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Disziplinarrecht: Bindung an Ergebnis des Strafverfahrens

Verknüpfung des Disziplinarrechts mit anderen Verfahren

Entscheidung BVerwG vom 24.11.99 - 1 D 68/98 -, NVwZ-RR 2000, 364 ff.

Die Bindung des Disziplinargerichts an die tragenden Feststellungen des Strafurteils in einem Strafverfahren, das nach strafmaßbeschränkter Berufung in zweiter Instanz gem. § 153 a StPO eingestellt worden ist, verstößt nicht gegen die Unschuldsvermutung.

Ein Beamter war vom Strafgericht in erster Instanz wegen Untreue gem. § 266 StGB zum Nachteil seines Dienstherrn zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Auf die strafmaßbeschränkte Berufung des Beamten wurde das Verfahren vom Landgericht gemäß § 153 a StPO gegen Zahlung eines Geldbetrages eingestellt.

Problem/Fragestellung:
Das Strafverfahren endete letztlich nicht mit einem rechtskräftigen Urteil, sondern mit einem Einstellungsbeschluss. Haben die Disziplinargerichte von einem verbindlich festgestellten Sachverhalt auszugehen?

Auffassung des BVerwG:
Die Disziplinargerichte sind an die Feststellungen des Strafgerichts der 1. Instanz gebunden, weil die gegen das Urteil eingelegte Berufung auf das Strafmaß beschränkt worden war.

Auszüge aus den Urteilsgründen:

- Ein in einem höheren Rechtszug eingestelltes Strafverfahren löst die Bindungswirkung auch dann aus, wenn die einen rechtskräftigen Schuldspruch tragenden tatsächlichen Feststellungen des unteren Gerichts infolge der Beschränkung des Rechtsmittels auf das Strafmaß vor der Verfahrenseinstellung unangreifbar geworden waren.

- Hier kann sich der Beamte hinsichtlich der Feststellungen des erstinstanzlichen Strafgerichts nicht mehr mit Erfolg auf die Unschuldsvermutung berufen, da diese Vermutung durch die Beschränkung des Rechtsmittels auf das Strafmaß verfahrensgemäß widerlegt worden ist. Die Feststellungen im Urteil des Strafgerichts, dass der Beamte eine strafbare Handlung begangen hat, sind damit rechtskräftig und nach § 18 I 1 BDO bindend geworden. Die anschließende Einstellung des Verfahrens nach § 153 a StPO ändert an der prozessualen Wirkung der Rechtsmittelbeschränkung nichts.

Bindend sind für den Senat nach § 18 I 1 BDO nur diejenigen tatsächlichen Feststellungen, auf denen das Strafurteil beruht, die also die gesetzlichen Merkmale des Straftatbestandes betreffen. Dem gemäß sind hier Feststellungen zu Zweck und Motiv des Tathandelns nicht bindend, ...


Hinweis auf zwei weitere Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts:


Zum einen findet sich in NVwZ-RR 2001, 394 f. eine Entscheidung vom 29.11.00 - 1 D 13/99 -, mit welcher sich das Disziplinargericht von einer strafgerichtlichen Verurteilung löst.
Ein Beamter war vom Amtsgericht wegen Urkundenfälschung und Betruges zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Auf die strafmaßbeschränkte Berufung des Beamten ist das Strafverfahren vom Landgericht gemäß § 153 a StPO gegen Zahlung von DM 4.000,00 eingestellt worden.
Das Bundesdisziplinargericht entfernte den Beamten aus dem Dienst.
Die Berufung des Beamten hatte Erfolg. Das Bundesverwaltungsgericht löste sich einstimmig von den Feststellungen des Strafgerichts und ging davon aus, der objektive Tatbestand des Dienstvergehens sei nicht erwiesen.

Zum anderen enthielt Heft 38 der NJW des Jahres 2000 einen Hinweis auf eine Entscheidung, die nicht unmittelbar das Disziplinarrecht, sondern das Beamtenrecht betrifft, aber auch im Disziplinarrecht Beachtung verdient:
Kein Verlust des Beamtenstatus wegen Strafbefehls.
Ein rechtskräftiger Strafbefehl hat beamtenrechtlich nicht die gleiche Wirkung wie ein Strafurteil und führt deshalb auch bei einer verhängten Freiheitsstrafe nicht zum Verlust des Beamtenstatus, judizierte kürzlich das BVerwG (2 C 20/99). Im entschiedenen Fall war ein Beamter wegen mehrerer vorsätzlich begangener Straftaten durch Strafbefehl zu einem Jahr Freiheitsstrafe mit Bewährung verurteilt worden. Als das Land Nordrhein-Westfalen von der Rechtskraft des Strafbefehls erfuhr, erklärte es das Beamtenverhältnis kraft Gesetzes für beendet. Diese Entscheidung hat nunmehr das BVerwG beanstandet, da einem Strafbefehl keine gerichtliche Hauptverhandlung und Beweisaufnahme vorausgehe und er deshalb nicht die gleiche Verlässlichkeit wie ein Urteil nach einer Hauptverhandlung biete, so dass das Beamtenverhältnis nicht kraft Gesetzes beendet werden könne.

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