Berufskrankheit nach § 31 Beamtenversorgungsgesetz als Dienstunfall
Unterschiede zwischen Unfall und Erkrankung
Bisweilen schwierig durchzusetzen, aber rechtlich möglich ist die Anerkennung von "Berufskrankheiten" als Dienstunfall, also die Anerkennung langsam sich entwickelnder Beeinträchtigungen, etwa
Bedrückendes Beispiel: unbekannte Gefahren der Radartechnik
Aufsehen haben die tragischen Fälle erregt, in denen es um die Frage ging, ob Radartechniker der Bundeswehr auf durch unerkannte Gefahren der Technik erkrankt sind.
Dies hat dem Bundesverwaltungsgericht Veranlassung gegeben, u. a. folgendes auszuführen:
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 28.04.11 - 2 C 55.09 -
1. Ein Beamter hat Anspruch auf Dienstunfallfürsorge auch dann, wenn er sich eine Krankheit zuzieht und dies einem Dienstunfall gleichzustellen ist (§ 31 Abs. 3 BeamtVG). Es muss sich um eine Krankheit handeln, die in der Berufskrankheiten-Verordnung in der im Zeitpunkt der Erkrankung geltenden Fassung aufgeführt ist (§ 31 Abs. 3 Satz 3 BeamtVG a.F. i. V. m. der Verordnung zur Durchführung des § 31 BeamtVG vom 20.06.1977).
Der Beamte muss nach der Art seines Dienstes einer besonderen Erkrankungsgefahr ausgesetzt sein und es muss ausgeschlossen sein, dass der Beamte sich die Krankheit außerhalb des Dienstes zugezogen hat. Schließlich setzt ein Anspruch auf Dienstunfallfürsorge voraus, dass der Beamte den Dienstunfall bzw. seine Erkrankung dem Dienstherrn rechtzeitig angezeigt hat (§ 45 BeamtVG).
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts gelten im Dienstunfallrecht die allgemeinen Beweisgrundsätze bei Unaufklärbarkeit einer entscheidungserheblichen Tatsache. Danach ist auf die im Einzelfall relevante materielle Norm abzustellen. Danach ergibt sich die Verteilung der materiellen Beweislast aus der im Einzelfall relevanten materiellen Norm. Derjenige, der aus einer Norm eine ihm günstige Rechtsfolge ableitet, trägt die materielle Beweislast, wenn das Gericht in Erfüllung seiner Pflicht zur umfassenden Aufklärung des Sachverhalts (§ 86 Abs. 1 VwGO) das Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsachen zu seiner vollen Überzeugungsgewissheit („mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“) weder feststellen noch ausschließen kann - „non liquet“ - und wenn sich aus der materiellen Anspruchsnorm nichts Abweichendes ergibt (Urteile vom 23.05.1962 - BVerwG 6 C 39.60 - BVerwGE 14, 181 <186 f.>, vom 22.10.1981 - BVerwG 2 C 17.81 und vom 28.01.1993 - BVerwG 2 C 22.90 -).
Für einen auf § 31 Abs. 3 BeamtVG gestützten Anspruch folgt daraus, dass der Beamte, der die Dienstunfallfürsorge wegen einer Krankheit erreichen will, für das Vorliegen einer Erkrankung im Sinne des § 31 Abs. 3 Satz 3 BeamtVG, für die besondere Erkrankungsgefahr im Sinne von Satz 1 der Vorschrift und die rechtzeitige Meldung der Erkrankung die materielle Beweislast trägt, wenn das Gericht die erforderliche, d.h. vernünftige Zweifel ausschließende Überzeugungsgewissheit nicht gewinnen kann. In diesem Rahmen können dem Beamten auch allgemein anerkannte Beweiserleichterungen wie der Beweis des ersten Anscheins oder eine Umkehr der Beweislast zugute kommen, wenn die hierzu von der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen gegeben sind (Beschluss vom 11.03.1997 - BVerwG 2 B 127.96). Lässt sich bei Vorliegen der beiden erstgenannten Voraussetzungen hingegen lediglich nicht klären, ob sich der Beamte die Erkrankung innerhalb oder außerhalb des Dienstes zugezogen hat, so trägt das Risiko der Unaufklärbarkeit hinsichtlich dieser Voraussetzung der Dienstherr (Urteil vom 11.06.1964 - BVerwG 2 C 188.61).
Andere Beweiserleichterungen lassen sich der Vorschrift nicht entnehmen.
... Ist die Entstehung einer Krankheit in der medizinischen Wissenschaft noch nicht hinreichend geklärt, so ist den sich daraus ergebenden Beweisschwierigkeiten allein durch erhöhte Anforderungen an die Beweiserhebung und Beweiswürdigung Rechnung zu tragen. Geboten ist insbesondere eine sorgfältige Auswahl und Überwachung von Sachverständigen sowie die kritische Prüfung ihrer fachlichen Kompetenz bei der Würdigung der vorgelegten Gutachten. Lässt sich der Sachverhalt jedoch auch unter Beachtung dieser Anforderungen nicht aufklären, vermag der Umstand, dass der Ursachenzusammenhang zwischen Dienst und Krankheit nach dem Stand der Wissenschaft noch nicht zur Überzeugung des Gerichts benannt werden kann, die zu treffende Beweislastentscheidung für sich genommen nicht zu beeinflussen.
...
Zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht zwar davon ausgegangen, dass andere als in der Berufskrankheiten-Verordnung (- BKVO -) genannte Krankheiten einen Anspruch nach § 31 Abs. 3 BeamtVG nicht begründen. Denn die Vorschrift soll nicht die Folgen jeglicher Krankheit abmildern, die sich der Beamte im Dienst zuzieht, sondern nur besonderen Gefährdungen Rechnung tragen, denen ein Beamter im Vergleich zur Beamtenschaft insgesamt ausgesetzt ist.
1. Ein Beamter hat Anspruch auf Dienstunfallfürsorge auch dann, wenn er sich eine Krankheit zuzieht und dies einem Dienstunfall gleichzustellen ist (§ 31 Abs. 3 BeamtVG). Es muss sich um eine Krankheit handeln, die in der Berufskrankheiten-Verordnung in der im Zeitpunkt der Erkrankung geltenden Fassung aufgeführt ist (§ 31 Abs. 3 Satz 3 BeamtVG a.F. i. V. m. der Verordnung zur Durchführung des § 31 BeamtVG vom 20.06.1977).
Der Beamte muss nach der Art seines Dienstes einer besonderen Erkrankungsgefahr ausgesetzt sein und es muss ausgeschlossen sein, dass der Beamte sich die Krankheit außerhalb des Dienstes zugezogen hat. Schließlich setzt ein Anspruch auf Dienstunfallfürsorge voraus, dass der Beamte den Dienstunfall bzw. seine Erkrankung dem Dienstherrn rechtzeitig angezeigt hat (§ 45 BeamtVG).
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts gelten im Dienstunfallrecht die allgemeinen Beweisgrundsätze bei Unaufklärbarkeit einer entscheidungserheblichen Tatsache. Danach ist auf die im Einzelfall relevante materielle Norm abzustellen. Danach ergibt sich die Verteilung der materiellen Beweislast aus der im Einzelfall relevanten materiellen Norm. Derjenige, der aus einer Norm eine ihm günstige Rechtsfolge ableitet, trägt die materielle Beweislast, wenn das Gericht in Erfüllung seiner Pflicht zur umfassenden Aufklärung des Sachverhalts (§ 86 Abs. 1 VwGO) das Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsachen zu seiner vollen Überzeugungsgewissheit („mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“) weder feststellen noch ausschließen kann - „non liquet“ - und wenn sich aus der materiellen Anspruchsnorm nichts Abweichendes ergibt (Urteile vom 23.05.1962 - BVerwG 6 C 39.60 - BVerwGE 14, 181 <186 f.>, vom 22.10.1981 - BVerwG 2 C 17.81 und vom 28.01.1993 - BVerwG 2 C 22.90 -).
Für einen auf § 31 Abs. 3 BeamtVG gestützten Anspruch folgt daraus, dass der Beamte, der die Dienstunfallfürsorge wegen einer Krankheit erreichen will, für das Vorliegen einer Erkrankung im Sinne des § 31 Abs. 3 Satz 3 BeamtVG, für die besondere Erkrankungsgefahr im Sinne von Satz 1 der Vorschrift und die rechtzeitige Meldung der Erkrankung die materielle Beweislast trägt, wenn das Gericht die erforderliche, d.h. vernünftige Zweifel ausschließende Überzeugungsgewissheit nicht gewinnen kann. In diesem Rahmen können dem Beamten auch allgemein anerkannte Beweiserleichterungen wie der Beweis des ersten Anscheins oder eine Umkehr der Beweislast zugute kommen, wenn die hierzu von der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen gegeben sind (Beschluss vom 11.03.1997 - BVerwG 2 B 127.96). Lässt sich bei Vorliegen der beiden erstgenannten Voraussetzungen hingegen lediglich nicht klären, ob sich der Beamte die Erkrankung innerhalb oder außerhalb des Dienstes zugezogen hat, so trägt das Risiko der Unaufklärbarkeit hinsichtlich dieser Voraussetzung der Dienstherr (Urteil vom 11.06.1964 - BVerwG 2 C 188.61).
Andere Beweiserleichterungen lassen sich der Vorschrift nicht entnehmen.
... Ist die Entstehung einer Krankheit in der medizinischen Wissenschaft noch nicht hinreichend geklärt, so ist den sich daraus ergebenden Beweisschwierigkeiten allein durch erhöhte Anforderungen an die Beweiserhebung und Beweiswürdigung Rechnung zu tragen. Geboten ist insbesondere eine sorgfältige Auswahl und Überwachung von Sachverständigen sowie die kritische Prüfung ihrer fachlichen Kompetenz bei der Würdigung der vorgelegten Gutachten. Lässt sich der Sachverhalt jedoch auch unter Beachtung dieser Anforderungen nicht aufklären, vermag der Umstand, dass der Ursachenzusammenhang zwischen Dienst und Krankheit nach dem Stand der Wissenschaft noch nicht zur Überzeugung des Gerichts benannt werden kann, die zu treffende Beweislastentscheidung für sich genommen nicht zu beeinflussen.
...
Zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht zwar davon ausgegangen, dass andere als in der Berufskrankheiten-Verordnung (- BKVO -) genannte Krankheiten einen Anspruch nach § 31 Abs. 3 BeamtVG nicht begründen. Denn die Vorschrift soll nicht die Folgen jeglicher Krankheit abmildern, die sich der Beamte im Dienst zuzieht, sondern nur besonderen Gefährdungen Rechnung tragen, denen ein Beamter im Vergleich zur Beamtenschaft insgesamt ausgesetzt ist.
Sehnenscheidenentzündung
Es gibt Rechtsstreitigkeiten, die glücklicher enden:
VG Aachen, Urteil vom 14.04.11 - 1 K 1203/09 -:
Berufskrankheit Sehnenscheidenentzündung
1. Bei der Beurteilung, ob man durch die Art der dienstlichen Verrichtung der Gefahr an einer Sehnenscheidenentzündung zu erkranken besonders ausgesetzt ist, kommt es nicht auf den allgemeinen Inhalt der Dienstaufgaben an. Entscheidend ist die konkret ausgeübte dienstliche Verrichtung.
2. Für die Prüfung, ob eine besondere Gefährdung in diesem Sinne vorgelegen hat, kommt es nicht auf die individuelle Veranlagung des einzelnen Beamten an, sondern darauf, ob die Tätigkeit selbst nach der - aus einer Vielzahl von Fällen gewonnenen - Erfahrung (generell) mit hoher Wahrscheinlichkeit unter den gegebenen Verhältnissen zu der infrage stehenden Erkrankung führt.
3. Dass eine langjährige dienstliche Tätigkeit an PC-Standard-Tastaturen und -Mäusen für die Entzündungen der Sehnenscheiden der Finger, wenn nicht die einzig denkbare, so doch die wesentliche mitwirkende Ursache sein kann, ist in der Rechtsprechung inzwischen anerkannt.
Der Beklagte wird ... verpflichtet, die Erkrankung der Klägerin an einer Sehnenscheidenentzündung im rechten Arm als Berufskrankheit im Sinne der Nr. 2101 der Berufskrankheitenliste anzuerkennen.
Berufskrankheit Sehnenscheidenentzündung
1. Bei der Beurteilung, ob man durch die Art der dienstlichen Verrichtung der Gefahr an einer Sehnenscheidenentzündung zu erkranken besonders ausgesetzt ist, kommt es nicht auf den allgemeinen Inhalt der Dienstaufgaben an. Entscheidend ist die konkret ausgeübte dienstliche Verrichtung.
2. Für die Prüfung, ob eine besondere Gefährdung in diesem Sinne vorgelegen hat, kommt es nicht auf die individuelle Veranlagung des einzelnen Beamten an, sondern darauf, ob die Tätigkeit selbst nach der - aus einer Vielzahl von Fällen gewonnenen - Erfahrung (generell) mit hoher Wahrscheinlichkeit unter den gegebenen Verhältnissen zu der infrage stehenden Erkrankung führt.
3. Dass eine langjährige dienstliche Tätigkeit an PC-Standard-Tastaturen und -Mäusen für die Entzündungen der Sehnenscheiden der Finger, wenn nicht die einzig denkbare, so doch die wesentliche mitwirkende Ursache sein kann, ist in der Rechtsprechung inzwischen anerkannt.
Der Beklagte wird ... verpflichtet, die Erkrankung der Klägerin an einer Sehnenscheidenentzündung im rechten Arm als Berufskrankheit im Sinne der Nr. 2101 der Berufskrankheitenliste anzuerkennen.