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Rechtsprechung zum Beamtenrecht: Familienzuschlag

Ein Beispiel dafür, wie verschiedene Rechtsgebiete sich überschneiden können.
Wer seiner geschiedenen Ehefrau noch zum Unterhalt verpflichtet war, erhielt seinerzeit (bitte prüfen Sie die aktuelle Rechtslage!) als Beamter vom Dienstherrn noch Familienzuschlag der Stufe 1.
Im Familienrecht war es möglich und bei bestimmten Konstellationen von den geschiedenen Ehegatten auch gewünscht, den Unterhaltsanspruch durch eine einmalige Zahlung abzugelten.
Besteht dann der Anspruch auf Familienzuschlag weiter oder geht er verloren?


VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 09.09.03 - 4 S 793/02

Es besteht kein Anspruch auf Gewährung des Familienzuschlages der Stufe 1, wenn sich der Beamte verpflichtet hat, seiner geschiedenen Ehefrau eine Kapitalabfindung zur Erfüllung seiner ihr gegenüber bestehenden Unterhaltspflicht zu zahlen.


Der seit 1993 geschiedene Kläger meint, ihm sei weiter Familienzuschlag der Stufe 1 nach § 40 Abs. 1 Nr. 3 BBesG zu gewähren, da er sich in einem gerichtlichen Vergleich seiner geschiedenen Ehefrau gegenüber in Erfüllung der fortbestehenden Unterhaltspflicht zur Zahlung einer Kapitalabfindung verpflichtet habe.

Das Berufungsgericht entscheidet gegen den Beamten:

Die Klage ist nicht begründet, da der Kläger auf der Grundlage des allein in Betracht kommenden § 40 Abs. 1 Nr. 3 BBesG einen Anspruch auf die Gewährung von Familienzuschlag der Stufe 1 nicht mehr hat.
Anspruchsvoraussetzung ist, dass der Beamte seiner geschiedenen Ehefrau zum Unterhalt verpflichtet ist. Was als Unterhaltsverpflichtung im Sinne der genannten Bestimmung zu verstehen ist, richtet sich nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts. Danach ist der Kläger nicht zum nachehelichen Unterhalt verpflichtet.
Nach §§ 1569, 1585 Abs. 1 und Abs. 2 sowie § 1585 c BGB können Ehegatten über die Unterhaltspflicht für die Zeit nach der Scheidung eine Vereinbarung des Inhalts treffen, dass statt einer Unterhaltsrente eine Abfindung in Kapital gezahlt wird, welche die Unterhaltspflicht zum Erlöschen bringt. Dies hat das BVerwG (NJW 2003, 1886) unter Hinweis auf seine bisherige Rechtsprechung bestätigt.

Von der Möglichkeit einer Kapitalabfindung zur Beendigung der Unterhaltspflicht haben der Kläger und seine damalige Ehefrau mit dem vor dem Amtsgericht geschlossenen Vergleich Gebrauch gemacht. Die darin vorgesehene Kapitalabfindung sollte nach dem erklärten Willen der Vertragspartner den Unterhaltsanspruch der Ehefrau bis zum Erreichen ihres 65. Lebensjahres zum Erlöschen bringen (§ 1585 Abs. 2 BGB). Das ist mit der Zahlung des Betrags durch den Kläger geschehen (§ 362 Abs. 1 BGB). Die Unterhaltspflicht des Klägers ist außerdem dadurch weggefallen, dass seine Ehefrau in dem Vergleich ausdrücklich auf jeglichen weiteren Unterhalt nach der Vollendung ihres 65. Lebensjahres verzichtet hat. Dieser Verzicht ist wirksam, denn Ehegatten können im Rahmen der ihnen nach § 1585 c BGB zustehenden Vertragsfreiheit einen gesetzlichen Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ausschließen.

Die Ansicht des Klägers, die Kapitalabfindung sei nicht an die Stelle des Unterhaltsanspruchs getreten, sondern betreffe nur die Art der Unterhaltsgewährung und lasse die Unterhaltsverpflichtung der früheren Ehefrau dem Grunde nach fortbestehen, trifft nicht zu.
Da der Kläger folglich nach dem bürgerlichen Recht nicht mehr zum nachehelichen Unterhalt verpflichtet ist, hat er keinen Anspruch auf den Familienzuschlag der Stufe 1.

Entgegen der Auffassung des VG ist die zu § 5 des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich - Versorgungsausgleichshärtegesetz (VAHRG) - ergangene Rechtsprechung, nach der ein Anspruch auf Unterhalt auch dann angenommen wird, wenn der Berechtigte durch eine Vereinbarung nach § 1585 c BGB auf Unterhaltsleistungen gegen Zahlung einer Abfindung verzichtet hat (vgl. BVerwGE 109, 231; BGHZ 126, 202), auf Fälle der vorliegenden Art nicht übertragbar. Dies hat das BVerwG in seiner Entscheidung vom 30.04.03 (a.a.O.) ausdrücklich klargestellt. Es hat zur Begründung darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber mit der Vorschrift des § 5 VAHRG zum Ausgleich scheidungsbedingter unterhalts- und versorgungsrechtlicher Härten eine pauschalierende Regelung getroffen hat, bei der es im Gegensatz zur Regelung des § 40 Abs. 1 Nr. 3 BBesG auf besondere Umstände des Einzelfalls nicht ankommen soll. Für die Anwendung des § 5 VAHRG ist daher nicht von Belang, in welcher Höhe der Berechtigte gegen den Verpflichteten einen Unterhaltsanspruch hat und ob dieser Anspruch in Verbindung mit der Kürzung der Rente die Lebensführung des Verpflichteten tatsächlich beeinträchtigt. Entscheidend ist, dass eine solche Beeinträchtigung möglich ist. Da dies - wirtschaftlich gesehen - ebenso im Fall einer Unterhaltsabfindung zutreffen kann, beseitigt auch diese Form der Erfüllung der Unterhaltspflicht nicht die Tatbestandsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 VAHRG, dass der Berechtigte gegen den Verpflichteten einen Anspruch auf Unterhalt hat.

Aus dieser Auslegung des § 5 VAHRG lässt sich indessen nichts für das Verständnis des Merkmals »aus der Ehe zum Unterhalt verpflichtet« in § 40 Abs. 1 Nr. 3 BBesG gewinnen. Diese Vorschrift kann nicht dahin ausgelegt werden, dass die Stufe 1 des Familienzuschlags auch dann zu zahlen ist, wenn Ansprüche auf laufende Unterhaltszahlungen durch eine Kapitalabfindung abgelöst worden sind, für die der geschiedene Beamte neue Verbindlichkeiten eingehen musste oder die ihn durch den Wegfall der Kapitalerträge wirtschaftlich belasten. Das wäre schon mit dem Wortlaut der Bestimmung nicht vereinbar, der nicht erkennen lässt, dass der Besoldungsgesetzgeber von dem familienrechtlichen Begriff der »Verpflichtung zum Unterhalt«, wie er in den §§ 1569 ff. BGB seinen Ausdruck gefunden hat, hat abgehen wollen. Die gegenteilige Interpretation würde auch dem Zweck der Vorschrift widersprechen, wegen der Alimentationspflicht gegenüber der Beamtenfamilie der fortbestehenden unterhaltsrechtlichen Bindung zwischen den geschiedenen Ehegatten und der dadurch bewirkten erhöhten laufenden Unterhaltsbelastung des Beamten Rechnung zu tragen (vgl. BVerwG, NJW 2003, 1886). Dementsprechend muss eine monatliche Unterhaltsverpflichtung des Beamten - anders als bei der Pauschalregelung des § 5 VAHRG - mindestens in der Bruttodifferenz zwischen den Zuschlagsstufen bestehen, um den Anspruch auf die höhere Stufe des Familienzuschlags zu rechtfertigen. An einer solchermaßen fortbestehenden Unterhaltsverpflichtung fehlt es hier jedoch. Es verstößt schließlich nicht gegen den Gleichheitssatz, wenn der Gesetzgeber die Familienzuschlagsstufen anders als die Kürzung der Versorgung nach § 5 VAHRG nicht an die vielfach denkbaren materiellen Belastungen nach einer Ehescheidung knüpft, sondern an den leicht feststellbaren Tatbestand einer aktuell gegebenen Unterhaltsverpflichtung (vgl. BVerwG, NJW 2003, 1886).


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