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Beförderungsauswahl und Eilverfahren

Der nicht ausgewählte Beamte hatte früher alles verloren, sobald der ausgewählte Beamte befördert worden war.

Hier hat sich seit etwa 2003 / 2004 einiges gewandelt.

Eine gerichtliche Meinung dazu finden Sie in einer Entscheidung des OVG Münster, die vielleicht wegweisend war - und immer noch lesenswert erscheint -, aber jetzt in ihrer Bedeutung zurücktritt hinter ein


OVG Münster, Urteil vom 07.07.04 - 1 A 512/02 -

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Auch der so genannte Grundsatz der Ämterstabilität steht einem fortbestehenden Anspruch auf Beförderung und damit der weiteren Durchsetzung des Primäranspruchs auch noch nach Beförderung der ehemaligen Mitkonkurrenten des Klägers - hier ausnahmsweise - nicht entgegen. Diesem Grundsatz zufolge besteht in aller Regel keine Möglichkeit, einmal erfolgte Ernennungen nachträglich wieder rückgängig zu machen; und auf der Grundlage der früheren Rechtsprechung (vgl. BVerwGE 80, 127 = NVwZ 1989, 158; ebenso etwa BAGE 87, 171 = NZA 1998, 882 = PersV 1999, 77) führt dieser Grundsatz regelmäßig dazu, dass der Bewerbungsverfahrensanspruch mit der Ernennung des/der Konkurrenten gegenstandslos wird.

Im Allgemeinen kann deswegen eine Beförderung für die Zukunft nur im Rahmen eines neuerlich zu durchlaufenden Auswahlverfahrens für die dann zur Besetzung anstehende(n) Beförderungsstelle(n) im Rahmen eines aktuellen Leistungs- und Eignungsvergleichs zwischen den zu jenem Zeitpunkt vorhandenen Bewerbern bzw. beförderungsreifen Beamten erstritten werden. Wegen Verletzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs bleibt dem Beförderungsbewerber nach Ernennung der ausgewählten Konkurrenten in aller Regel nur der Weg eines gegebenenfalls bestehenden Schadensersatzanspruchs.

In wenigen, eng begrenzten Fällen hat das BVerwG in seiner neueren Rechtsprechung hiervon allerdings Ausnahmen zugelassen und auf diese Weise ermöglicht, dass ein nachweislich zu Unrecht nicht ausgewählter Bewerber auch noch nach Ernennung seiner Mitkonkurrenten im Hauptsacheverfahren seine Beförderung erstreiten kann; eben dann, wenn er im Verhältnis zu anderen zumindest einem (erfolgreichen) Mitbewerber aus Rechtsgründen hätte vorgezogen werden müssen.
Die Möglichkeit, die bereits erfolgten Ernennungen aufzuheben, setzt dies nicht voraus. Nötigenfalls ist eine neue Stelle zu schaffen, ohne dass dem der Einwand fehlender Haushaltsmittel entgegengehalten werden könnte. Die angesprochenen Ausnahmefälle betreffen zum einen das Sich-Hinwegsetzen des Dienstherrn über eine den Bewerbungsverfahrensanspruch sichernde einstweilige Anordnung sowie zum anderen die Vereitelung bzw. unzumutbare Erschwerung einer erfolgreichen Inanspruchnahme des grundsätzlich in solchen Fällen gegebenenfalls allein effektiven vorläufigen Rechtsschutzes in Folge fehlender rechtzeitiger Information eines unterlegenen Bewerbers über den Ausgang des Auswahlverfahrens (vgl. zum Ganzen: BVerwG, NJW 2004, 870 = DVBl 2004, 311 = DÖV 2004, 391).

Einer dieser beiden Ausnahmefälle ist hier gegeben. Der Kläger wurde nämlich durch die Beklagte über das Ergebnis des Auswahlverfahrens betreffend die Vergabe der Beförderungsstellen im Rahmen der Beförderungsrunde 1997/98 nicht vorab informiert. Hierdurch wurde ihm zugleich die Möglichkeit, die Beförderung der ausgewählten Konkurrenten vorläufig im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu stoppen, genommen, zumindest aber unzumutbar erschwert.
Ausgehend von der Rechtsprechung des BVerfG ist der Bewerbungsverfahrensanspruch eines Beförderungsbewerbers (jedenfalls im Grundsatz) nur vor der Ernennung der ausgewählten Konkurrenten mittels einer einstweiligen Anordnung nach § 123 I VwGO effektiv, d.h. den Anforderungen des Art. 19 IV i.V. mit Art. 33 II GG entsprechend zu sichern. Die Gewährleistung dieser Rechtsschutzmöglichkeit setzt dabei freilich voraus, dass der unterlegene Bewerber innerhalb einer für seine Rechtsschutzentscheidung ausreichenden Zeitspanne vor der Ernennung des Mitbewerbers (bzw. der Mitbewerber) durch eine Mitteilung seines Dienstherrn Kenntnis vom Ausgang des Auswahlverfahrens erlangt (vgl. BVerfG NJW 1990, 501 und in diesem Zusammenhang auch BVerfG, NVwZ 2003, 200; ferner dazu OVG Münster, Urteil vom 28.04.04 - 1 A 1721/01 -). Diese Grundsätze sind auch auf die vorliegende Fallgestaltung anwendbar. Der Kl. ist dabei einem „unterlegenen Bewerber“ im Sinne der angeführten Rechtsprechung zumindest gleichzustellen.
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