche Beeinträchtigungen geht.
Hier ist medizinischer Sachverstand gefragt und man kann am Ende bisweilen eine recht platte, eigentlich auf Juristen gemünzte Formel abwandeln: Zwei Mediziner - drei Meinungen.
Um es anders zu sagen: Bisweilen finden umfangreiche und aufwändige Begutachtungen statt - und letztlich bleibt doch eine Unsicherheit in entscheidenden Fragen.