Scheidungsrecht: kinderbezogener Familienzuschlag für Beamte
Diese Ausführungen sind überholt.
Die Eigenmittelgrenze im Bundesbesoldungsgesetz und im Besoldungsgesetz der Hansestadt Hamburg ist entfallen.
Bezieht sich der Familienzuschlag, den ein Beamter erhält, darauf, dass der Beamte ein Kind betreut und versorgt, so können zu hohe andere Einkünfte des Kindes den Anspruch gefährden.
"Einkünfte" ist eigentlich nicht der richtige Begriff. Denn auch Unterhaltszahlungen des anderen Elternteils und das Kindergeld zählen dazu. Es ergeben sich sehr komplizierte Berechnungen.
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 03.11.05 - 2 C 16/04
Bei der Berechnung der Eigenmittelgrenze gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 BBesG ist der kinderbezogene Teil des Familienzuschlages mit dem Bruttobetrag einzustellen.
Die Eigenmittelgrenze gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 BBesG ist mit höherrangigem Recht vereinbar.
Bei der Berechnung der Eigenmittelgrenze gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 BBesG ist der kinderbezogene Teil des Familienzuschlages mit dem Bruttobetrag einzustellen.
Die Eigenmittelgrenze gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 BBesG ist mit höherrangigem Recht vereinbar.
Die Klägerin ist Beamtin. Sie wurde 1998 geschieden. Sie zahlt ihrem früheren Ehemann keinen nachehelichen Unterhalt. Bei der Scheidung wurde ihr die elterliche Sorge für die gemeinsame Tochter übertragen. Diese lebte nach der Scheidung bei der Klägerin. Daher erhielt die Klägerin den Familienzuschlag der Stufe 1, den kinderbezogenen Teil des Familienzuschlages (Stufe 2) sowie Kindergeld für die Tochter. Der frühere Ehemann zahlte für die Tochter Unterhalt in Höhe von monatlich 640,00 DM.
Ab 01.02.00 erhöhte der Vater den Unterhalt auf monatlich 749,00 DM. Daraufhin stellte das Landesamt für Besoldung die Zahlung des Familienzuschlages der Stufe 1 in Höhe von monatlich 189,42 DM (brutto) mit der Begründung ein, nunmehr überschritten die für die Tochter zur Verfügung stehenden Eigenmittel die gesetzliche Grenze in Höhe des Sechsfachen des Betrages der Stufe 1. Diese Grenze liege bei monatlich 1.136,52 DM (189,42 DM x 6), während sich die Eigenmittel auf monatlich 1.181,06 DM beliefen (Unterhalt des Vaters von 749,00 DM; Kindergeld von 270,00 DM; kinderbezogener Teil des Familienzuschlages von 162,06 DM brutto).
Die Klägerin beansprucht den Familienzuschlag der Stufe 1 auch für die Monate ab Februar. Die Klage hatte in erster Instanz Erfolg, ist aber in der Berufungsinstanz abgewiesen worden. Das BVerwG hat die Revision zurückgewiesen.
Aus den Gründen:
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf den Familienzuschlag der Stufe 1 für die Zeit ab Februar 2000.
1. Gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 BBesG erhalten Beamte, die nicht unter § 40 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BBesG fallen, den Familienzuschlag der Stufe 1, wenn sie eine andere Person nicht nur vorübergehend in ihre Wohnung aufgenommen haben und ihr Unterhalt gewähren, weil sie gesetzlich oder sittlich dazu verpflichtet sind. Diese Vorschrift umfasst nicht nur Unterhaltsleistungen in Form einer Geldrente, sondern jegliche Gewährung von Unterhalt. Auch ist nicht erforderlich, dass der Beamte für den gesamten Unterhalt der aufgenommenen Person aufkommt. Es reicht aus, dass sich die Leistungen nicht lediglich als unbedeutende Zuschüsse darstellen. Die Aufnahme eines unterhaltsberechtigten Kindes in den eigenen Haushalt stellt die Gewährung von Unterhalt im Sinne von § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 BBesG dar, auch wenn der andere Elternteil dem Kind Barunterhalt leistet.
Diese Voraussetzungen sind für die hier fragliche Zeit gegeben. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts kam die Klägerin durch die Aufnahme der Tochter in ihren Haushalt ihrer Unterhaltsverpflichtung nach.
Der Anspruch auf den Familienzuschlag der Stufe 1 war jedoch gemäß § 40
Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 BBesG entfallen. Nach dieser Vorschrift wird die Leistung
nicht gewährt, wenn für den Unterhalt der aufgenommenen Person Mittel zur
Verfügung stehen, die, bei einem Kind einschließlich des gewährten
Kindergeldes und des kinderbezogenen Teils des Familienzuschlages, das
Sechsfache des Betrages der Stufe 1 übersteigen.
Um festzustellen, ob die Eigenmittelgrenze gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2
BBesG überschritten ist, muss dem sechsfachen Betrag des Familienzuschlages der
Stufe 1, der die Grenze bildet, der Gesamtbetrag der Mittel für die
aufgenommene Person gegenübergestellt werden. Der kinderbezogene Teil des
Familienzuschlages, den der Beamte für ein aufgenommenes Kind erhält, ist mit
dem Bruttobetrag, d.h. ohne Abzug der darauf entfallenden Steuern in die
Berechnung einzustellen. Denn unter dem gesetzlichen Begriff des
Familienzuschlages ist der Bruttobetrag zu verstehen.Für die Auslegung des Begriffs "kinderbezogener Teil des Familienzuschlages" im Rahmen von § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 BBesG ist ohne Bedeutung, dass sich nach dem Nettoeinkommen bestimmt, ob Dienst- oder Versorgungsbezüge die Amtsangemessenheit der Alimentation gewährleisten (BVerfGE 44, 249, 266; 81, 363, 375; 99, 300, 315). Denn die Amtsangemessenheit bemisst sich nach dem Nettobetrag der gesamten Besoldungs- und Versorgungsleistungen, die dem Beamten nach der Besteuerung verbleiben. Daraus kann nicht gefolgert werden, dass die einzelnen Leistungen mit Nettobeträgen anzusetzen sind (Urteil vom 19.02.04, a.a.O.). Dies gilt erst recht, wenn diese Leistungen - wie der Familienzuschlag - gesetzlich als Bruttobeträge ausgewiesen sind.
2. Die Eigenmittelgrenze gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 BBesG verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Dadurch werden unverheiratete Beamte, die ihr Kind in ihre Wohnung aufgenommen haben, gegenüber verheirateten Beamten weder gleichheitswidrig benachteiligt noch in Bezug auf die Arbeitsbedingungen diskriminiert.
...
Dem Familienzuschlag kommt eine soziale, nämlich ehe- und familienbezogene Ausgleichsfunktion zu. Er tritt zu den leistungsbezogenen Besoldungsbestandteilen hinzu, um diejenigen Mehraufwendungen auszugleichen, die typischerweise durch Ehe und Familie entstehen. Dadurch erfüllt der Gesetzgeber die sich aus dem Alimentationsgrundsatz gemäß Art. 33 Abs. 5 GG ergebende Verpflichtung, die dem Beamten obliegenden Unterhaltspflichten gegenüber Ehegatten und Kindern realitätsgerecht zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 81, 363, 378; 99, 300, 316). Zugleich kommt er der durch Art. 6 Abs. 1 GG begründeten Pflicht nach, Ehe und Familie durch geeignete Maßnahmen zu fördern (vgl. BVerfGE 82, 60, 81; 87, 1, 35).
Der kinderbezogene Teil des Familienzuschlages (Stufe 2) gemäß § 40 Abs. 2 BBesG ist dazu bestimmt, den von Kindern verursachten Mehrbedarf des Beamten einschließlich der Mehraufwendungen für Unterkunft und Heizung zu decken (BVerfGE 81, 363, 380; 99, 300, 321; BVerwG, Urteil vom 17.06.04 - BVerwG 2 C 34.02 - BVerwGE 121, 92, 98). Der Familienzuschlag der Stufe 1 soll einen pauschalen Beitrag zur Deckung des Mehrbedarfs leisten, der bei verheirateten Beamten aufgrund des gemeinsamen Hausstandes mit dem Ehegatten anfällt (BVerfGE 49, 260, 273; BVerwG, Urteil vom 15.11.1984, a.a.O., 268).
Dementsprechend knüpft der Familienzuschlag der Stufe 1 gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG an den Familienstand der Ehe an. Folgerichtig wird geschiedenen Beamten der Zuschlag gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 3 BBesG nur gewährt, wenn sie zum nachehelichen Unterhalt verpflichtet sind. Hier tritt die Unterhaltsleistung an die Stelle der Mehraufwendungen aufgrund des gemeinsamen Hausstandes; sie muss mindestens die Höhe des Zuschlages erreichen. Der Zuschlagsgewährung an verwitwete Beamte gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 2 BBesG liegt die Erwägung zugrunde, dass ihnen aufgrund des regelmäßig vorgerückten Alters die Einschränkung der Haushaltsführung, d.h. ein Umzug in eine kleinere Wohnung nicht mehr zugemutet werden soll. Darin liegt keine gleichheitswidrige Bevorzugung (BVerfGE 49, 260, 274).
Gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 BBesG werden unverheiratete Beamte verheirateten gleichgestellt, wenn auch sie einen erweiterten Haushalt führen, um ihre Unterhaltsverpflichtungen zu erfüllen. Durch die Eigenmittelgrenze gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 BBesG wollte der Gesetzgeber sicherstellen, dass unverheirateten Beamten der Zuschlag nur gewährt wird, wenn er erforderlich ist, um die Mehrkosten der erweiterten Haushaltsführung auszugleichen. Dies ist nicht der Fall, wenn aufgrund der Eigenmittel der aufgenommenen Person allenfalls eine geringe wirtschaftliche Belastung verbleibt.
Davon ausgehend führt die Regelung des § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 BBesG nicht dazu, dass unverheiratete Beamte, die einen gemeinsamen Hausstand mit ihren Kindern führen, unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG schlechter gestellt werden als verheiratete Beamte. Auch insoweit beruht die Einführung der Eigenmittelgrenze nur für Beamte, die unter § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 BBesG fallen, auf sachgerechten Erwägungen:
Beiden Gruppen wird als Ausgleich für den von Kindern verursachten Mehrbedarf einschließlich der Kosten der Mehraufwendungen der erweiterten Haushaltsführung bereits der kinderbezogene Teil des Familienzuschlages (Stufen 2 und folgende) gewährt (BVerfGE 81, 363, 378; 99, 300, 316; BVerwG, Urteil vom 17.06.04, a.a.O.). Somit erhalten unverheiratete Beamte mit im Haushalt lebenden Kindern die Familienzuschläge der Stufen 1 und ab der Stufe 2 aus demselben Grund, nämlich wegen der kinderbezogenen Mehrkosten der Haushaltsführung. Demgegenüber wird verheirateten Beamten der Familienzuschlag der Stufe 1 als Ausgleich derjenigen Mehrkosten gewährt, die aufgrund der ehelichen Lebensgemeinschaft anfallen. Würden unverheiratete Beamte diese Leistung auch dann erhalten, wenn sie wegen der Eigenmittel der aufgenommenen Person wirtschaftlich nicht erforderlich ist, so würden sie ohne sachlichen Grund zumindest besser gestellt als allein verdienende verheiratete Beamte mit im Haushalt lebenden Kindern.
Zudem ist die Gewährung des Familienzuschlages der Stufe 1 an verheiratete Beamte ohne Rücksicht auf Eigenmittel des Ehegatten sachlich gerechtfertigt, weil es sich bei dieser Leistung um eine Maßnahme zur Förderung der ehelichen Lebensgemeinschaft handelt. Sie ist Ausdruck des besonderen staatlichen Schutzes, den die Ehe gemäß Art. 6 Abs. 1 GG genießt. Der staatliche Schutzauftrag umfasst auch die Verpflichtung, die Ehe durch geeignete Maßnahmen zu fördern (BVerfGE 82, 60, 81; 87, 1, 35).
Die Einführung der gesetzlichen Eigenmittelgrenze nur für unverheiratete Beamte gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 BBesG verstößt nicht gegen das gemeinschaftsrechtliche Diskriminierungsverbot gemäß Art. 141 Abs. 1 und 2 EGV i.V.m. der Richtlinie 75/117/EWG vom 10.02.1975 (ABI Nr. L045 S. 19).