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Disziplinarrecht in Hamburg: § 23 HmbDG

Unterrichtung und Belehrung des Beamten nach Einleitung des Verfahrens

und erste Äußerung des Beamten

§ 23 HmbDG

(5) Die Beamtin oder der Beamte ist über die Einleitung des Disziplinarverfahrens unverzüglich zu unterrichten, sobald dies ohne Gefährdung der Aufklärung des Sachverhalts möglich ist. Hierbei ist ihr oder ihm zu eröffnen, welches Dienstvergehen ihr oder ihm zur Last gelegt wird. Sie oder er ist gleichzeitig darauf hinzuweisen, dass es ihr oder ihm freisteht, sich mündlich oder schriftlich zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und sich jederzeit einer oder eines Bevollmächtigten oder eines Beistands zu bedienen.

(6) Für die Abgabe einer schriftlichen Äußerung wird der Beamtin oder dem Beamten eine Frist von einem Monat und für die Abgabe der Erklärung, sich mündlich äußern zu wollen, eine Frist von zwei Wochen gesetzt. Hat die Beamtin oder der Beamte rechtzeitig erklärt, sich mündlich äußern zu wollen, ist die Anhörung innerhalb von drei Wochen nach Eingang der Erklärung durchzuführen. Ist die Beamtin oder der Beamte aus zwingenden Gründen gehindert, eine Frist nach Satz 1 einzuhalten oder einer Ladung zur mündlichen Verhandlung Folge zu leisten, und hat sie oder er dies unverzüglich mitgeteilt, ist die maßgebliche Frist zu verlängern oder sie oder er erneut zu laden. Die Fristsetzungen und Ladungen sind der Beamtin oder dem Beamten zuzustellen.

(7) Ist die nach Absatz 5 Sätze 2 und 3 vorgeschriebene Belehrung unterblieben oder unrichtig erfolgt, darf die Aussage der Beamtin oder des Beamten nicht zu ihrem oder seinem Nachteil verwertet werden.

Der Beamte erhält also zunächst eine schriftliche Einleitungsverfügung.
Diese wird verbunden mit einer Fristsetzung nach § 23 Absatz 6 HmbDG (s. oben).

Der Beamte braucht sich nicht zu äußern.

Möchte er aber seinen Standpunkt vortragen, so kann er entweder
- innerhalb von zwei Wochen eine persönliche Anhörung beantragen oder
- sich innerhalb eines Monats schriftlich äußern.

Die Frist hört sich komfortabel an, kann sich aber in der Praxis als eng erweisen.

Denn man sollte niemals eine Stellungnahme abgeben, ohne Akteneinsicht genommen zu haben.

Es wäre also fair, die gesetzliche Frist von vornherein ab Rückgabe der Akte (nach Einsichtnahme) durch den Verteidiger zu berechnen. Denn der Verteidiger muss die Akte auswerten, seinen Mandanten informieren, über das weitere Vorgehen mit ihm entscheiden, ggf. eine schriftliche Stellungnahme erarbeiten und diese noch einmal mit dem Mandanten abstimmen.
Bei allem geht es um ein Recht mit Verfassungsrang, um das rechtliche Gehör nach Art. 103 GG.

Man sollte mit dieser Frist allerdings entspannt umgehen: Es handelt sich nicht um eine Ausschlussfrist. Vielmehr ist grundsätzlich auch all das noch zu berücksichtigen, was von dem Beamten (m/w/d) oder seinem Bevollmächtigten (m/w/d) später im Laufe der Ermittlungen vorgetragen wird.

Eine für Disziplinarrechtler interessante Frage ist die, ob ein von Verwaltungsermittlungen oder einem Disziplinarverfahren betroffener Beamter in eigener Sache der Wahrheitspflicht unterliegt, wenn er sich mündlich oder schriftlich äußert.
Stellt es ein (neues) Dienstvergehen dar, wenn ein Beamter in seiner Disziplinarsache Schutzbehauptungen vorträgt, sich also wahrheitswidrig einlässt?
Hierzu äußert sich sehr umfassend und in der Sache überzeugend ein Aufsatz von Dr. Hellmuth Müller mit dem Titel "Unterliegt der Beamte als Betroffener im Disziplinarverfahren der Wahrheitspflicht?" in ZBR 2012, 331 ff.
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