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Mobbing: Schwierigkeiten der Bearbeitung von Mobbing durch das Strafrecht

Oberlandesgericht Celle, Beschluss vom 17.03.08, 1 WS 105 / 08

Darlegung einer Körperverletzung durch "Mobbing" im Klageerzwingungsantrag

Ein Klageerzwingungsantrag wegen vorsätzlicher Körperverletzung durch "Mobbing" genügt nicht den Anforderungen des § 172 III 1 StPO, wenn er lediglich angibt, dass der Verletzte über längere Zeit von den Beschuldigten "systematisch angefeindet, schikaniert und diskriminiert" worden sei.
Vielmehr müssen die das "Mobbing" ausmachenden fortgesetzten, aufeinander aufbauenden und ineinander übergreifenden, der Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung dienenden Verhaltensweisen im Einzelnen konkret dargelegt werden.

Ein Beamter warf drei Kollegen vor, sie hätten zu seinem Nachteil durch "Mobbing" gemeinschaftlich eine Körperverletzung im Amt  begangen, indem sie ihn im Rahmen des gemeinsamen Dienstes in einem Polizeikommissariat spätestens seit Januar 2005 systematisch angefeindet, schikaniert und diskriminiert und dadurch bei ihm eine psychische Erkrankung bis hin zur Dienstunfähigkeit verursacht hätten.
Ein 4. Beschuldigter habe sich nach § 357 StGB strafbar gemacht, indem er als Vorgesetzter der drei anderen deren Verhalten wissentlich geduldet habe.
Die Staatsanwaltschaft hat das Verfahren gemäß § 170 II StPO eingestellt. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Beamten hat der Generalstaatsanwalt als unbegründet zurückgewiesen.

Der hiergegen gerichtete Antrag auf gerichtliche Entscheidung wurde als unzulässig verworfen.

Aus den Gründen:

Nach § 172 III 1 StPO muss der Antrag die Tatsachen, welche die Erhebung der öffentlichen Klage begründen sollen, und die Beweismittel angeben. Erforderlich ist dazu eine aus sich selbst heraus verständliche, in sich geschlossene Darstellung des Sachverhalts und der Beweismittel. Diese muss so umfassend und vollständig sein, dass sie es dem OLG ermöglicht, allein auf Grund ihres Inhalts ohne Bezugnahmen und Verweisungen auf Anlagen, auf die Ermittlungsakten oder Beiakten eine Schlüssigkeitsprüfung dahin vorzunehmen, ob nach dem Vorbringen des Anzeigenden ein für die Erhebung der öffentlichen Klage hinreichender Tatverdacht in Betracht kommt. Das ist hier nicht der Fall.

Der Antragsteller wirft den Beschuldigten eine Körperverletzung im Amt durch "Mobbing"  vor.
Der Tatbestand der Körperverletzung setzt eine körperliche Misshandlung oder eine Gesundheitsschädigung voraus. Für beide Alternativen sind körperliche Beeinträchtigungen - entweder durch die Tathandlung selbst oder als Erfolg der Tathandlung - erforderlich. Eine Einwirkung, die lediglich das seelische Wohlbefinden berührt, fällt grundsätzlich nicht darunter. Anders liegt es jedoch, wenn durch die psychischen Belastungen auch körperliche Beeinträchtigungen hervorgerufen werden. Es ist anerkannt, dass dies etwa durch dauernde Belastungen wie Lärm oder "Telefonterror" erfolgen kann. Auch das Aufbauen einer psychisch zermürbenden Atmosphäre der Feindseligkeit ("Mobbing") kann unter diesem Gesichtspunkt als Tathandlung in Betracht kommen. Allerdings ist "Mobbing" keine eigenständige tatbestandsmäßige Handlung, sondern eine aus dem angloamerikanischen Rechtsraum stammende Umschreibung für "fortgesetzte, aufeinander aufbauende und ineinander übergreifende, der Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung dienende Verhaltensweisen, die nach ihrer Art und ihrem Ablauf im Regelfall einer übergeordneten, von der Rechtsordnung nicht gedeckten Zielsetzung förderlich sind und in ihrer Gesamtheit das allgemeine Persönlichkeitsrecht, die Ehre oder die Gesundheit des Betr. verletzen" (vgl. BGH, NJW 2002, 3172; OLG Stuttgart, NVwZ-RR 2003, 715; LAG Bremen, NZA-RR 2003, 234).
Dementsprechend müssen, um "Mobbing" feststellen zu können, die einzelnen Verhaltensweisen nach Zeit, Ort, beteiligten Personen und sonstigen Umständen konkret dargelegt und unter Beweis gestellt werden
(vgl. LAG Berlin, NZA-RR 2003, 232). Denn nur so kann die erforderliche Abgrenzung zu den im Dienstbetrieb im Allgemeinen üblichen oder rechtlich erlaubten und deshalb hinzunehmenden Verhaltensweisen getroffen werden.

An dieser konkreten Darlegung fehlt es hier. Der Antrag gibt lediglich an, dass der Anzeigende von den Beschuldigten systematisch angefeindet, schikaniert und diskriminiert worden sei. Dies habe sich unter anderem dadurch ausgedrückt, dass sie es abgelehnt hätten, mit ihm gemeinsame polizeiliche Einsätze durchzuführen. Sie hätten ihn außerdem verhöhnt und so getan, als sei der Anzeigeerstatter überhaupt nicht im Raum. Dies sei über nahezu acht Monate so gegangen.
Diese Angaben versetzen den Senat nicht in die Lage, die hier gebotene Schlüssigkeitsprüfung vorzunehmen. Denn einzelne, voneinander abgrenzbare Lebenssachverhalte, die jeweils für sich in einer öffentlichen Klage umschrieben und im Rahmen einer Beweisaufnahme aufgeklärt werden könnten, sind nicht geschildert worden. Der einzige etwas konkreter beschriebene Vorgang betrifft die dienstliche Beurteilung vom 22.10.05. Dieser singuläre Vorfall würde aber selbst dann, wenn festgestellt werden könnte, dass die Beurteilung unsachlich ist und der Schikane oder Diskriminierung diente, für sich nicht ausreichen, um systematische und fortgesetzte Verhaltensweisen darzulegen.


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