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Nachversicherung des Beamten in der Rentenversicherung

Nachversicherung in der Rentenversicherung bei Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder Aberkennung des Ruhegehalts

Ein Beamter, der ohne Versorgungsansprüche aus dem Dienstverhältnis ausscheidet, wird zunächst prüfen, ob ihm nach den entsprechenden Gesetzen, die nach 2010 in Kraft traten, ein Altersgeld zusteht. Denn dies ist die bessere Variante gegenüber der früher üblichen Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung.
Allerdings fällt das Altersgeld - zumindest nach dem hamburgischen Landesrecht, § 89 e Beamtenversorgungsgsetz FHH - unter den gleichen Bedingungen weg wie das Beamtenverhältnis als solches bzw. wie das Ruhegehalt.
Andere Disziplinargesetze (z.B. Bundesdisziplinargesetz, niedersächsisches Landesdisziplinargesetz) regeln jeweils in ihrem § 1, dass das Altersgeld disziplinarrechtlich wie ein Ruhegehalt behandelt wird.

Das bedeutet:
Der Beamte, der aus dem Beamtenverhältnis entfernt wird, dem das Ruhegehalt aberkannt wird oder der wegen einer schweren Straftat verurteilt wird und dadurch seine entsprechenden Rechte verliert, wird für die Dauer des Beamtenverhältnisses in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert, nicht aber in der zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung der Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes.
Dies ergibt sich ganz eindeutig aus § 8 SGB VI.
Die hierfür zu entrichtenden Beiträge, Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil, werden allein vom Dienstherrn getragen.
So die eindeutige Regelung in § 181 Abs. 5 SGB VI.

In der Praxis knirscht es dann bisweilen ein wenig, weil sich bei der Zahlung der Beiträge Verzögerungen ergeben. In diesen Fällen sind die §§ 181 ff. SGB VI genauer zu betrachten, in denen viele Einzelheiten geregelt sind.

Die Nachversicherung erfolgt auch dann, wenn der Beamte von dem Disziplinargericht aus dem Dienst entfernt wird.
Bei Aberkennung des Ruhegehalts im Disziplinarverfahren ist der (frühere) Pensionär nachzuversichern.

Diese Regelung, die mancher auf den ersten Blick nicht zu verstehen vermag, ist durchaus folgerichtig: als Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft würden Sie Ihre Rentenbeiträge im Fall einer Kündigung ebenfalls nicht verlieren.
Die Regelung findet sich im Sozialgesetzbuch VI. Eine entsprechende Schlussfolgerung zieht man auch aus einer etwas undeutlichen Formulierung in § 80 BDG.


Das Bundesverwaltungsgericht hat den Anspruch auf Nachversicherung wiederholte Male bestätigt, dabei aber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der aus dem Dienst entfernte Beamte selbstverständlich Nachteile erleiden könne, zum Beispiel in einem Urteil vom 23.11.06 - BVerwG 1 D 1.06 -:

"Nachteilige Auswirkungen der Aberkennung des Ruhegehalts auf den Krankenversicherungsschutz können aus Rechtsgründen nicht zugunsten des Ruhestandsbeamten berücksichtigt werden. Ein Beamter, der das Vertrauensverhältnis zu seinem Dienstherrn endgültig zerstört hat, kann nicht verlangen, dass sein Beamtenverhältnis beibehalten wird, um soziale Härten dauerhaft zu vermeiden. Zur Vermeidung unbilliger Härten in der Übergangszeit nach dem Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis ist der disziplinarrechtliche Unterhaltsbeitrag vorgesehen, ...
Darüber hinaus ist es allein Aufgabe der sozialrechtlichen Auffangbestimmungen und Schutzvorschriften, das Existenzminimum zu gewährleisten. So hängt vom Inhalt der maßgeblichen sozialrechtlichen Vorschriften ab, ob die Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung angemessen ist. Entsprechendes gilt für den Schutz im Krankheitsfall. Bei den hier eintretenden Nachteilen handelt es sich um mittelbare Folgen der Entfernung aus dem Dienst bzw. der Aberkennung des Ruhegehalts, deren Bewältigung nicht Aufgabe des Disziplinarrechts ist."

In etwas anderem Zusammenhang - nämlich bei freiwilligem Ausscheiden des Beamten - steht die Nachversicherung derzeit auf dem Prüfstand vor dem EuGH:
Ist die Nachversicherungspflicht für aus dem Dienst ausscheidende Beamte und die damit verbundene Beschränkung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer mit Europarecht vereinbar? Diese Frage hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf mit Beschluss vom 16.04.15 - Aktenzeichen: 23 K 6871/13 - dem Europäischen Gerichtshof in Lu­xemburg vorgelegt.
Hintergrund ist die Klage eines ehemaligen Lehrers, der von 1980 bis 1999 in Nordrhein-Westfalen - zuletzt als Oberstudienrat - tätig war. Zum September 1999 nahm er eine Tätigkeit als Lehrer in Österreich auf, die er bis heute ausübt. Infolge des Wechsels nach Österreich musste er aus dem Beamtenverhältnis ausscheiden. Bei dem nunmehr anstehenden Eintritt in den Altersruhestand erhält er keine beamtenrechtlichen Versorgungsbezüge nach deutschem Recht. Stattdessen ist er seinerzeit gemäß § 8 des Sozialgesetzbuchs - Sechstes Buch – (SGB VI) bei der Deutschen Rentenversicherung nachversichert worden. Anders als bei Lehrern, die vom Land im Angestelltenverhältnis beschäftigt werden, konnte er mit der Nachversicherung keine Versorgungsansprüche bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) erwerben. Bei Erreichen der Altersgrenze wird er eine monatliche Altersrente von der Deutschen Rentenversicherung in Höhe von rund EUR 1.050,00 für seine Tätigkeit in Deutschland beziehen. Würden ihm für seine Tätigkeit als beamteter Lehrer in Deutschland Versorgungsbezüge nach beamtenrechtlichen Grundsätzen gewährt, beliefen sich diese auf rund EUR 2.250,00. Der monatliche Unterschied von rund EUR 1.200,00 beruht zum einen auf fehlenden Ansprüchen gegenüber der VBL, zum anderen darauf, dass Bezugspunkt für die Nachversicherung die seinerzeitigen Bruttobezüge des Klägers waren, die für ihn als beamteten Lehrer niedriger waren als die vergleichbarer angestellter Lehrer. Das Gericht sieht darin eine Beschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit innerhalb der Europäischen Union. Artikel 45 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) steht jeder Maßnahme entgegen, die geeignet ist, die Ausübung der durch den AEUV garantierten Grundfreiheiten durch die Unionsangehörigen zu behindern oder weniger attraktiv zu machen.   Nach Auffassung des Gerichts die sind die grundsätzlichen Unterschiede der Versorgungssysteme (staatliche Rentenversicherung – Beamtenversorgung) nicht geeignet, diese Beschränkung zu rechtfertigen.

§ 8 SGB VI Nachversicherung, Versorgungsausgleich und Rentensplitting

(1) Versichert sind auch Personen,
1. die nachversichert sind oder
2. für die aufgrund eines Versorgungsausgleichs oder eines Rentensplittings Rentenanwartschaften übertragen oder begründet sind. Nachversicherte stehen den Personen gleich, die versicherungspflichtig sind.

(2) Nachversichert werden Personen, die als
1. Beamte oder Richter auf Lebenszeit, auf Zeit oder auf Probe, Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit sowie Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst,
2. sonstige Beschäftigte von Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts, deren Verbänden einschließlich der Spitzenverbände oder ihrer Arbeitsgemeinschaften,
3. satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen oder Angehörige ähnlicher Gemeinschaften oder
4. Lehrer oder Erzieher an nicht-öffentlichen Schulen oder Anstalten
versicherungsfrei waren oder von der Versicherungspflicht befreit worden sind, wenn sie ohne Anspruch oder Anwartschaft auf Versorgung aus der Beschäftigung ausgeschieden sind oder ihren Anspruch auf Versorgung verloren haben und Gründe für einen Aufschub der Beitragszahlung (§ 184 Abs. 2) nicht gegeben sind. Die Nachversicherung erstreckt sich auf den Zeitraum, in dem die Versicherungsfreiheit oder die Befreiung von der Versicherungspflicht vorgelegen hat (Nachversicherungszeitraum). Bei einem Ausscheiden durch Tod erfolgt eine Nachversicherung nur, wenn ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente geltend gemacht werden kann.


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