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Disziplinarrecht in Hamburg und Strafverfahren

Ergeht in einem Strafverfahren oder in einem Bußgeldverfahren ein rechtskräftiges Urteil gegen den Beamten, so sind die darin enthaltenen Feststellungen für das Disziplinarverfahren bindend (§ 15 HmbDG).

Zwar sind Abweichungen und Durchbrechungen möglich, aber die Verteidigung im Strafverfahren sollte bereits die Auswirkungen auf das Disziplinarverfahren berücksichtigen.

Zu Einzelheiten: Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts - 1 D 68.98 - vom 24.11.1999 - ergangen allerdings noch zu der BDO, dem früher geltenden Gesetz.


Die in anderen gesetzlich geordneten Verfahren getroffenen Feststellungen sind nicht unbedingt bindend, können der Entscheidung im Disziplinarverfahren aber zugrunde gelegt werden. Es ist eine Ermessensentscheidung erforderlich.
Die disziplinarrechtliche Praxis in Hamburg ist bisweilen dadurch gekennzeichnet, dass insbesondere im Disziplinarrecht unerfahrene Ermittlungsführer ihre "Erkenntnisse" sozusagen hemmungslos aus anderen Akten zusammenschreiben. Sie sollten daran erinnert werden, dass nur gerichtliche Entscheidungen Bindungswirkung entfalten können.

Bezüglich der Auswertung von Akten sei an eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts erinnert:

Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 04.09.08 - BVerwG 2 B 61.07 -

Der im gerichtlichen Disziplinarverfahren geltende Grundsatz der unmittelbaren Beweiserhebung durch das Verwaltungsgericht verbietet es, eine bestrittene, beweisbedürftige Tatsache statt im Wege des Zeugenbeweises durch Verlesen von Vernehmungsprotokollen des behördlichen Disziplinarverfahrens oder anderer gesetzlich geordneter Verfahren festzustellen.
Das Verwaltungsgericht darf die in einem anderen gesetzlich geordneten Verfahren getroffenen tatsächlichen Feststellungen nach § 57 Abs. 2 BDG seiner Entscheidung nur dann ohne erneute Prüfung zugrunde legen, wenn sie nicht bestritten werden.


Aber hier noch das hamburgische Gesetz:

§ 15 HmbDG: Bindung an tatsächliche Feststellungen in anderen Verfahren

(1) Die den Urteilsspruch tragenden tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren oder im Bußgeldverfahren oder eines rechtskräftigen Urteils im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, durch das nach § 11 HmbBesG über den Verlust der Besoldung bei schuldhaftem Fernbleiben vom Dienst entschieden worden ist, sind im Disziplinarverfahren, das dieselben Tatsachen zum Gegenstand hat, bindend. Die für Disziplinarsachen zuständigen Gerichte haben jedoch zugunsten der Beamtin oder des Beamten die nochmalige Prüfung solcher Feststellungen zu beschließen, deren Richtigkeit ihre Mitglieder mit Stimmenmehrheit bezweifeln; weicht das Ergebnis ab, darf es nicht zum Nachteil der Beamtin oder des Beamten verwendet werden.

(2) Die in einem anderen gesetzlich geordneten Verfahren getroffenen tatsächlichen Feststellungen sind nicht bindend, können aber der Entscheidung im Disziplinarverfahren ohne nochmalige Prüfung zugrunde gelegt werden.


Dem Gesetzestext können Sie entnehmen, dass es auch andere bindende Urteile geben kann, wobei insbesondere die Urteile über den Verlust der Besoldung bei Fernbleiben vom Dienst für die Praxis relevant sind.
In diesem Bereich hat das Bundesverwaltungsgericht sogar eine Bindungswirkung von Verwaltungsakten in Betracht gezogen:
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 21.04.16 - BVerwG 2 C 13.15 -

Leitsatz:

Bestandskräftige Bescheide über den Verlust der Besoldung bei schuldhaftem Fernbleiben vom Dienst entfalten die nach § 14 Abs. 1 Satz 1 LDG BW vorgesehene Bindungswirkung im sachgleichen Disziplinarverfahren nur dann, wenn der Beamte hierüber bereits im Verwaltungsverfahren über den Verlust der Besoldung - spätestens im Verlustfeststellungsbescheid selbst - belehrt worden ist.

Prüfen Sie also ggf. Ihr Landesdiszplinargesetz (und den entsprechenden Bescheid über den Verlust der Besoldung).
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