Die Juristen versuchen im Hinblick auf die Person des
Unterhaltsbedürftigen immer zunächst zwei Größen zu bestimmen, nämlich den
Bedarf (was braucht man zum Leben) und die Bedürftigkeit (in welchem Umfang
kann der Bedarf nicht aus eigenen Mitteln gedeckt werden).
Diese
beiden Schritte begegnen Ihnen in allen Bereichen des Unterhaltsrechts.
Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 21.11.12 und vom 07.10.15
sehen können, die in ihren Leitsätzen etwas über den Bedarf einer
älteren Person sagt.
Zuerst ist nach unterhaltsrechtlichen
Grundsätzen zu ermitteln: wie hoch ist der Bedarf der Eltern / des Elternteils?
Beim Verwandtenunterhalt richtet sich dieser Bedarf nach der Lebensstellung des Bedürftigen.
Maßgeblich sind also nicht die Einkommensverhältnisse des
Unterhaltspflichtigen, also der Kinder, sondern maßgebend ist die Lebensstellung der Eltern.
Welchen Bedarf kann ein Elternteil nun geltend machen, was ist der
angemessene Unterhalt?
Hier setzt man allgemein sehr niedrige, am
sozialhilferechtlichen Existenzminimum ausgerichtete Bedarfssätze an. Das
ist nicht üppig, entlastet aber die unterhaltsverpflichteten Kinder bzw.
stellt sie von Unterhaltsansprüchen der alten Eltern oft ganz frei.
Kritisch wird es im Problemfeld Elternunterhalt, wenn eine Heimunterbringung
zu bezahlen ist oder Pflegekosten anfallen: dann ergibt sich der Bedarf in
Höhe der Kosten der Heimunterbringung - sofern die Heimunterbringung (in der konkreten Form angemessen und) notwendig ist
- und einem Barbetrag für weitere Bedürfnisse (vgl. BGH NJW 2013, 301).
Selbst bei unstreitig
notwendiger Unterbringung in einem Pflegeheim können sich noch weitere Fragen stellen.
So kann die Eingruppierung in eine zu hohe Pflegestufe zu höheren
Belastungen der Unterhaltsverpflichteten führen, weil das höhere Pflegegeld
nicht die Mehrkosten der Heimunterbringung abdeckt. Das kann Sie dazu
zwingen, im Unterhaltsprozess um die Berechtigung der Eingruppierung in eine
Pflegestufe zu streiten. Schon daraus wird deutlich, dass Streitigkeiten dieser
Art auch emotional sehr belastend sind.
Unterhalt kann verlangen, wer bedürftig ist, für seinen Bedarf nicht selbst
sorgen kann.
Mit dieser Formel umschreiben wir die Regelung in § 1602 BGB und damit den oben
erwähnten, zweiten gedanklichen Schritt:
§ 1602 BGB: Bedürftigkeit
(1) Unterhaltsberechtigt ist nur, wer außerstande ist, sich selbst zu
unterhalten.
...
Der
Bedarf ist grundsätzlich mit eigenen Mitteln zu decken, also aus
eigenem Einkommen und Vermögen (in diesem Fall: dem der Eltern).
Eigenes Einkommen der Eltern (auch Leistungen der Pflegeversicherung,
Grundsicherung im Alter, Pflegewohngeld) mindert oder deckt den Bedarf.
Bedürftigkeit ist gegeben,
so weit der Bedarf nicht durch eigene Einkünfte der Eltern gedeckt ist.
Es geht aber nicht nur um Einkünfte, sondern auch um Vermögen der Eltern.
Umstritten kann sein, ob den Eltern ein
Schonvermögen oder Verzehrvermögen
zu verbleiben hat oder ob sogar ihre Rücklagen für Beerdigungskosten
anzugreifen und für die laufende Lebensführung einzusetzen sind. Wir gehen davon aus, dass mindestens ein Schonvermögen in
Höhe von EUR 2.600,00 anrechnungsfrei ist.
Wichtiger ist vielleicht das Schonvermögen in Form eines angemessenen
Hausgrundstücks oder einer selbst bewohnten Eigentumswohnung.
Ganz unerfreulicher Streitpunkt sind die Rücklagen für Beerdigung und
Grabpflege. Hier muss unter Umständen die Zweckbindung konkret nachgewiesen
werden, etwa durch einen Vertrag, der mit einem Bestattungsinstitut
geschlossen wird.
Unterhalt müssen nur Kinder zahlen, die finanziell dazu in der Lage sind.
Juristischer formuliert (bitte folgen Sie dem Link):
Unterhalt muss nur leisten, wer leistungsfähig ist.