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 Verbot des Führens der Dienstgeschäfte / sofortige Vollziehung angreifen?

Das Verbot des Führens der Dienstgeschäfte / die vorläufige Dienstenthebung, also untechnisch gesprochen die Zwangsbeurlaubung nach Beamtenrecht, kann mit einem Widerspruch oder - Landesrecht beachten! - mit einer Klage angefochten werden.
Da Widerspruchs- und Klagverfahren lange dauern, stellt sich regelmäßig auch die Frage nach aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage.
Ist die sofortige Vollziehung angeordnet, können Sie bei dem Verwaltungsgericht einen Antrag nach § 80 V VwGO stellen.
Bevor Sie diesen Antrag einreichen, sollten Sie aber nach unserer Auffassung den eigentlichen Rechtsbehelf ergreifen.
So würden jedenfalls wir vorgehen. (Die Frage ist umstritten.)

Die nachstehende Entscheidung, bei der es nicht um Beamtenrecht geht, stellt das überzeugend dar:

Verwaltungsgericht Hamburg, Beschluss vom 12.04.22 - 5 E 1630/22 -

Leitsatz
Im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO muss der Anfechtungsrechtsbehelf (Widerspruch oder Klage) spätestens im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung erhoben sein.


Aus den Gründen:

III.
13 Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz ist unzulässig. Die an die einschlägige Rechtsschutzform anknüpfenden Zulässigkeitsvoraussetzungen sind nicht erfüllt.
Im Einzelnen:
14 Nach § 49 Abs. 9 Satz 1 HmbSG ist in dringenden Fällen die Schulleiterin oder der Schulleiter befugt, die Schülerin oder den Schüler bis zur Entscheidung vorläufig vom Schulbesuch zu beurlauben, wenn auf andere Weise die Aufrechterhaltung eines geordneten Schullebens nicht gewährleistet werden kann. ...
Die Höchstdauer einer vorläufigen Beurlaubung beträgt gemäß § 49 Abs. 9 Satz 2 HmbSG zehn Unterrichtstage. Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufgrund § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 49 Abs. 9 Satz 3 HmbSG keine aufschiebende Wirkung.
15 Vorläufiger Rechtsschutz ist nach Maßgabe des § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines gegen die vorläufige Beurlaubung erhobenen Widerspruchs eröffnet. Spätestens im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes muss der Widerspruch bereits erhoben sein.
Anderenfalls ist entweder der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO als unstatthaft und deshalb unzulässig zu bewerten oder es fehlt an der allgemeinen Sachentscheidungsvoraussetzung des Rechtsschutzbedürfnisses, so dass der Antrag aus diesem Grund unzulässig ist. Denn die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines noch gar nicht erhobenen Widerspruchs ginge ins Leere.
16 Die Notwendigkeit eines eingelegten Rechtsbehelfs entspricht dem klaren Wortlaut des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO und der inneren Logik dieser Norm. Zudem besteht nach Sinn und Zweck für den vorläufigen Rechtsschutz kein Sicherungsauftrag, wenn ein offenzuhaltendes Hauptsacheverfahren (noch) nicht vorhanden ist. Soweit teilweise die Auffassung vertreten wird, ein Eilantrag sei unabhängig von der Erhebung des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zulässig, weil eine faktische Verkürzung der Rechtsbehelfsfristen (§§ 70 Abs. 1, 74 Abs. 1 VwGO) vermieden werden müsse (...), teilt die Kammer (so bereits VG Hamburg, Beschluss vom 13.01.22, 5 E 124/22, n.v.) diese Meinung nicht.
Nimmt jemand gerichtlichen Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO in Anspruch, so ist ihm auch zuzumuten, den Hauptsacherechtsbehelf einzulegen. Das gerichtliche Eilverfahren dient nicht dazu, die Auffassung des Gerichts zu einer Rechtsfrage zu erfahren, bevor die Entscheidung zur Erhebung des Rechtsbehelfs in der Hauptsache getroffen wird (zum Ganzen Schoch in Schoch/Schneider, 41. EL Juli 2021, VwGO § 80 Rn. 460 f.).
17 Im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung - die wegen des nahenden Ablaufs der auf Donnerstag um 13.00 Uhr befristeten vorläufigen Beurlaubung - nun getroffen werden muss, fehlt es an einem wirksamen Widerspruch der Antragstellerin.
18 Der Widerspruch ist nach § 70 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwGO schriftlich oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat oder den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat. Daran fehlt es. Die Antragstellerin hat lediglich E-Mails gesandt. Der Widerspruch durch einfache E-Mail genügt nicht dem Schriftformerfordernis; im Gegensatz zum Computerfax wird hier nicht unmittelbar bei der Behörde auf Veranlassung des Widerspruchsführers eine körperliche Urkunde erstellt, die Herstellung der Urkunde bedarf vielmehr der Mitwirkung des Empfängers; die einfache E-Mail bietet keine ausreichend sichere Gewähr für die Identifizierbarkeit des Absenders und im Gegensatz zum Computerfax leichtere Verfälschungsmöglichkeiten (Dolde/Porsch, in Schoch/ Schneider, Verwaltungsrecht, 41. EL Juli 2021, VwGO § 70 Rn. 6b m.w.N.). ...
19 In der Anrufung des Gerichts ... liegt lediglich ein Gesuch um vorläufigen Rechtsschutz durch das Gericht. Ein Rechtsschutzgesuch an die Behörde, insbesondere die Erhebung eines Widerspruchs, ist darin nicht zu sehen.
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