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Mobbing

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.04.08, 8 AZR 347/07


Das Bundesarbeitsgericht macht anfangs klar, dass der Begriff Mobbing juristisch keine Grundlage für Entscheidungen bildet. Man muss auf einzelne Gesetzesvorschriften zurückgreifen.
 
„Mobbing" ist kein Rechtsbegriff und damit auch keine mit einer Rechtsnorm vergleichbare selbständige Anspruchsgrundlage für Ansprüche eines Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber oder gegen Vorgesetzte bzw. Arbeitskollegen.
Macht ein Arbeitnehmer konkrete Ansprüche auf Grund Mobbings geltend, muss jeweils geprüft werden, ob der in Anspruch Genommene in den vom Kläger genannten Einzelfällen arbeitsrechtliche Pflichten, ein absolutes Recht des Arbeitnehmers im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB, ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB verletzt oder eine sittenwidrige Schädigung im Sinne des § 826 BGB begangen hat.

Das Gericht akzeptiert aber, dass unter bestimmten Umständen Besonderheiten zu berücksichtigen sind.
In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass es Fälle gibt, in welchen die einzelnen, vom Arbeitnehmer dargelegten Handlungen oder Verhaltensweisen seiner Arbeitskollegen, Vorgesetzten oder seines Arbeitgebers für sich allein betrachtet noch keine Rechtsverletzungen darstellen, jedoch die Gesamtschau der einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen zu einer Vertrags- oder Rechtsgutsverletzung führt, weil deren Zusammenfassung auf Grund der ihnen zugrunde liegenden Systematik und Zielrichtung zu einer Beeinträchtigung eines geschützten Rechtes des Arbeitnehmers führt. Letzteres ist insbesondere dann der Fall, wenn unerwünschte Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Dies entspricht der in § 3 Abs. 3 AGG erfolgten Definition des Begriffes „Belästigung", die eine Benachteiligung im Sinne des § 1 AGG darstellt. Da ein Umfeld grundsätzlich nicht durch ein einmaliges, sondern durch ein fortdauerndes Verhalten geschaffen wird, sind alle Handlungen bzw. Verhaltensweisen, die dem systematischen Prozess der Schaffung eines bestimmten Umfeldes zuzuordnen sind, in die Betrachtung mit einzubeziehen. Demzufolge dürfen einzelne zurückliegende Handlungen/Verhaltensweisen bei der Beurteilung nicht unberücksichtigt gelassen werden

... Jeder Vertragspartei erwachsen aus einem Schuldverhältnis nicht nur Leistungs-, sondern auch Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme und zum Schutz der Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils, § 241 Abs. 2 BGB. Dies verbietet auch die Herabwürdigung oder Missachtung eines Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber. Dieser hat daher Anspruch darauf, dass auf sein Wohl und seine berechtigten Interessen Rücksicht genommen wird, dass er vor Gesundheitsgefahren, auch psychischer Art, geschützt wird, und dass er keinem Verhalten ausgesetzt wird, das bezweckt oder bewirkt, dass seine Würde verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen und Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Der Arbeitgeber ist in diesem Zusammenhang insbesondere auch zum Schutz der Gesundheit und der Persönlichkeitsrechte des Arbeitnehmers verpflichtet.

In dem konkret entschiedenen Fall lässt das Bundesarbeitsgericht den Vortrag der Klägerin dennoch nicht genügen. Mit der Berufung auf Mobbing lässt sich die mühevolle juristische Arbeit am Detail eben nicht vermeiden.

Zutreffend sind das Landesarbeitsgericht und das von ihm insoweit in Bezug genommene Urteil des Arbeitsgerichts davon ausgegangen, dass der Sachvortrag der Klägerin hinsichtlich der übrigen so genannten „Mobbing-Handlungen“ der Beklagten nicht hinreichend konkret ist. Da der Arbeitnehmer, der Schadensersatzansprüche gegen seinen Arbeitgeber geltend macht, für das Vorliegen der behaupteten Pflichtverletzungen die Darlegungs- und Beweislast trägt, hat er im Rechtsstreit die einzelnen Handlungen oder Maßnahmen, aus denen er die angeblichen Pflichtverletzungen herleitet, konkret unter Angabe deren zeitlicher Lage zu bezeichnen. Nur dadurch werden die Tatsachengerichte in die Lage versetzt, zu überprüfen, ob die behaupteten Vorgänge für sich allein betrachtet oder in der Gesamtschau zu einer Rechtsbeeinträchtigung des Arbeitnehmers geführt haben und dann gegebenenfalls über jeden behaupteten Vorgang Beweis zu erheben.

Diesen Anforderungen genügt der Sachvortrag der Klägerin nicht. So fehlt es an einer genauen, auch datumsmäßig bezeichneten Darlegung der einzelnen behaupteten „Mobbing-Handlungen“ der Beklagten und an entsprechenden Beweisangeboten. Insbesondere wird aus dem klägerischen Vorbringen nicht erkennbar, welche Mitarbeiter oder Vertreter der Beklagten die behaupteten Handlungen im Einzelfalle begangen haben sollen.
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