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Handelt es sich bei der angefochtenen Maßnahme um eine Zuweisung?


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Das VG Lüneburg hat sich in einer Entscheidung damit auseinander gesetzt, dass die Telekom ihren "Marschbefehl" gar nicht als Zuweisung bezeichnet hatte, sondern als innerdienstliche Anweisung, an einer Fortbildung teilzunehmen. Sie behauptete, es handle sich nicht um einen Verwaltungsakt (Zuweisung) und der Widerspruch des Beamten gegen ihre Anweisung habe keine aufschiebende Wirkung.
Dies hat das Verwaltungsgericht Lüneburg nicht akzeptiert.

Bitte beachten Sie, dass die Entscheidung noch vor Inkrafttreten des Beamtenstatusgesetzes erging, welches an die Stelle des häufig erwähnten BRRG trat. Auch ist noch das alte Bundesbeamtengesetz zugrunde gelegt. In der Sache ändert sich dadurch nichts. Doch für die juristische Praxis wird die Entscheidung nun keine Bedeutung mehr haben, sie beleuchtet überwundende Schwierigkeiten bei der Handhabung des Beamtenrechts.

Beschluss des VG Lüneburg - 1 B 34 / 08 - vom 25.06.08

Das Gericht stellt seiner Entscheidung sogenannte Orientierungssätze voran:

1. Die Anweisung zu einer ortsgebundenen Fortbildung mit anschließender Vorbereitungs- und Orientierungsphase stellt eine Zuweisung dar, die ein Verwaltungsakt ist.
Eine Qualifizierungsmaßnahme ohne Übertragung einer amtsentsprechenden Tätigkeit ist materiell-rechtlich ebenso an §§ 4 Abs.4 S. 2 PostPersRG und 123a BRRG zu messen wie eine vorübergehende oder dauerhafte Zuweisung.
2. Die Beschäftigung eines Beamten des höheren Dienstes in einem Callcenter ist nicht amtsangemessen.
3. Auch eine vorübergehende Zuweisung ist von der Zustimmung des betroffenen Beamten abhängig.
Bei einer Zuweisung von mehr als 3 Monaten ist der Personalrat mitbestimmungspflichtig.
4. Privaten Tochterunternehmen der Deutschen Telekom fehlt die für eine Umsetzung erforderliche Dienstherreneigenschaft.
5. Ein Widerspruch gegen die Zuweisung an eine Tochtergesellschaft entfaltet aufschiebende Wirkung, ohne dass es hierzu einer gerichtlichen Anordnung bedarf.

II. Der zulässige Antrag ist begründet.
1. Der Antrag ist gem. § 80 Abs. 5 VwGO zulässig.

Das Gericht erläutert die Rechtsqualität der angefochtenen Maßnahme.
1.2 Bei den in Rede stehenden Personalmaßnahmen der Antragsgegnerin handelt es sich materiell-rechtlich nicht um eine - in Form der Weisung gem. § 55 Satz 2 BBG durchgesetzte - Umsetzung bzw. Verpflichtung zu einer ortsgebundenen "Fortbildung" mit Aufnahme bestimmter Tätigkeiten bei der VCS-GmbH, sondern um eine Zuweisung, die ein Verwaltungsakt ist. ...

1.3 Bei lebensnaher Betrachtung und Bewertung der zweiphasig ausgestalteten Personalmaßnahmen, die seitens der Antragsgegnerin durch ihre Verfügungen eingeleitet worden sind und werden, handelt es sich um eine Zuweisung, also um einen regelnden Verwaltungsakt. Nach den der Kammer bekannten Versuchen der Antragsgegnerin, Beamte bei der privaten VCS-GmbH für drei Monate in einem Callcenter zu beschäftigen und einzusetzen, kann die nunmehr von der Antragsgegnerin für den gleichen Zeitraum deklarierte und von ihr jetzt so bezeichnete "Vorbereitungs- und Orientierungsphase" mit "vertieften Einarbeitungen" und der "Eingliederung in ein Team" nicht als Abkehr von ihren zuvor verfolgten Zielen bewertet werden: Der Antragsteller soll - eingebettet in eine "Beschäftigungs- und Qualifizierungsoffensive" - nach wie vor bei der privaten VCS-GmbH in Uelzen erkennbar in einem Arbeitsfeld mit Tätigkeiten betraut werden, die ihm als Beamter des höheren Dienstes weder auf Zeit noch auf Dauer übertragen werden können. Er soll derart in den Dienstbetrieb bei der VCS eingebunden und in ein "Team" eingegliedert werden, dass sich seine Tätigkeit dort als Dienstleistung dieser privaten Gesellschaft darstellt.
So war es unter Verweis auf § 4 Abs. 4 S. 2 und 3 PostPersRG vorgesehen (Verfügungen vom 9., 10. und 11.04.08), so verhält es sich weiterhin. Denn dem Antragsteller sollen nach dem Gehalt der jetzt angegriffenen Verfügung ersichtlich wiederum Callcenter-Tätigkeiten für drei Monate bei der VCS-GmbH übertragen (Phase I) und er soll später für sechs Monate dann "einem erfahrenen Kollegen zugeordnet" werden (Phase II), was von der Antragsgegnerin selbst als Zuweisung qualifiziert wird. Wenn die Antragsgegnerin meint, schon die "Beauftragung mit einer bestimmten Tätigkeit in diesem Unternehmen" entspreche beim Rechtsinstitut der Zuweisung der "Übertragung eines konkreten Dienstpostens", so kann sie von dieser Auffassung für die 3-monatige Phase I nicht unter Verweis auf eine angebliche "Fortbildung", welcher der Antragsteller Folge zu leisten habe, materiell-rechtlich wieder abrücken.

Dem Antragsteller wird bei lebensnaher Bewertung der Sachlage und der Umstände durch die Übertragung von Tätigkeiten bei der VCS-GmbH nebst "Eingliederung in ein Team" bereits in der Phase I ein Dienstposten übertragen und zugewiesen.
Dieser stellt sich allerdings für den Antragsteller als unterwertige Beschäftigung dar: Selbst als "Teamleiter" soll er zu 50 % Call-Center-Agententätigkeiten ausführen, wie bei der Einführungsveranstaltung in Magdeburg dargelegt wurde. Die Absicht, ihm eigenverantwortliche Tätigkeiten zu übertragen, besteht somit nicht. Hierauf aber hat er als Postdirektor (A 14) selbstverständlich einen beamten- und verfassungsrechtlichen Anspruch. Er kann nicht in eine Position gedrängt werden, die einem "Leiharbeitnehmer" ähnelt (so VG Hamburg, Beschl. v. 14.03.08 - 21 E 590/08 -). Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft hatte in diesem Zusammenhang schon im Gesetzgebungsverfahren davor gewarnt, "dass durch die Zuweisung beamtenrechtliche Schutzrechte unterlaufen würden und die Beamten zur betriebswirtschaftlichen Manövriermasse würden" (S. 5 BT-Drs. 15/3732).
Die Amtsangemessenheit der Beschäftigung wäre nicht nur bei Zuweisungen zu beachten.
1.4 Selbst dann, wenn es sich bei den jetzt so bezeichneten Tätigkeiten in der "Vorbereitungs- und Orientierungsphase" um sog. "Qualifizierungsmaßnahmen" ohne Übertragung auch schon einer amtsentsprechenden Tätigkeit handelte, wären diese materiell-rechtlich an § 4 Abs. 4 S. 2 PostPersRG - und nicht etwa nur an § 55 S. 2 BBG - zu messen. Dabei kann dahinstehen, ob es um eine nur vorübergehende oder um eine dauerhafte Zuweisung, also um eine - in Form der Zuweisung - der Versetzung gem. § 26 BBG vergleichbare Maßnahme zur VCS GmbH handelt.
Denn in jedem Falle wären beamten- und materiell-rechtlich die Anforderungen des § 4 Abs. 4 S. 2 PostPersRG iVm § 123 a BRRG zu erfüllen, wäre dem Antragsteller also eine "dem Amt entsprechende" Tätigkeit zuzuweisen
.
So ist es von der Antragsgegnerin im Gesetzgebungsverfahren auch dargestellt worden ("Einsatz als aktiver Beamter mit allen Rechten …", BT-Drs. 15/3732, S. 5).


Anhand der Aufgabenbeschreibung zu den bei der VCS-GmbH auszuübenden Tätigkeiten ist jedoch davon auszugehen, dass eine eigenverantwortliche oder "gar technisch-fachspezifische Beratung und Problemlösung nicht gefragt ist, sondern lediglich eine Vermittlung zu denjenigen, die sich dann gezielt des jeweiligen Problems annehmen."
Eine amtsangemessene, am abstrakt-funktionellen Amt orientierte Tätigkeit ist damit offenkundig nicht gegeben, vor allem nicht in der ersten Phase der dem Antragsteller übertragenen Tätigkeiten und Aufgaben. Schließlich ist eine solche, zeitlich zunächst befristete (vorübergehende) Zuweisung auch von der Zustimmung des betroffenen Beamten abhängig, an der es hier jedoch unstreitig fehlt. Nur durch sie ist erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. die diversen Stellungnahmen im Gesetzgebungsverfahren / BT-Drs. 15/3732, S. 5/6) zu begegnen, die u.a. auch einer teleologischen Auslegung des Art. 33 Abs. 5 GG entspringen.

1.5 Die richterrechtlich herausgearbeitete Umsetzung scheidet hier deshalb aus, weil der VCS GmbH in Uelzen ... als einem unstreitig privaten Unternehmen die erforderliche Dienstherrnfähigkeit fehlt, sie also keine "Ämter" zur Verfügung stellen kann (VG Hamburg, Beschl. v. 14.03.08 - 21 E 590/08 -). Art. 143 b Abs. 3 GG umfasst nur die Nachfolgeunternehmen der früheren Deutschen Bundespost selbst, nicht aber auch private Tochterunternehmen wie die VCS-GmbH. Damit kann dem Antragsteller beamtenrechtlich nicht ein konkret-funktionelles Amt (Dienstposten) innerhalb derselben Behörde vorübergehend oder dauerhaft übertragen werden, wie es für eine Umsetzung jedoch nun einmal Voraussetzung ist. Die Tätigkeit dort kann auch nicht mehr der betreuenden Vivento zugerechnet werden, da sie außerhalb behördlicher Strukturen bei einer unstreitig privaten Gesellschaft - der VCS-GmbH - erfolgt, was beamtenrechtlich weder im Wege der Weisung noch der Abordnung noch aber der Um- oder Versetzung möglich ist. Auch ist während der "Vorbereitungs- und Orientierungsphase am VCS-Standort Uelzen" nicht etwa für den Antragsteller von Anfang an eine Amtstätigkeit garantiert, auf die er Anspruch hat und für die er als Postdirektor alimentiert werden könnte. Ihm werden dort lediglich in einer privaten Gesellschaft - 3-fach gegliedert - "vertiefte Einarbeitungen angeboten (u.a. zu Produkten, Systemen und Kommunikation)". Darauf jedoch bezieht sich seine beamtenrechtliche Dienstleistungspflicht nicht, die von der Antragsgegnerin insoweit zu Unrecht in Anspruch genommen wird: Diese Pflicht umfasst nur amtsentsprechende Tätigkeiten bei einem öffentlich-rechtlichen Dienstherrn. Ihm kann auch nicht als langjährigem Beamten des gehobenen Dienstes eine Probezeit oder Probephase angesonnen werden, da er nicht mehr Beamter auf Probe ist.

1.6 In Betracht kommen kann hier nur das Institut der Zuweisung. ... Damit liegt ein Verwaltungsakt vor, der bei einer Dauer von mehr als 3 Monaten mitbestimmungspflichtig ist (§ 76 Abs. 1 Nr. 5 a BPersVG) und für den es bedeutungslos ist, ob er mündlich oder schriftlich und ob er mit einer Rechtsbehelfsbelehrung erlassen wurde. Durch ihn kann die Übertragung einer amtsentsprechenden Tätigkeit gerade außerhalb des Geltungsbereichs des BRRG - auch bei privaten Stellen - erfolgen. Die Zuweisung ist eine abordnungsähnliche Beurlaubung mit belastendem Charakter und verpflichtet zu einer Tätigkeit bei nicht behördlichen, nicht dienstherrnfähigen Einrichtungen.

2. Der Antrag ist auch begründet. Rechtsschutz ist hier nach § 80 Abs. 5 VwGO zu gewähren. Im Falle von tatsächlichen Vollzugs- und Verwirklichungsmaßnahmen ist unter der Geltung des Art. 19 Abs. 4 GG zunächst "auf die nach § 80 Abs. 1 VwGO ungeschmälert vorhandene aufschiebende Wirkung hinzuweisen" (Finkelnburg/Jank, NJW-Schriften 12, 4. Aufl., Rdn. 906 m.w.N.), bevor - mangels Vollstreckbarkeit gerichtlicher Feststellungsentscheidungen - der Erlass von nach § 168 Abs. 1 VwGO vollstreckbaren einstweiligen Anordnungen in Betracht kommt.

Hierbei ist allerdings zu unterstreichen, dass die Antragsgegnerin sich dem Antragsteller gegenüber "dauerhaft rechtswidrig" verhält (so VG Regensburg, Beschl. v. 30.05.08 - RO 1 E 08.917 -; vgl. auch VG Hamburg, Beschl. v. 14.03.08 - 21 E 590/08 -), dieses Verhalten jedoch nicht ständig noch perpetuiert werden kann. Denn die für eine Besoldung gem. § 18 BBesG notwendige Zusammenschau von Amt und Funktion steht einer dauernden Trennung der beiden Komponenten, so wie das hier jedoch schon über längere Zeit erfolgt ist, im Grundsatz entgegen (BVerwG, NVwZ 2007, 101 f. und NVwZ, 2005, 458 f.).
Die als Fortbildung deklarierte Maßnahme setzte diese Trennung nun fort. Vgl. dazu VG München, Beschl. v. 04.09.07 - M 8 E 07.3133 -:"Es kann nicht angehen, dieses rechtswidrige Verhalten ständig zu perpetuieren und sich auf den Standpunkt zu stellen, dass ein etwas weniger rechtswidriger Zustand (in Form einer kurzfristigen Umsetzung) vom Antragsteller doch eher hinzunehmen sei als die noch größere Rechtswidrigkeit der Nichtbeschäftigung - ohne an dem rechtswidrigen Zustand an sich etwas zu ändern."

Dem Widerspruch des Antragstellers gegen die verfügte Zuweisung an die VCS-GmbH kommt mithin aufschiebende Wirkung zu. Gegenüber Verwaltungsakten - wie hier der Zuweisung - erwächst nämlich im Bereich von (Anfechtungs-) Widerspruch und Anfechtungsklage gemäß § 80 Abs. 1 VwGO ein Suspensiveffekt, der allein dadurch eintritt, dass der vom Verwaltungsakt Betroffene Widerspruch oder Anfechtungsklage erhebt. ..."

Eine der Besonderheiten des Falles lag darin, dass die Telekom ihre Anweisung nicht als Zuweisung bezeichnet hatte. Sie glaubte, ein Widerspruch würde nach dem Gesetz keine aufschiebende Wirkung haben, und hatte wahrscheinlich deshalb darauf verzichtet, die sofortige Vollziehung anzuordnen. Im Zusammenhang mit Zuweisungen wird aber die sofortige Vollziehung mit großer Regelmäßigkeit angeordnet. Doch dann gelten ähnliche gesetzliche Regeln.
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