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Amtsangemessene Beschäftigung des Beamten

Der Beamte hat einen Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung.

Hierzu eine Entscheidung des VG Bremen vom 18.05.09 aus einem Verfahren, an dem wir nicht beteiligt waren.
Die Entscheidung lässt recht gut erkennen, wie man vorgehen kann, wenn man den Anspruch wirklich geltend machen will (Antrag, Widerspruch, Klage).
Man sieht aber auch, dass bis zu einer gerichtlichen Entscheidung drei Jahre vergehen können.

Und ab 2011 ist zur Kenntnis zu nehmen, dass die Gerichte den ⁄ Spielraum der Postnachfolgeunternehmen erweitert haben. Außerdem gab es im Jahr 2013 wichtige gesetzliche Änderungen.
Wir werden deshalb in solchen Fällen nicht mehr tätig.

In der nachfolgenden Entscheidung geht das Gericht den im "alten" Beamtenrecht üblichen Weg: der Beamte muss ein "Amt" haben. Umumstritten ist aber seit einiger Zeit, dass es bei den Postnachfolgeunternehmen genügt, dass dem Beamten eine amtsangemessene Tätigkeit zugewiesen wird. Wir halten diese Entscheidung für veraltet und stellen sie nur noch für diejenigen dar, die ihr Glück doch noch einmal auf diesem steinigen Weg versuchen wollen.


VG Bremen, Urteil vom 18.05.09 - 6 K 1409/07 -

Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger ein amtsangemessenes Funktionsamt (im abstrakt-funktionellen und konkret-funktionellen Sinn) zu übertragen.

Der Kläger hat das Statusamt eines Technischen Fernmeldeamtmanns (A 11) inne und ist der Deutschen Telekom AG zugewiesen.
Unter dem 25.08.03 wurde der Kläger zur damaligen Personalserviceagentur Nord (nunmehr: Vivento) mit dienstlichem Wohnsitz in Bremen „versetzt“.
Vom 05.07.04 an wurde der Kläger mit seiner Zustimmung zunächst an die Bundesagentur für Arbeit abgeordnet. Mit Wirkung vom 15.01.06 hob die Deutsche Telekom AG diese Abordnung wieder auf.
Seitdem wurde die dienstliche Verwendung des Klägers durch mehrere Verfügungen jeweils befristet für kurze Zeiträume geregelt bzw. geändert. Der Kläger war teilweise unbeschäftigt, teilweise wurde er als „Projektmanager“ – jeweils für wenige Monate - bestimmten Bereichen der Vivento zugeordnet.

Am 21.02.06 beantragte der Kläger, ihm unter Rückführung von der Vivento zur Deutsche Telekom AG einen amtsangemessenen Dauerarbeitsplatz zuzuweisen.
Mit Bescheid vom 08.06.07 lehnte die Deutsche Telekom AG diesen Antrag ab. Eine Aufhebung der Versetzung des Klägers zur Vivento komme nicht in Betracht. Der frühere Arbeitsplatz des Klägers bei der Geschäftskunden-Niederlassung Nord sei weggefallen. Außerdem seien weitere ca. 4000 „beamtete Transfermitarbeiter“ in der Vivento, die gleichermaßen wie der Kläger eine Aufhebung der Versetzung fordern könnten. Diesen Begehren nachzukommen, sei für die Deutsche Telekom AG wirtschaftlich und praktisch nicht möglich, weil keine freien Arbeitsplätze mehr vorhanden seien.
Den dagegen erhobenen Widerspruch wies der Vorstand der Deutschen Telekom AG als unbegründet zurück.
Im Widerspruchsbescheid vom 25.07.07 heißt es u.a.:
Leider sei derzeit weder bei der Vivento noch beim Mutterkonzern ein geeigneter freier Arbeitsposten verfügbar. Es sei daher aus Rechtsgründen unmöglich, dem Kläger einen amtsgemäßen Aufgabenbereich zu übertragen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der Telekom-Konzern durch die harte Wettbewerbssituation im Telekommunikationsmarkt in den nächsten Jahren vor der Notwendigkeit massiver Personaleinsparungen stehe.
Mit der Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Zwar hätten auch Beamte bei den Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost generell einen Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung und Übertragung eines entsprechenden funktionellen Amtes. Die Beklagte sei auch nach wie vor bemüht, allen Beamten einen amtsgemäßen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Dies erweise sich auf dem Hintergrund des außerordentlich hohen Rationalisierungsdrucks je nach Einzelfall als unterschiedlich schwierig. Vom Gesetzgeber sei die rasante Entwicklung auf dem Telekommunikationsmarkt nicht vorausgesehen worden, die dazu führe, dass auch das Instrument des vorübergehend unterwertigen Einsatzes (§ 6 PostPersRG) für viele Beamte keine Beschäftigungsmöglichkeit habe sichern können. Von einer willkürlichen Nichtbeschäftigung des Klägers könne daher keine Rede sein. Der Kläger werde durchaus eingesetzt und könne auch in Zukunft damit rechnen.


Die Klage hat Erfolg. Der Kläger hat Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung.
Beamte, die Inhaber eines statusrechtlichen Amtes sind, können vom Dienstherrn nach Art. 33 Abs. 5 GG verlangen, dass ihnen Funktionsämter, nämlich ein abstrakt-funktionelles Amt sowie ein konkret-funktionelles Amt (ein entsprechender Dienstposten) übertragen werden, deren Wertigkeit ihrem Statusamt entspricht.
Den Anspruch auf amtsgemäße Beschäftigung hat das Bundesverwaltungsgericht in zwei Urteilen (vom 18.09.08 – 2 C 126.07 -, NVwZ 2009, 187 und vom 22.06.06 – 2 C 26.05 -, NVwZ 2007, 101), die Beamte bei der Vivento der Deutschen Telekom AG betreffen, wie folgt konkretisiert:

Art. 33 Abs. 5 GG gilt auch für Beamte, die einem Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost zur Dienstleistung zugewiesen sind. Gemäß Art. 143b Abs. 3 Satz 1 und 2 GG müssen diese Unternehmen bei Ausübung der Dienstherrenbefugnisse die Rechtsstellung der Beamten, d.h. die sich aus ihrem Status ergebenden Rechte, wahren. Es verstößt gegen Art. 33 Abs. 5 GG, diesen Beamten ihre Funktionsämter zu entziehen, ohne ihnen eine andere, ihrem Status entsprechende Ämterstellung zu übertragen. Daher dürfen Beamte keiner Behörde zugewiesen werden, deren Zweck sich darin erschöpft, sie auf unbestimmte Zeit für Qualifizierungsmaßnahmen und vorübergehende Einsätze heranzuziehen. Vorübergehende Tätigkeiten der Beamten bei anderen Behörden stellen keine amtsangemessenen Beschäftigungen dar, weil ihnen dort kein Amt im abstrakt-funktionellen Sinn übertragen wird. Sie werden nicht dauerhaft in diese Behörden eingegliedert, sondern fallen nach Ende ihrer Tätigkeit in den Zustand des Wartens und Bereithaltens bei ihrer Stammbehörde zurück. Auch das PostPersRG enthält keine Vorschriften, die es gestatten, Beamte, deren Tätigkeitsbereich durch Rationalisierungs- oder Umstrukturierungsmaßnahmen weggefallen ist, auf unbestimmte Zeit nicht mehr amtsangemessen zu beschäftigen.
Art. 33 Abs. 5 GG verpflichtet die Deutsche Telekom AG, den Anspruch der Vivento zugewiesenen Beamten auf amtsangemessene Beschäftigung zeitnah zu erfüllen. Diese Beamten dürfen weder auf den Verwaltungsrechtsweg verwiesen werden noch darf zugewartet werden, bis der Anspruch rechtskräftig festgestellt ist. Vielmehr muss die Deutsche Telekom AG die Beamten von der Vivento wegversetzen und zu einer Organisationseinheit hinversetzen, bei der sie beschäftigt werden sollen.

Hiervon ausgehend ist der Verpflichtungsantrag des Klägers begründet. Der Kläger hat als technischer Fernmeldeamtmann ein statusrechtliches Amt inne, er ist ohne Funktionsamt auf unbestimmte Zeit der Vivento zugewiesen und er hat bei seinem Dienstherrn beantragt, ihm ein Funktionsamt zu übertragen. Da er bereits unter diesen Voraussetzungen einen Anspruch auf Übertragung eines amtsgemäßen Funktionsamtes hat, kommt es nicht darauf an, ob die Deutsche Telekom AG dem Kläger – wie sie meint – nicht willkürlich, sondern aus Gründen eines hohen Rationalisierungsdrucks das Funktionsamt vorenthält.
Ein Anhaltspunkt dafür, dass es dem Dienstherrn rechtlich oder tatsächlich unmöglich sein könnte, den Anspruch des Klägers zu erfüllen, besteht nicht. Für das Vorliegen unüberwindliche Leistungshindernisse, die der Dienstherr nicht zu vertreten hätte (vgl. § 275 BGB), hat auch die Beklagte Konkretes nicht vorgetragen.
Beamtenrecht / Übersicht Beamtengesetze
Amtsangemessene Tätigkeit

Status und Amt Einleitung statusrechtliches Amt Stellenbündelung Ausnahme § 26 BeaStatG Höherwertiges Amt zulässig? Dienstpostenbewertung
Rechtsprechung Funktionsamt bei Telekom? Berlin 2008: Stellenpoolurteil BVerwG 2006: Vivento BVerwG 2008: Vivento BVerwG 2011: Post Vivento: OVG Hamburg OVG Koblenz: Bahnbeamte Lehrer fachfremd eingesetzt






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Bitte beachten Sie, dass die Telekom jetzt zunehmend so verfährt, dass sie den Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung durch Zuweisung zu Tochter- und Enkelunternehmen erfüllt.



Das Instrument der Zuweisung hat diese Entscheidung noch nicht berücksichtigen können.