Dienstunfähigkeit: Sofortvollzug der
personalärztlichen Untersuchung?
Die Anordnung des Dienstherrn an einen Beamten, er solle sich dem Amtsarzt oder dem Personalärztlichen Dienst vorstellen, wird rechtlich nicht (mehr) als Verwaltungsakt eingeordnet.
Einig ist sich die Rechtsprechung im Ergebnis darin, dass ein Widerspruch gegen die entsprechende Anordnung keine aufschiebende Wirkung hat und der Dienstherr deshalb - im Gegensatz zu früher - nicht ausdrücklich die sofortige Vollziehung der Maßnahme anordnen muss.
Im Einzelfall können Sie als betroffener Beamter bisher das Verwaltungsgericht anrufen, um die Maßnahme zumindest vorläufig zu stoppen. Ein Beispiel dafür bildet der nachfolgende Fall. Hier ging die Sache zugunsten des Beamten aus.
Diese rechtliche Möglichkeit dürfte jetzt aber nicht mehr gegeben sein. Bitte besprechen Sie das mit Ihrem Anwalt bzw. Ihrer Anwältin.
Die Situation in dem nachstehenden Fall war so: es hatte zuletzt im Jahr 2004 eine relativ geringfügige Alkoholauffälligkeit gegeben.
Im Januar 2007, nach zwei Jahren tadelloser Dienstausübung, forderte die Behörde den Beamten auf, sich binnen 16 Stunden beim Personalärztlichen Dienst vorzustellen und sich Blut abnehmen zu lassen. Sie ordnete die sofortige Vollziehung an. Wir hatten kaum noch Zeit, beim Verwaltungsgericht einen Antrag einzureichen. Das Gericht meinte dann, es erkenne kein rechtfertigendes öffentliches Interesse an einer derart kurzfristig verfügten Aufforderung, da aktuelle Auffälligkeiten im Zusammenhang mit Alkohol beim Antragsteller nicht behauptet würden. Alkoholauffälligkeiten gab es weiterhin nicht, sondern gute dienstliche Leistungen, die von Vorgesetzten gelobt wurden.
Dennoch ordnete die Behörde im September 2007 erneut eine Blutentnahme beim PÄD an.
Wieder wurde das Verwaltungsgericht eingeschaltet.
Das Gericht entschied ein weiteres Mal für den Beamten. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Verwaltungsgericht Hamburg, Beschluss vom 14.09.07, 8 E 3118/07
Mit seinem Beschluss hat das Verwaltungsgericht dem Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die für sofort vollziehbar erklärte Weisung zur amtsärztlichen Untersuchung wiederherzustellen, stattgegeben.
"Die Erfolgsaussichten des Widerspruchs gegen die Anordnung der Antragsgegnerin sind zumindest offen (a).
Angesichts dessen ist das Interesse des Antragstellers, vom Sofortvollzug dieser Anordnung einstweilen verschont zu bleiben, höher zu bewerten als das Interesse der Antragsgegnerin an der sofortigen Vollziehung (b).
a) Die Anordnung, der Antragsteller möge sich einer personalärztlichen Untersuchung einschließlich Blutentnahme unterziehen, ist nicht offensichtlich rechtmäßig.
Grundsätzlich ist der Antragsteller als Beamter gemäß § 47 Abs. 1 Satz 3 HmbBG verpflichtet, sich vom PÄD untersuchen zu lassen, wenn Zweifel über seine Dienstfähigkeit bestehen.
Die Anordnung einer entsprechenden Untersuchung steht im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn. Derartige Zweifel sind zu bejahen, wenn die Behörde kein klares Bild darüber gewinnen kann, ob Dienstfähigkeit oder Dienstunfähigkeit des Beamten gegeben ist. Sie müssen sich auf konkrete Umstände stützen und dürfen nicht "aus der Luft gegriffen" erscheinen.
Die Antragsgegnerin beruft sich zur Begründung derartiger Zweifel auf Vorfälle im Zusammenhang mit Alkohol aus dem Dezember 2001, dem Oktober 2004 und Erkenntnisse aus der personalärztlichen Untersuchung im Juni 2005 sowie Äußerungen des Antragstellers vom Dezember 2001 und Oktober 2004. In der Zusammenschau mögen diese Anhaltspunkte durchaus darauf hinweisen, dass der Antragsteller - zumindest damals - ein Alkoholproblem hatte. Die Antragsgegnerin hat aber nicht hinreichend dargelegt, dass dies jetzt der Fall ist und sie deshalb ermessensfehlerfrei eine Blutprobenentnahme zum jetzigen Zeitpunkt anordnen kann. Nach den vorgelegten Unterlagen, insbesondere der aktuellen Beurteilung vom Oktober 2006, versieht der Antragsteller seinen Dienst nämlich mindestens seit 2005 zuverlässig, ohne größere Fehlzeiten und insbesondere ohne Anzeichen für einen Alkoholmissbrauch, obwohl gerade darauf nach der Stellungnahme seiner Vorgesetzten besonders geachtet wurde. Auch der personalärztliche Dienst hält ihn laut Stellungnahme vom März 2007 offensichtlich für dienstfähig. Irgendwelche Vorfälle aus der jüngeren Vergangenheit hat die Antragsgegnerin nicht vorgetragen. Ob die Antragsgegnerin angesichts dieser "Bewährung" des Antragstellers von aktuellen Zweifeln an seiner Dienstfähigkeit ausgehen durfte, erscheint der Kammer zumindest zweifelhaft.
Dies wäre in einem Hauptsacheverfahren näher aufzuklären, kann aber im Rahmen des hier anhängigen Eilverfahrens nicht entschieden werden.
b) Angesichts dessen ist dem Suspensivinteresse des Antragstellers entsprechend der in § 80 Abs.1 Satz 1 VwGO enthaltenen grundsätzlichen Entscheidung des Gesetzgebers der Vorzug zugeben. Dies gilt erst recht, weil ihm ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit droht. Demgegenüber ist das Vorbringen der Antragsgegnerin schon deshalb nicht geeignet, das öffentliche Interesse am Sofortvollzug gewichtiger erscheinen zu lassen, weil sie keinerlei Anhaltspunkte dafür benannt hat, dass ein begründeter Verdacht für einen derzeitigen erhöhten Alkoholkonsum besteht und dass eine Blutprobe, um diesen nachzuweisen, deshalb jetzt keinen Aufschub duldet. Angesichts der beanstandungsfreien Führung des Antragstellers ist nicht erkennbar, warum die Frage, ob er sich einer erneuten Blutabnahme unterziehen muss, nicht in einem Hauptsacheverfahren geklärt werden kann. Sollte der Antragsgegner chronisch alkoholkrank sein, wäre dies auch durch eine nach Abschluss eines Widerspruchsverfahrens durchzuführende Untersuchung festzustellen, die kurzfristig angeordnet werden kann."
Mit seinem Beschluss hat das Verwaltungsgericht dem Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die für sofort vollziehbar erklärte Weisung zur amtsärztlichen Untersuchung wiederherzustellen, stattgegeben.
"Die Erfolgsaussichten des Widerspruchs gegen die Anordnung der Antragsgegnerin sind zumindest offen (a).
Angesichts dessen ist das Interesse des Antragstellers, vom Sofortvollzug dieser Anordnung einstweilen verschont zu bleiben, höher zu bewerten als das Interesse der Antragsgegnerin an der sofortigen Vollziehung (b).
a) Die Anordnung, der Antragsteller möge sich einer personalärztlichen Untersuchung einschließlich Blutentnahme unterziehen, ist nicht offensichtlich rechtmäßig.
Grundsätzlich ist der Antragsteller als Beamter gemäß § 47 Abs. 1 Satz 3 HmbBG verpflichtet, sich vom PÄD untersuchen zu lassen, wenn Zweifel über seine Dienstfähigkeit bestehen.
Die Anordnung einer entsprechenden Untersuchung steht im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn. Derartige Zweifel sind zu bejahen, wenn die Behörde kein klares Bild darüber gewinnen kann, ob Dienstfähigkeit oder Dienstunfähigkeit des Beamten gegeben ist. Sie müssen sich auf konkrete Umstände stützen und dürfen nicht "aus der Luft gegriffen" erscheinen.
Die Antragsgegnerin beruft sich zur Begründung derartiger Zweifel auf Vorfälle im Zusammenhang mit Alkohol aus dem Dezember 2001, dem Oktober 2004 und Erkenntnisse aus der personalärztlichen Untersuchung im Juni 2005 sowie Äußerungen des Antragstellers vom Dezember 2001 und Oktober 2004. In der Zusammenschau mögen diese Anhaltspunkte durchaus darauf hinweisen, dass der Antragsteller - zumindest damals - ein Alkoholproblem hatte. Die Antragsgegnerin hat aber nicht hinreichend dargelegt, dass dies jetzt der Fall ist und sie deshalb ermessensfehlerfrei eine Blutprobenentnahme zum jetzigen Zeitpunkt anordnen kann. Nach den vorgelegten Unterlagen, insbesondere der aktuellen Beurteilung vom Oktober 2006, versieht der Antragsteller seinen Dienst nämlich mindestens seit 2005 zuverlässig, ohne größere Fehlzeiten und insbesondere ohne Anzeichen für einen Alkoholmissbrauch, obwohl gerade darauf nach der Stellungnahme seiner Vorgesetzten besonders geachtet wurde. Auch der personalärztliche Dienst hält ihn laut Stellungnahme vom März 2007 offensichtlich für dienstfähig. Irgendwelche Vorfälle aus der jüngeren Vergangenheit hat die Antragsgegnerin nicht vorgetragen. Ob die Antragsgegnerin angesichts dieser "Bewährung" des Antragstellers von aktuellen Zweifeln an seiner Dienstfähigkeit ausgehen durfte, erscheint der Kammer zumindest zweifelhaft.
Dies wäre in einem Hauptsacheverfahren näher aufzuklären, kann aber im Rahmen des hier anhängigen Eilverfahrens nicht entschieden werden.
b) Angesichts dessen ist dem Suspensivinteresse des Antragstellers entsprechend der in § 80 Abs.1 Satz 1 VwGO enthaltenen grundsätzlichen Entscheidung des Gesetzgebers der Vorzug zugeben. Dies gilt erst recht, weil ihm ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit droht. Demgegenüber ist das Vorbringen der Antragsgegnerin schon deshalb nicht geeignet, das öffentliche Interesse am Sofortvollzug gewichtiger erscheinen zu lassen, weil sie keinerlei Anhaltspunkte dafür benannt hat, dass ein begründeter Verdacht für einen derzeitigen erhöhten Alkoholkonsum besteht und dass eine Blutprobe, um diesen nachzuweisen, deshalb jetzt keinen Aufschub duldet. Angesichts der beanstandungsfreien Führung des Antragstellers ist nicht erkennbar, warum die Frage, ob er sich einer erneuten Blutabnahme unterziehen muss, nicht in einem Hauptsacheverfahren geklärt werden kann. Sollte der Antragsgegner chronisch alkoholkrank sein, wäre dies auch durch eine nach Abschluss eines Widerspruchsverfahrens durchzuführende Untersuchung festzustellen, die kurzfristig angeordnet werden kann."
Es ist darauf hinzuweisen, dass sich das Beamtengesetz der Hansestadt
Hamburg nach der Entscheidung geändert hat.
Jetzt wäre § 41 Absatz 1 Landesbeamtengesetz Hamburg heran zu ziehen.
Ferner sieht die Rechtsprechung die Anordnung jetzt eindeutlig nicht mehr als Verwaltungsakt an, so dass Antrag und Entscheidung heute anders gefasst werden müssten.
Aber, und das ist vielleicht in diesem Zusammenhang der bedeutsamste Aspekt, es ist auch noch zu erwähnen, dass das Bundesverwaltungsgericht seine Rechtsprechung zur Zulässigkeit der Anrufung des Verwaltungsgerichts in dieser Situation zu Ungunsten der Beamten geändert hat.
Jetzt wäre § 41 Absatz 1 Landesbeamtengesetz Hamburg heran zu ziehen.
Ferner sieht die Rechtsprechung die Anordnung jetzt eindeutlig nicht mehr als Verwaltungsakt an, so dass Antrag und Entscheidung heute anders gefasst werden müssten.
Aber, und das ist vielleicht in diesem Zusammenhang der bedeutsamste Aspekt, es ist auch noch zu erwähnen, dass das Bundesverwaltungsgericht seine Rechtsprechung zur Zulässigkeit der Anrufung des Verwaltungsgerichts in dieser Situation zu Ungunsten der Beamten geändert hat.
Bitte bedenken Sie bei allem: sollten Sie ein aktuelles Alkoholproblem haben und im Dienst auffällig werden, so werden Sie eine amtsärztliche Untersuchung wahrscheinlich erdulden müssen..